scheinlich, daß sie auch zur Zeit der Entstehung der Planeten jen- seits des Uranus, also außerhalb derjenigen Wirkungssphäre sich befunden haben, in welcher allein Planeten entstehen konnten, oder mit andern Worten, daß es jenseits der Uranusbahn keinen eigentlichen Planeten mehr geben kann.
Doch sind dieß, wie wir hinzusetzen müssen, zwar wahrschein- liche, aber doch nicht bewiesene Muthmaßungen, und es könnte leicht seyn, daß die Beobachtungen der nächsten Jahre uns von dem Ungrunde derselben überführen. Wer hätte, wenige Tage vor dem Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts, uns voraussagen mögen, daß wir in einigen Jahren vier neue Planeten zwischen Mars und Jupiter finden würden. Wie viele derselben, von welchen wir jetzt noch keine Ahnung haben, mögen sich noch in demselben weiten Raume befinden. Wer könnte es uns selbst verargen, wenn wir der Ansicht wären, daß sogar unsere Erde noch einen neuen, uns bisher unbekannten Mond habe? In der That hat schon D. Cassini i. J. 1700 diese Meinung geäußert, die er we- gen der großen Distanz der Erde von der Venus und dem Mars sogar sehr wahrscheinlich fand. Wenn dieser Mond sehr klein und überdieß sehr weit von uns entfernt ist, so kann er sich vielleicht noch Jahrtausende um die Erde bewegen, ohne daß die Bewohner derselben auch nur die Existenz desselben erfahren. Vielleicht sind die sogenannten Meteorsteine nichts anders, als solche kleine kosmische Körper, die sich, gleich den größern Planeten, wie Kometen im Welten- raume herumtreiben, und wenn sie einem derselben näher kommen, entweder auf ihn stürzen, wie wir das schon so oft erfahren ha- ben, oder ihn als neue Satelliten auf seiner Bahn um die Sonne begleiten, und von diesem Standpunkte aus betrachtet, ist unsere Erde, und vielleicht jeder andere Planet, von einer großen Anzahl solcher kleinen Monde umgeben, deren Daseyn uns unbekannt ist und so lange bleiben wird, bis einmal der Zufall einen derselben in das Feld unserer Fernröhre führt.
Uebrigens werden die großen Distanzen, in welchen die Planeten von einander abstehen, von dem Urheber der Natur ge- wiß nicht ohne Absicht gewählt worden seyn, wenn es uns gleich sehr schwer fallen mag, dieselben zu ergründen. Wir glauben,
Uranus.
ſcheinlich, daß ſie auch zur Zeit der Entſtehung der Planeten jen- ſeits des Uranus, alſo außerhalb derjenigen Wirkungsſphäre ſich befunden haben, in welcher allein Planeten entſtehen konnten, oder mit andern Worten, daß es jenſeits der Uranusbahn keinen eigentlichen Planeten mehr geben kann.
Doch ſind dieß, wie wir hinzuſetzen müſſen, zwar wahrſchein- liche, aber doch nicht bewieſene Muthmaßungen, und es könnte leicht ſeyn, daß die Beobachtungen der nächſten Jahre uns von dem Ungrunde derſelben überführen. Wer hätte, wenige Tage vor dem Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts, uns vorausſagen mögen, daß wir in einigen Jahren vier neue Planeten zwiſchen Mars und Jupiter finden würden. Wie viele derſelben, von welchen wir jetzt noch keine Ahnung haben, mögen ſich noch in demſelben weiten Raume befinden. Wer könnte es uns ſelbſt verargen, wenn wir der Anſicht wären, daß ſogar unſere Erde noch einen neuen, uns bisher unbekannten Mond habe? In der That hat ſchon D. Caſſini i. J. 1700 dieſe Meinung geäußert, die er we- gen der großen Diſtanz der Erde von der Venus und dem Mars ſogar ſehr wahrſcheinlich fand. Wenn dieſer Mond ſehr klein und überdieß ſehr weit von uns entfernt iſt, ſo kann er ſich vielleicht noch Jahrtauſende um die Erde bewegen, ohne daß die Bewohner derſelben auch nur die Exiſtenz deſſelben erfahren. Vielleicht ſind die ſogenannten Meteorſteine nichts anders, als ſolche kleine kosmiſche Körper, die ſich, gleich den größern Planeten, wie Kometen im Welten- raume herumtreiben, und wenn ſie einem derſelben näher kommen, entweder auf ihn ſtürzen, wie wir das ſchon ſo oft erfahren ha- ben, oder ihn als neue Satelliten auf ſeiner Bahn um die Sonne begleiten, und von dieſem Standpunkte aus betrachtet, iſt unſere Erde, und vielleicht jeder andere Planet, von einer großen Anzahl ſolcher kleinen Monde umgeben, deren Daſeyn uns unbekannt iſt und ſo lange bleiben wird, bis einmal der Zufall einen derſelben in das Feld unſerer Fernröhre führt.
Uebrigens werden die großen Diſtanzen, in welchen die Planeten von einander abſtehen, von dem Urheber der Natur ge- wiß nicht ohne Abſicht gewählt worden ſeyn, wenn es uns gleich ſehr ſchwer fallen mag, dieſelben zu ergründen. Wir glauben,
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Uranus.
ſcheinlich, daß ſie auch zur Zeit der Entſtehung der Planeten jen-
ſeits des Uranus, alſo außerhalb derjenigen Wirkungsſphäre
ſich befunden haben, in welcher allein Planeten entſtehen konnten,
oder mit andern Worten, daß es jenſeits der Uranusbahn keinen
eigentlichen Planeten mehr geben kann.
Doch ſind dieß, wie wir hinzuſetzen müſſen, zwar wahrſchein-
liche, aber doch nicht bewieſene Muthmaßungen, und es könnte
leicht ſeyn, daß die Beobachtungen der nächſten Jahre uns von
dem Ungrunde derſelben überführen. Wer hätte, wenige Tage vor
dem Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts, uns vorausſagen
mögen, daß wir in einigen Jahren vier neue Planeten zwiſchen
Mars und Jupiter finden würden. Wie viele derſelben, von welchen
wir jetzt noch keine Ahnung haben, mögen ſich noch in demſelben
weiten Raume befinden. Wer könnte es uns ſelbſt verargen,
wenn wir der Anſicht wären, daß ſogar unſere Erde noch einen
neuen, uns bisher unbekannten Mond habe? In der That hat
ſchon D. Caſſini i. J. 1700 dieſe Meinung geäußert, die er we-
gen der großen Diſtanz der Erde von der Venus und dem Mars
ſogar ſehr wahrſcheinlich fand. Wenn dieſer Mond ſehr klein und
überdieß ſehr weit von uns entfernt iſt, ſo kann er ſich vielleicht
noch Jahrtauſende um die Erde bewegen, ohne daß die Bewohner
derſelben auch nur die Exiſtenz deſſelben erfahren. Vielleicht ſind die
ſogenannten Meteorſteine nichts anders, als ſolche kleine kosmiſche
Körper, die ſich, gleich den größern Planeten, wie Kometen im Welten-
raume herumtreiben, und wenn ſie einem derſelben näher kommen,
entweder auf ihn ſtürzen, wie wir das ſchon ſo oft erfahren ha-
ben, oder ihn als neue Satelliten auf ſeiner Bahn um die Sonne
begleiten, und von dieſem Standpunkte aus betrachtet, iſt unſere
Erde, und vielleicht jeder andere Planet, von einer großen Anzahl
ſolcher kleinen Monde umgeben, deren Daſeyn uns unbekannt iſt
und ſo lange bleiben wird, bis einmal der Zufall einen derſelben
in das Feld unſerer Fernröhre führt.
Uebrigens werden die großen Diſtanzen, in welchen die
Planeten von einander abſtehen, von dem Urheber der Natur ge-
wiß nicht ohne Abſicht gewählt worden ſeyn, wenn es uns gleich
ſehr ſchwer fallen mag, dieſelben zu ergründen. Wir glauben,
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/183>, abgerufen am 19.07.2024.
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