Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.Uranus. eben so wachsen, wie bei uns, indem sie mit ihren Wurzeln dieFlüssigkeit des Bodens und mit ihren Blättern die der Luft ein- saugen und verarbeiten. Wo aber Pflanzen sind, werden auch Thiere seyn, die sich von diesen Pflanzen nähren, und die da eben so wachsen und sich fortpflanzen, wie bei uns. Wo Wasser ist, muß ferner auch eine Atmosphäre seyn, weil jenes ohne die letzte schnell verdunsten und alle Meere und Flüsse austrocknen würden. Diese Atmosphäre ist aber vielleicht bei manchen Planeten gar sehr von der unsern verschieden und sie ist etwa bei Jupiter so dicht, daß wir in derselben, wie in unserem Wasser, schon schwimmen könn- ten, daher die großen Streifen und die soliden Wolken, die wir auf der Oberfläche dieses Planeten bemerken. Mit diesem allem noch nicht zufrieden, läßt Huygens diese Welten nun auch von vernünftigen Geschöpfen bewohnt seyn, damit es auch dort Wesen gebe, die über die Wunder des Himmels nachdenken und die Größe des Schöpfers in seinen Werken verkündigen können. Denn wozu sollte der Mensch, dieses nimmer ruhende Ursachenthier, wie es Lichtenberg nennt, hierher versetzt worden seyn, oder warum sollte diese kleine Erde jenen größten aller Vorzüge allein besitzen? Auch soll kein Zweifel seyn, daß der Verstand jener Leute ganz derselbe mit dem unsern ist, und daß, was hier als wahr, als gerecht, als gut erkannt wird, auch dort dafür erkannt werde, so wie, daß sie ganz dieselben Sinne haben, wie wir. Denn, wenn sie nun z. B. keine Augen hätten, wie sollten sie ihr Futter suchen, ihre Freunde er- kennen, ihre Feinde fliehen, und warum sollte denn die Sonne über ihnen scheinen, wenn sie sie doch nicht sehen können und wenn sie bloß unter der Erde, wie unsere Maulwürfe und Regenwürmer sich aufhalten? Er wendet sich selbst ein, daß es vielleicht auf manchen dieser Planeten mehrere Gattungen vernünftiger Wesen geben könne, allein er findet bald, daß dieß der Weisheit der Na- tur nicht gemäß wäre, weil diese vernünftigen Thiere verschiedener Art sich durchaus nicht vertragen und sehr bald einander aufreiben würden. Da ich es nicht wage, diese sonderbare Lobrede auf die Vernunft hier umständlich wieder zu geben, so mag es hinreichen, nur den Grund dieser Unverträglichkeit mit den eigenen Worten des Verfassers anzuführen: quia nempe, si plura forent eadem Uranus. eben ſo wachſen, wie bei uns, indem ſie mit ihren Wurzeln dieFlüſſigkeit des Bodens und mit ihren Blättern die der Luft ein- ſaugen und verarbeiten. Wo aber Pflanzen ſind, werden auch Thiere ſeyn, die ſich von dieſen Pflanzen nähren, und die da eben ſo wachſen und ſich fortpflanzen, wie bei uns. Wo Waſſer iſt, muß ferner auch eine Atmoſphäre ſeyn, weil jenes ohne die letzte ſchnell verdunſten und alle Meere und Flüſſe austrocknen würden. Dieſe Atmoſphäre iſt aber vielleicht bei manchen Planeten gar ſehr von der unſern verſchieden und ſie iſt etwa bei Jupiter ſo dicht, daß wir in derſelben, wie in unſerem Waſſer, ſchon ſchwimmen könn- ten, daher die großen Streifen und die ſoliden Wolken, die wir auf der Oberfläche dieſes Planeten bemerken. Mit dieſem allem noch nicht zufrieden, läßt Huygens dieſe Welten nun auch von vernünftigen Geſchöpfen bewohnt ſeyn, damit es auch dort Weſen gebe, die über die Wunder des Himmels nachdenken und die Größe des Schöpfers in ſeinen Werken verkündigen können. Denn wozu ſollte der Menſch, dieſes nimmer ruhende Urſachenthier, wie es Lichtenberg nennt, hierher verſetzt worden ſeyn, oder warum ſollte dieſe kleine Erde jenen größten aller Vorzüge allein beſitzen? Auch ſoll kein Zweifel ſeyn, daß der Verſtand jener Leute ganz derſelbe mit dem unſern iſt, und daß, was hier als wahr, als gerecht, als gut erkannt wird, auch dort dafür erkannt werde, ſo wie, daß ſie ganz dieſelben Sinne haben, wie wir. Denn, wenn ſie nun z. B. keine Augen hätten, wie ſollten ſie ihr Futter ſuchen, ihre Freunde er- kennen, ihre Feinde fliehen, und warum ſollte denn die Sonne über ihnen ſcheinen, wenn ſie ſie doch nicht ſehen können und wenn ſie bloß unter der Erde, wie unſere Maulwürfe und Regenwürmer ſich aufhalten? Er wendet ſich ſelbſt ein, daß es vielleicht auf manchen dieſer Planeten mehrere Gattungen vernünftiger Weſen geben könne, allein er findet bald, daß dieß der Weisheit der Na- tur nicht gemäß wäre, weil dieſe vernünftigen Thiere verſchiedener Art ſich durchaus nicht vertragen und ſehr bald einander aufreiben würden. Da ich es nicht wage, dieſe ſonderbare Lobrede auf die Vernunft hier umſtändlich wieder zu geben, ſo mag es hinreichen, nur den Grund dieſer Unverträglichkeit mit den eigenen Worten des Verfaſſers anzuführen: quia nempe, si plura forent eadem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0172" n="162"/><fw place="top" type="header">Uranus.</fw><lb/> eben ſo wachſen, wie bei uns, indem ſie mit ihren Wurzeln die<lb/> Flüſſigkeit des Bodens und mit ihren Blättern die der Luft ein-<lb/> ſaugen und verarbeiten. Wo aber Pflanzen ſind, werden auch<lb/> Thiere ſeyn, die ſich von dieſen Pflanzen nähren, und die da eben<lb/> ſo wachſen und ſich fortpflanzen, wie bei uns. Wo Waſſer iſt, muß<lb/> ferner auch eine Atmoſphäre ſeyn, weil jenes ohne die letzte ſchnell<lb/> verdunſten und alle Meere und Flüſſe austrocknen würden. 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Uranus.
eben ſo wachſen, wie bei uns, indem ſie mit ihren Wurzeln die
Flüſſigkeit des Bodens und mit ihren Blättern die der Luft ein-
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Thiere ſeyn, die ſich von dieſen Pflanzen nähren, und die da eben
ſo wachſen und ſich fortpflanzen, wie bei uns. Wo Waſſer iſt, muß
ferner auch eine Atmoſphäre ſeyn, weil jenes ohne die letzte ſchnell
verdunſten und alle Meere und Flüſſe austrocknen würden. Dieſe
Atmoſphäre iſt aber vielleicht bei manchen Planeten gar ſehr von
der unſern verſchieden und ſie iſt etwa bei Jupiter ſo dicht, daß
wir in derſelben, wie in unſerem Waſſer, ſchon ſchwimmen könn-
ten, daher die großen Streifen und die ſoliden Wolken, die wir
auf der Oberfläche dieſes Planeten bemerken. Mit dieſem allem
noch nicht zufrieden, läßt Huygens dieſe Welten nun auch von
vernünftigen Geſchöpfen bewohnt ſeyn, damit es auch dort Weſen
gebe, die über die Wunder des Himmels nachdenken und die Größe
des Schöpfers in ſeinen Werken verkündigen können. Denn wozu
ſollte der Menſch, dieſes nimmer ruhende Urſachenthier, wie es
Lichtenberg nennt, hierher verſetzt worden ſeyn, oder warum ſollte
dieſe kleine Erde jenen größten aller Vorzüge allein beſitzen? Auch ſoll
kein Zweifel ſeyn, daß der Verſtand jener Leute ganz derſelbe mit
dem unſern iſt, und daß, was hier als wahr, als gerecht, als gut
erkannt wird, auch dort dafür erkannt werde, ſo wie, daß ſie ganz
dieſelben Sinne haben, wie wir. Denn, wenn ſie nun z. B. keine
Augen hätten, wie ſollten ſie ihr Futter ſuchen, ihre Freunde er-
kennen, ihre Feinde fliehen, und warum ſollte denn die Sonne
über ihnen ſcheinen, wenn ſie ſie doch nicht ſehen können und wenn
ſie bloß unter der Erde, wie unſere Maulwürfe und Regenwürmer
ſich aufhalten? Er wendet ſich ſelbſt ein, daß es vielleicht auf
manchen dieſer Planeten mehrere Gattungen vernünftiger Weſen
geben könne, allein er findet bald, daß dieß der Weisheit der Na-
tur nicht gemäß wäre, weil dieſe vernünftigen Thiere verſchiedener
Art ſich durchaus nicht vertragen und ſehr bald einander aufreiben
würden. Da ich es nicht wage, dieſe ſonderbare Lobrede auf die
Vernunft hier umſtändlich wieder zu geben, ſo mag es hinreichen,
nur den Grund dieſer Unverträglichkeit mit den eigenen Worten des
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