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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Der Mond.
war. In dem Mare Crisium (NW Rand der Karte) fand er
einen Berg, den er mehrmals auf das genaueste beobachtet und
gezeichnet hatte, und der ihm immer als länglich erschienen war,
plötzlich und mit ausnehmender Deutlichkeit vollkommen
rund und auf seinem Gipfel mit einem, drei Viertheile einer Meile
im Durchmesser haltenden tiefen Krater versehen, von welchem er
früher auch nicht die geringste Spur entdecken konnte. Das Merk-
würdigste dabei war, daß dieser runde Berg mit seinem Krater
nach einem Monate wieder verschwand, um dem alten länglichen
Berg ohne Krater seine vorige Stelle einzuräumen.

§. 139. (Wie die Höhe der Mondsberge gemessen wird.) Ehe
wir diese sonderbaren Berge des Mondes gänzlich verlassen, wird
es den Lesern noch angenehm seyn, zu erfahren, auf welche Weise
man die Höhe derselben gemessen hat.

Wenn diese Berge genau an dem Rande der uns sichtbaren
Mondsscheibe stehen, so wird man mit dem gewöhnlichen Instru-
mente, mit welchem die Astronomen überhaupt alle sehr kleinen
Distanzen messen, mit den sogenannten Mikrometern auch das
Verhältniß ihrer Höhe zu dem Halbmesser des Mondes bestim-
men können. Gesetzt, man hätte eine solche Erhöhung, oder auch,
bei den Thälern des Mondes, eine solche Vertiefung, einen Ein-
schnitt des Mondsrandes gleich dem hundertsten Theil des Halb-
messers desselben gefunden, so weiß man auch sofort, daß die Höhe
oder Tiefe desselben 23/10 Meilen beträgt, weil der Halbmesser des
Mondes (I. S. 321) 230 Meilen hat. In der That sieht man
diesen Rand des Mondes, nicht ganz glatt, sondern an mehreren
Stellen wie ausgezackt, was nur von diesen Bergen oder Schluch-
ten kommen kann. Wir werden weiter unten (III. §. 117) sehen,
daß der Mond nicht ganz genau immer dieselbe Seite der Erde
zuwendet, sondern daß der Rand der uns sichtbaren Scheibe sich
öfter um nahe acht Grade, aus dem Mittelpunkte des Mondes
gesehen, verschieben kann, daher zuweilen Berge oder Thäler in
diesen Rand treten, die früher nicht sichtbar waren. Besonders
gut anwendbar wird diese Methode zur Zeit der Sonnenfinster-
nisse seyn, wo die schwarze Scheibe des Mondes mit ihren Zacken

Littrow's Himmel u. s. Wunder. II. 13

Der Mond.
war. In dem Mare Crisium (NW Rand der Karte) fand er
einen Berg, den er mehrmals auf das genaueſte beobachtet und
gezeichnet hatte, und der ihm immer als länglich erſchienen war,
plötzlich und mit ausnehmender Deutlichkeit vollkommen
rund und auf ſeinem Gipfel mit einem, drei Viertheile einer Meile
im Durchmeſſer haltenden tiefen Krater verſehen, von welchem er
früher auch nicht die geringſte Spur entdecken konnte. Das Merk-
würdigſte dabei war, daß dieſer runde Berg mit ſeinem Krater
nach einem Monate wieder verſchwand, um dem alten länglichen
Berg ohne Krater ſeine vorige Stelle einzuräumen.

§. 139. (Wie die Höhe der Mondsberge gemeſſen wird.) Ehe
wir dieſe ſonderbaren Berge des Mondes gänzlich verlaſſen, wird
es den Leſern noch angenehm ſeyn, zu erfahren, auf welche Weiſe
man die Höhe derſelben gemeſſen hat.

Wenn dieſe Berge genau an dem Rande der uns ſichtbaren
Mondsſcheibe ſtehen, ſo wird man mit dem gewöhnlichen Inſtru-
mente, mit welchem die Aſtronomen überhaupt alle ſehr kleinen
Diſtanzen meſſen, mit den ſogenannten Mikrometern auch das
Verhältniß ihrer Höhe zu dem Halbmeſſer des Mondes beſtim-
men können. Geſetzt, man hätte eine ſolche Erhöhung, oder auch,
bei den Thälern des Mondes, eine ſolche Vertiefung, einen Ein-
ſchnitt des Mondsrandes gleich dem hundertſten Theil des Halb-
meſſers deſſelben gefunden, ſo weiß man auch ſofort, daß die Höhe
oder Tiefe deſſelben 23/10 Meilen beträgt, weil der Halbmeſſer des
Mondes (I. S. 321) 230 Meilen hat. In der That ſieht man
dieſen Rand des Mondes, nicht ganz glatt, ſondern an mehreren
Stellen wie ausgezackt, was nur von dieſen Bergen oder Schluch-
ten kommen kann. Wir werden weiter unten (III. §. 117) ſehen,
daß der Mond nicht ganz genau immer dieſelbe Seite der Erde
zuwendet, ſondern daß der Rand der uns ſichtbaren Scheibe ſich
öfter um nahe acht Grade, aus dem Mittelpunkte des Mondes
geſehen, verſchieben kann, daher zuweilen Berge oder Thäler in
dieſen Rand treten, die früher nicht ſichtbar waren. Beſonders
gut anwendbar wird dieſe Methode zur Zeit der Sonnenfinſter-
niſſe ſeyn, wo die ſchwarze Scheibe des Mondes mit ihren Zacken

Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. II. 13
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[193/0203] Der Mond. war. In dem Mare Crisium (NW Rand der Karte) fand er einen Berg, den er mehrmals auf das genaueſte beobachtet und gezeichnet hatte, und der ihm immer als länglich erſchienen war, plötzlich und mit ausnehmender Deutlichkeit vollkommen rund und auf ſeinem Gipfel mit einem, drei Viertheile einer Meile im Durchmeſſer haltenden tiefen Krater verſehen, von welchem er früher auch nicht die geringſte Spur entdecken konnte. Das Merk- würdigſte dabei war, daß dieſer runde Berg mit ſeinem Krater nach einem Monate wieder verſchwand, um dem alten länglichen Berg ohne Krater ſeine vorige Stelle einzuräumen. §. 139. (Wie die Höhe der Mondsberge gemeſſen wird.) Ehe wir dieſe ſonderbaren Berge des Mondes gänzlich verlaſſen, wird es den Leſern noch angenehm ſeyn, zu erfahren, auf welche Weiſe man die Höhe derſelben gemeſſen hat. Wenn dieſe Berge genau an dem Rande der uns ſichtbaren Mondsſcheibe ſtehen, ſo wird man mit dem gewöhnlichen Inſtru- mente, mit welchem die Aſtronomen überhaupt alle ſehr kleinen Diſtanzen meſſen, mit den ſogenannten Mikrometern auch das Verhältniß ihrer Höhe zu dem Halbmeſſer des Mondes beſtim- men können. Geſetzt, man hätte eine ſolche Erhöhung, oder auch, bei den Thälern des Mondes, eine ſolche Vertiefung, einen Ein- ſchnitt des Mondsrandes gleich dem hundertſten Theil des Halb- meſſers deſſelben gefunden, ſo weiß man auch ſofort, daß die Höhe oder Tiefe deſſelben 23/10 Meilen beträgt, weil der Halbmeſſer des Mondes (I. S. 321) 230 Meilen hat. In der That ſieht man dieſen Rand des Mondes, nicht ganz glatt, ſondern an mehreren Stellen wie ausgezackt, was nur von dieſen Bergen oder Schluch- ten kommen kann. Wir werden weiter unten (III. §. 117) ſehen, daß der Mond nicht ganz genau immer dieſelbe Seite der Erde zuwendet, ſondern daß der Rand der uns ſichtbaren Scheibe ſich öfter um nahe acht Grade, aus dem Mittelpunkte des Mondes geſehen, verſchieben kann, daher zuweilen Berge oder Thäler in dieſen Rand treten, die früher nicht ſichtbar waren. Beſonders gut anwendbar wird dieſe Methode zur Zeit der Sonnenfinſter- niſſe ſeyn, wo die ſchwarze Scheibe des Mondes mit ihren Zacken Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. II. 13

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/203>, abgerufen am 22.11.2024.