große Haufe wird es nicht lesen oder darüber lachen; die Philo- sophen, mit deren System die neue Entdeckung nicht übereinstimmt, werden nichts davon glauben; eine andere Gattung von Leuten werden den armen Astronomen bis in den Tod verfolgen und noch ein anderer, nicht eben klügerer Theil wird -- neutral bleiben und sich um die ganze Sache, d. h. um uns alle hier unten, nicht wei- ter kümmern.
Aber die Jupitersbewohner, mit den Entdeckungen auf ihrem eigenen Planeten so sehr beschäftiget, daß ihre Colombos wahr- scheinlich nicht Zeit haben, an uns zu denken, werden, nach uns zu schließen, noch nicht einmal den hundertsten Theil ihrer Län- der und Völker kennen, während die Bewohner Merkurs, und noch mehr die der vier neuen Planeten, wahrscheinlich sich alle- sammt schon längst kennen und ganz wie die Einwohner unserer Dörfer unter einander verwandt sind. Ueberhaupt aber mag es mit der Astronomie dieser guten Leute sehr schlecht stehen. Denn auch von der Venus und dem Merkur wissen sie nichts, da jene nur 8 und dieser nur 4 Grade sich von der Sonne entfernt und also immer in ihren Strahlen schwimmt. Selbst von dem ihnen nächsten großen Planeten, dem Saturn, werden sie weder den Ring, noch die sieben Monde sehen, wenn anders nicht ein zweiter Galilei auch bei ihnen schon das Fernrohr erfunden hat. An den eigenen vier Monden werden sie sich vielleicht schadlos halten und die beinahe täglich vorfallenden Finsternisse derselben wahrscheinlich ohne jene Furcht beobachten, die uns so lange geplagt hat. Doch dürfen wir daraus nicht schließen, daß sie nicht an anderen, vielleicht größeren Uebeln leiden, und wenn sie uns gleichen, so werden sie gewiß auch ein Vorurtheil, einen Aberglauben nur verlassen, um dafür zehn andern, eben so thörichten, anzuhängen. Die jahrelangen Nächte, welche auf Jupiter und Saturn herrschen, könnten aller- dings der praktischen Astronomie sehr förderlich seyn, aber die Kälte dieser Jahreszeiten ist wahrscheinlich wieder so groß, daß die meisten ihre warme Stube allen andern Unterhaltungen vorziehen werden. Wenn die Natur auf den Saturn und Uranus nicht an- dere Mittel gefunden hat, Wärme zu erregen, als bei uns, so müssen die Bewohner derselben für die Kälte ganz unempfindlich seyn
Uranus.
große Haufe wird es nicht leſen oder darüber lachen; die Philo- ſophen, mit deren Syſtem die neue Entdeckung nicht übereinſtimmt, werden nichts davon glauben; eine andere Gattung von Leuten werden den armen Aſtronomen bis in den Tod verfolgen und noch ein anderer, nicht eben klügerer Theil wird — neutral bleiben und ſich um die ganze Sache, d. h. um uns alle hier unten, nicht wei- ter kümmern.
Aber die Jupitersbewohner, mit den Entdeckungen auf ihrem eigenen Planeten ſo ſehr beſchäftiget, daß ihre Colombos wahr- ſcheinlich nicht Zeit haben, an uns zu denken, werden, nach uns zu ſchließen, noch nicht einmal den hundertſten Theil ihrer Län- der und Völker kennen, während die Bewohner Merkurs, und noch mehr die der vier neuen Planeten, wahrſcheinlich ſich alle- ſammt ſchon längſt kennen und ganz wie die Einwohner unſerer Dörfer unter einander verwandt ſind. Ueberhaupt aber mag es mit der Aſtronomie dieſer guten Leute ſehr ſchlecht ſtehen. Denn auch von der Venus und dem Merkur wiſſen ſie nichts, da jene nur 8 und dieſer nur 4 Grade ſich von der Sonne entfernt und alſo immer in ihren Strahlen ſchwimmt. Selbſt von dem ihnen nächſten großen Planeten, dem Saturn, werden ſie weder den Ring, noch die ſieben Monde ſehen, wenn anders nicht ein zweiter Galilei auch bei ihnen ſchon das Fernrohr erfunden hat. An den eigenen vier Monden werden ſie ſich vielleicht ſchadlos halten und die beinahe täglich vorfallenden Finſterniſſe derſelben wahrſcheinlich ohne jene Furcht beobachten, die uns ſo lange geplagt hat. Doch dürfen wir daraus nicht ſchließen, daß ſie nicht an anderen, vielleicht größeren Uebeln leiden, und wenn ſie uns gleichen, ſo werden ſie gewiß auch ein Vorurtheil, einen Aberglauben nur verlaſſen, um dafür zehn andern, eben ſo thörichten, anzuhängen. Die jahrelangen Nächte, welche auf Jupiter und Saturn herrſchen, könnten aller- dings der praktiſchen Aſtronomie ſehr förderlich ſeyn, aber die Kälte dieſer Jahreszeiten iſt wahrſcheinlich wieder ſo groß, daß die meiſten ihre warme Stube allen andern Unterhaltungen vorziehen werden. Wenn die Natur auf den Saturn und Uranus nicht an- dere Mittel gefunden hat, Wärme zu erregen, als bei uns, ſo müſſen die Bewohner derſelben für die Kälte ganz unempfindlich ſeyn
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Uranus.
große Haufe wird es nicht leſen oder darüber lachen; die Philo-
ſophen, mit deren Syſtem die neue Entdeckung nicht übereinſtimmt,
werden nichts davon glauben; eine andere Gattung von Leuten
werden den armen Aſtronomen bis in den Tod verfolgen und noch
ein anderer, nicht eben klügerer Theil wird — neutral bleiben und
ſich um die ganze Sache, d. h. um uns alle hier unten, nicht wei-
ter kümmern.
Aber die Jupitersbewohner, mit den Entdeckungen auf ihrem
eigenen Planeten ſo ſehr beſchäftiget, daß ihre Colombos wahr-
ſcheinlich nicht Zeit haben, an uns zu denken, werden, nach uns
zu ſchließen, noch nicht einmal den hundertſten Theil ihrer Län-
der und Völker kennen, während die Bewohner Merkurs, und
noch mehr die der vier neuen Planeten, wahrſcheinlich ſich alle-
ſammt ſchon längſt kennen und ganz wie die Einwohner unſerer
Dörfer unter einander verwandt ſind. Ueberhaupt aber mag es
mit der Aſtronomie dieſer guten Leute ſehr ſchlecht ſtehen. Denn
auch von der Venus und dem Merkur wiſſen ſie nichts, da jene
nur 8 und dieſer nur 4 Grade ſich von der Sonne entfernt und
alſo immer in ihren Strahlen ſchwimmt. Selbſt von dem ihnen
nächſten großen Planeten, dem Saturn, werden ſie weder den
Ring, noch die ſieben Monde ſehen, wenn anders nicht ein zweiter
Galilei auch bei ihnen ſchon das Fernrohr erfunden hat. An den
eigenen vier Monden werden ſie ſich vielleicht ſchadlos halten und
die beinahe täglich vorfallenden Finſterniſſe derſelben wahrſcheinlich
ohne jene Furcht beobachten, die uns ſo lange geplagt hat. Doch
dürfen wir daraus nicht ſchließen, daß ſie nicht an anderen, vielleicht
größeren Uebeln leiden, und wenn ſie uns gleichen, ſo werden ſie
gewiß auch ein Vorurtheil, einen Aberglauben nur verlaſſen, um
dafür zehn andern, eben ſo thörichten, anzuhängen. Die jahrelangen
Nächte, welche auf Jupiter und Saturn herrſchen, könnten aller-
dings der praktiſchen Aſtronomie ſehr förderlich ſeyn, aber die
Kälte dieſer Jahreszeiten iſt wahrſcheinlich wieder ſo groß, daß die
meiſten ihre warme Stube allen andern Unterhaltungen vorziehen
werden. Wenn die Natur auf den Saturn und Uranus nicht an-
dere Mittel gefunden hat, Wärme zu erregen, als bei uns, ſo
müſſen die Bewohner derſelben für die Kälte ganz unempfindlich ſeyn
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/180>, abgerufen am 16.02.2025.
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