und wenn sie, dem Widerstande des Aethers oder aus irgend einer andern Ursache, dem Kern derselben auf seinem schnellen Laufe um die Sonne nicht so geschwind folgen könnte, ebenfalls die Gestalt eines Schweifes annehmen.
Die meisten größeren Kometschweife erscheinen in ihrer Mitte, der Länge nach, durch einen dunklern, breiten Streifen getheilt, wodurch sie das Ansehen erhalten, als ob sie doppelt wären. Die älteren Astronomen hielten diesen dunklen Streifen für den Schat- ten, welchen der auf seiner vordern Seite von der Sonne beschie- nene Kern hinter sich wirft. Allein diese Meinung ist unrichtig, da man diese Streifen auch bei jenen Kometen bemerkt, deren Schweife sehr große Winkel mit derjenigen Linie bilden, die den Kometen mit der Sonne verbindet, auf welcher letzten Linie doch jener Schatten immer liegen müßte. Viel angemessener scheint die Vorstellung zu seyn, daß der Schweif des Kometen nicht, wie man gewöhnlich glaubt, eine ruthenartige Fortsetzung seines Haupt- körpers, sondern daß er ein hohler, mit einem eigenen schwachen Lichte versehener, durchsichtiger Dunstkegel ist, der uns dann na- türlich an seinen beiden Rändern viel heller, als in seiner Mitte, erscheinen muß. So sah man den schönen Kometen von 1811 durch gute Fernröhre mit seinem hellen Kopfe ganz auf die Art, wie man etwa ein kugelförmiges Licht in dem Brennpunkte einer durch- sichtigen, parabolischen Glasglocke sehen würde. Der eigentliche Kopf desselben hatte eine schwache, grünblaue Farbe, die in ihrer Mitte ins Röthliche überging. Der Halbmesser dieses kugelför- migen Kopfes, in dessen Mitte ein auffallend heller Punkt, der eigentliche Kern, sich befand, hatte, nach Herschels Messungen, 14000 d. Meilen. Diesen Kopf umgab ein Ring von dunkelgrauer Farbe, dessen äußerer Kreis einen Halbmesser von 55000 Meilen hatte und dessen Breite daher 41000 M. betrug. Durch diesen dunklen Ring sah man die kleinsten Sterne mit ganz ungeschwäch- tem Lichte durchschimmern. Diese dunkle Kugelschichte war wieder von einer helleren umgeben, deren Breite 15000 M. betrug, und die sich daher bis 70000 M. von dem Mittelpunkte des Kopfes erstreckte. Diese letzte Kugelschichte war aber, auf der von der Sonne abgewendeten Seite offen und lief hier, an den beiden
Kometen.
und wenn ſie, dem Widerſtande des Aethers oder aus irgend einer andern Urſache, dem Kern derſelben auf ſeinem ſchnellen Laufe um die Sonne nicht ſo geſchwind folgen könnte, ebenfalls die Geſtalt eines Schweifes annehmen.
Die meiſten größeren Kometſchweife erſcheinen in ihrer Mitte, der Länge nach, durch einen dunklern, breiten Streifen getheilt, wodurch ſie das Anſehen erhalten, als ob ſie doppelt wären. Die älteren Aſtronomen hielten dieſen dunklen Streifen für den Schat- ten, welchen der auf ſeiner vordern Seite von der Sonne beſchie- nene Kern hinter ſich wirft. Allein dieſe Meinung iſt unrichtig, da man dieſe Streifen auch bei jenen Kometen bemerkt, deren Schweife ſehr große Winkel mit derjenigen Linie bilden, die den Kometen mit der Sonne verbindet, auf welcher letzten Linie doch jener Schatten immer liegen müßte. Viel angemeſſener ſcheint die Vorſtellung zu ſeyn, daß der Schweif des Kometen nicht, wie man gewöhnlich glaubt, eine ruthenartige Fortſetzung ſeines Haupt- körpers, ſondern daß er ein hohler, mit einem eigenen ſchwachen Lichte verſehener, durchſichtiger Dunſtkegel iſt, der uns dann na- türlich an ſeinen beiden Rändern viel heller, als in ſeiner Mitte, erſcheinen muß. So ſah man den ſchönen Kometen von 1811 durch gute Fernröhre mit ſeinem hellen Kopfe ganz auf die Art, wie man etwa ein kugelförmiges Licht in dem Brennpunkte einer durch- ſichtigen, paraboliſchen Glasglocke ſehen würde. Der eigentliche Kopf deſſelben hatte eine ſchwache, grünblaue Farbe, die in ihrer Mitte ins Röthliche überging. Der Halbmeſſer dieſes kugelför- migen Kopfes, in deſſen Mitte ein auffallend heller Punkt, der eigentliche Kern, ſich befand, hatte, nach Herſchels Meſſungen, 14000 d. Meilen. Dieſen Kopf umgab ein Ring von dunkelgrauer Farbe, deſſen äußerer Kreis einen Halbmeſſer von 55000 Meilen hatte und deſſen Breite daher 41000 M. betrug. Durch dieſen dunklen Ring ſah man die kleinſten Sterne mit ganz ungeſchwäch- tem Lichte durchſchimmern. Dieſe dunkle Kugelſchichte war wieder von einer helleren umgeben, deren Breite 15000 M. betrug, und die ſich daher bis 70000 M. von dem Mittelpunkte des Kopfes erſtreckte. Dieſe letzte Kugelſchichte war aber, auf der von der Sonne abgewendeten Seite offen und lief hier, an den beiden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0244"n="234"/><fwplace="top"type="header">Kometen.</fw><lb/>
und wenn ſie, dem Widerſtande des Aethers oder aus irgend einer<lb/>
andern Urſache, dem Kern derſelben auf ſeinem ſchnellen Laufe um<lb/>
die Sonne nicht ſo geſchwind folgen könnte, ebenfalls die Geſtalt<lb/>
eines Schweifes annehmen.</p><lb/><p>Die meiſten größeren Kometſchweife erſcheinen in ihrer Mitte,<lb/>
der Länge nach, durch einen dunklern, breiten Streifen getheilt,<lb/>
wodurch ſie das Anſehen erhalten, als ob ſie doppelt wären. Die<lb/>
älteren Aſtronomen hielten dieſen dunklen Streifen für den Schat-<lb/>
ten, welchen der auf ſeiner vordern Seite von der Sonne beſchie-<lb/>
nene Kern hinter ſich wirft. Allein dieſe Meinung iſt unrichtig,<lb/>
da man dieſe Streifen auch bei jenen Kometen bemerkt, deren<lb/>
Schweife ſehr große Winkel mit derjenigen Linie bilden, die den<lb/>
Kometen mit der Sonne verbindet, auf welcher letzten Linie doch<lb/>
jener Schatten immer liegen müßte. Viel angemeſſener ſcheint<lb/>
die Vorſtellung zu ſeyn, daß der Schweif des Kometen nicht, wie<lb/>
man gewöhnlich glaubt, eine ruthenartige Fortſetzung ſeines Haupt-<lb/>
körpers, ſondern daß er ein <hirendition="#g">hohler</hi>, mit einem eigenen ſchwachen<lb/>
Lichte verſehener, durchſichtiger Dunſtkegel iſt, der uns dann na-<lb/>
türlich an ſeinen beiden Rändern viel heller, als in ſeiner Mitte,<lb/>
erſcheinen muß. So ſah man den ſchönen Kometen von 1811 durch<lb/>
gute Fernröhre mit ſeinem hellen Kopfe ganz auf die Art, wie<lb/>
man etwa ein kugelförmiges Licht in dem Brennpunkte einer durch-<lb/>ſichtigen, paraboliſchen Glasglocke ſehen würde. Der eigentliche<lb/>
Kopf deſſelben hatte eine ſchwache, grünblaue Farbe, die in ihrer<lb/>
Mitte ins Röthliche überging. Der Halbmeſſer dieſes kugelför-<lb/>
migen Kopfes, in deſſen Mitte ein auffallend heller Punkt, der<lb/>
eigentliche <hirendition="#g">Kern</hi>, ſich befand, hatte, nach Herſchels Meſſungen,<lb/>
14000 d. Meilen. Dieſen Kopf umgab ein Ring von dunkelgrauer<lb/>
Farbe, deſſen äußerer Kreis einen Halbmeſſer von 55000 Meilen<lb/>
hatte und deſſen Breite daher 41000 M. betrug. Durch dieſen<lb/>
dunklen Ring ſah man die kleinſten Sterne mit ganz ungeſchwäch-<lb/>
tem Lichte durchſchimmern. Dieſe dunkle Kugelſchichte war wieder<lb/>
von einer helleren umgeben, deren Breite 15000 M. betrug, und<lb/>
die ſich daher bis 70000 M. von dem Mittelpunkte des Kopfes<lb/>
erſtreckte. Dieſe letzte Kugelſchichte war aber, auf der von der<lb/>
Sonne abgewendeten Seite <hirendition="#g">offen</hi> und lief hier, an den beiden<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[234/0244]
Kometen.
und wenn ſie, dem Widerſtande des Aethers oder aus irgend einer
andern Urſache, dem Kern derſelben auf ſeinem ſchnellen Laufe um
die Sonne nicht ſo geſchwind folgen könnte, ebenfalls die Geſtalt
eines Schweifes annehmen.
Die meiſten größeren Kometſchweife erſcheinen in ihrer Mitte,
der Länge nach, durch einen dunklern, breiten Streifen getheilt,
wodurch ſie das Anſehen erhalten, als ob ſie doppelt wären. Die
älteren Aſtronomen hielten dieſen dunklen Streifen für den Schat-
ten, welchen der auf ſeiner vordern Seite von der Sonne beſchie-
nene Kern hinter ſich wirft. Allein dieſe Meinung iſt unrichtig,
da man dieſe Streifen auch bei jenen Kometen bemerkt, deren
Schweife ſehr große Winkel mit derjenigen Linie bilden, die den
Kometen mit der Sonne verbindet, auf welcher letzten Linie doch
jener Schatten immer liegen müßte. Viel angemeſſener ſcheint
die Vorſtellung zu ſeyn, daß der Schweif des Kometen nicht, wie
man gewöhnlich glaubt, eine ruthenartige Fortſetzung ſeines Haupt-
körpers, ſondern daß er ein hohler, mit einem eigenen ſchwachen
Lichte verſehener, durchſichtiger Dunſtkegel iſt, der uns dann na-
türlich an ſeinen beiden Rändern viel heller, als in ſeiner Mitte,
erſcheinen muß. So ſah man den ſchönen Kometen von 1811 durch
gute Fernröhre mit ſeinem hellen Kopfe ganz auf die Art, wie
man etwa ein kugelförmiges Licht in dem Brennpunkte einer durch-
ſichtigen, paraboliſchen Glasglocke ſehen würde. Der eigentliche
Kopf deſſelben hatte eine ſchwache, grünblaue Farbe, die in ihrer
Mitte ins Röthliche überging. Der Halbmeſſer dieſes kugelför-
migen Kopfes, in deſſen Mitte ein auffallend heller Punkt, der
eigentliche Kern, ſich befand, hatte, nach Herſchels Meſſungen,
14000 d. Meilen. Dieſen Kopf umgab ein Ring von dunkelgrauer
Farbe, deſſen äußerer Kreis einen Halbmeſſer von 55000 Meilen
hatte und deſſen Breite daher 41000 M. betrug. Durch dieſen
dunklen Ring ſah man die kleinſten Sterne mit ganz ungeſchwäch-
tem Lichte durchſchimmern. Dieſe dunkle Kugelſchichte war wieder
von einer helleren umgeben, deren Breite 15000 M. betrug, und
die ſich daher bis 70000 M. von dem Mittelpunkte des Kopfes
erſtreckte. Dieſe letzte Kugelſchichte war aber, auf der von der
Sonne abgewendeten Seite offen und lief hier, an den beiden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/244>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.