Velser, Bürgermeister von Augsburg, im Dezember 1611 in drei Briefen, von seiner Entdeckung Nachricht, welche Briefe denn der letzte im Januar 1612 unter dem angenommenen Titel: Apelles post tabulam drucken ließ.
Auch Galilei hatte diese Flecken schon im Anfange des Jahres 1611, also nahe gleichzeitig mit Fabricius gesehen, und darüber sogleich sehr richtige Ansichten aufgestellt. Später ent- wickelte sich ein heftiger Streit zwischen Galilei und Scheiner, indem der erste den andern des Plagiats beschuldigte, und be- hauptete, die Sonnenflecken vor allen zuerst gesehen zu haben. Wie dieß auch seyn mag, Scheiner hat wenigstens die Sonnen- flecken mit fortgesetztem Fleiße beobachtet. Sein Werk enthielt 774 Folioseiten, die ganz diesen Beobachtungen gewidmet sind, und man sieht, daß er auch die Theorie dieser Flecken, und ihre Bewegungen richtig aufgefaßt hatte. Galilei lobte ihn früher selbst wegen seines hohen und seltenen Talents, und Hevel, dem in dieser Sache wohl ein Urtheil zustand, nennt ihn einen Mann incomparabilis et omnigenae eruditionis, qui hac in re om- nibus palmam praeripuit. Scheiner beobachtete die Sonnen- flecken unausgesetzt, von dem Jahre 1618 bis 1627, durch neun Jahre, und reduzirte alle seine Beobachtungen auf die Ecliptik. Wir werden bald sehen, zu welchem Zwecke diese Beobachtungen eigentlich angestellt worden, und daß eben diesem Zwecke die bereits erwähnte Veränderlichkeit dieser Flecken sehr hinderlich ist. Es wäre sehr zu wünschen, daß man unter den vielen, die oft in kurzer Zeit erscheinen, nur wenigstens einen herausfinden könnte, der weder seine Gestalt, noch seinen Ort auf der Sonnenscheibe beträchtlich änderte, und den man durch mehrere Revolutionen mit Genauigkeit verfolgen könnte. Aber Flecken dieser Art scheinen sehr selten zu seyn. Derjenige, den man unter allen bisher gesehenen noch am längsten beobachten konnte, war der vom Ende des Jahres 1676, welchen Cassini durch volle 70 Tage, also durch nahe drei volle Revolutionen verfolgte.
§. 32. (Sonnenflecken, als Mittel, die Rotation der Sonne zu bestimmen.) Wenn diese Flecken in der That mit der Ober- fläche der Sonne, auf irgend eine Weise, wenigstens auf einige Zeit, in fester Verbindung stehen, so kann man sich ihrer als
Die Sonne.
Velſer, Bürgermeiſter von Augsburg, im Dezember 1611 in drei Briefen, von ſeiner Entdeckung Nachricht, welche Briefe denn der letzte im Januar 1612 unter dem angenommenen Titel: Apelles post tabulam drucken ließ.
Auch Galilei hatte dieſe Flecken ſchon im Anfange des Jahres 1611, alſo nahe gleichzeitig mit Fabricius geſehen, und darüber ſogleich ſehr richtige Anſichten aufgeſtellt. Später ent- wickelte ſich ein heftiger Streit zwiſchen Galilei und Scheiner, indem der erſte den andern des Plagiats beſchuldigte, und be- hauptete, die Sonnenflecken vor allen zuerſt geſehen zu haben. Wie dieß auch ſeyn mag, Scheiner hat wenigſtens die Sonnen- flecken mit fortgeſetztem Fleiße beobachtet. Sein Werk enthielt 774 Folioſeiten, die ganz dieſen Beobachtungen gewidmet ſind, und man ſieht, daß er auch die Theorie dieſer Flecken, und ihre Bewegungen richtig aufgefaßt hatte. Galilei lobte ihn früher ſelbſt wegen ſeines hohen und ſeltenen Talents, und Hevel, dem in dieſer Sache wohl ein Urtheil zuſtand, nennt ihn einen Mann incomparabilis et omnigenae eruditionis, qui hac in re om- nibus palmam praeripuit. Scheiner beobachtete die Sonnen- flecken unausgeſetzt, von dem Jahre 1618 bis 1627, durch neun Jahre, und reduzirte alle ſeine Beobachtungen auf die Ecliptik. Wir werden bald ſehen, zu welchem Zwecke dieſe Beobachtungen eigentlich angeſtellt worden, und daß eben dieſem Zwecke die bereits erwähnte Veränderlichkeit dieſer Flecken ſehr hinderlich iſt. Es wäre ſehr zu wünſchen, daß man unter den vielen, die oft in kurzer Zeit erſcheinen, nur wenigſtens einen herausfinden könnte, der weder ſeine Geſtalt, noch ſeinen Ort auf der Sonnenſcheibe beträchtlich änderte, und den man durch mehrere Revolutionen mit Genauigkeit verfolgen könnte. Aber Flecken dieſer Art ſcheinen ſehr ſelten zu ſeyn. Derjenige, den man unter allen bisher geſehenen noch am längſten beobachten konnte, war der vom Ende des Jahres 1676, welchen Caſſini durch volle 70 Tage, alſo durch nahe drei volle Revolutionen verfolgte.
§. 32. (Sonnenflecken, als Mittel, die Rotation der Sonne zu beſtimmen.) Wenn dieſe Flecken in der That mit der Ober- fläche der Sonne, auf irgend eine Weiſe, wenigſtens auf einige Zeit, in feſter Verbindung ſtehen, ſo kann man ſich ihrer als
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Die Sonne.
Velſer, Bürgermeiſter von Augsburg, im Dezember 1611 in drei
Briefen, von ſeiner Entdeckung Nachricht, welche Briefe denn der
letzte im Januar 1612 unter dem angenommenen Titel: Apelles
post tabulam drucken ließ.
Auch Galilei hatte dieſe Flecken ſchon im Anfange des
Jahres 1611, alſo nahe gleichzeitig mit Fabricius geſehen, und
darüber ſogleich ſehr richtige Anſichten aufgeſtellt. Später ent-
wickelte ſich ein heftiger Streit zwiſchen Galilei und Scheiner,
indem der erſte den andern des Plagiats beſchuldigte, und be-
hauptete, die Sonnenflecken vor allen zuerſt geſehen zu haben.
Wie dieß auch ſeyn mag, Scheiner hat wenigſtens die Sonnen-
flecken mit fortgeſetztem Fleiße beobachtet. Sein Werk enthielt
774 Folioſeiten, die ganz dieſen Beobachtungen gewidmet ſind,
und man ſieht, daß er auch die Theorie dieſer Flecken, und ihre
Bewegungen richtig aufgefaßt hatte. Galilei lobte ihn früher
ſelbſt wegen ſeines hohen und ſeltenen Talents, und Hevel, dem
in dieſer Sache wohl ein Urtheil zuſtand, nennt ihn einen Mann
incomparabilis et omnigenae eruditionis, qui hac in re om-
nibus palmam praeripuit. Scheiner beobachtete die Sonnen-
flecken unausgeſetzt, von dem Jahre 1618 bis 1627, durch neun
Jahre, und reduzirte alle ſeine Beobachtungen auf die Ecliptik.
Wir werden bald ſehen, zu welchem Zwecke dieſe Beobachtungen
eigentlich angeſtellt worden, und daß eben dieſem Zwecke die
bereits erwähnte Veränderlichkeit dieſer Flecken ſehr hinderlich iſt.
Es wäre ſehr zu wünſchen, daß man unter den vielen, die oft in
kurzer Zeit erſcheinen, nur wenigſtens einen herausfinden könnte,
der weder ſeine Geſtalt, noch ſeinen Ort auf der Sonnenſcheibe
beträchtlich änderte, und den man durch mehrere Revolutionen
mit Genauigkeit verfolgen könnte. Aber Flecken dieſer Art ſcheinen
ſehr ſelten zu ſeyn. Derjenige, den man unter allen bisher
geſehenen noch am längſten beobachten konnte, war der vom Ende
des Jahres 1676, welchen Caſſini durch volle 70 Tage, alſo durch
nahe drei volle Revolutionen verfolgte.
§. 32. (Sonnenflecken, als Mittel, die Rotation der Sonne
zu beſtimmen.) Wenn dieſe Flecken in der That mit der Ober-
fläche der Sonne, auf irgend eine Weiſe, wenigſtens auf einige
Zeit, in feſter Verbindung ſtehen, ſo kann man ſich ihrer als
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/56>, abgerufen am 24.11.2024.
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