Kurz, der Beobachter auf der Oberfläche der Erde in A oder A' wird den Eintritt der Venus später, und den Austritt der- selben früher sehen, als der Beobachter im Mittelpunkte C der Erde, und zwar um die Zeit T später oder früher. Die ganze Dauer der Erscheinung aber wird für jenen kürzer seyn, als für diesen, und zwar um das Doppelte jener Zeit, oder um die Zeit 2 T.
Dieser Unterschied zwischen dem Ein- und Austritte, oder auch dieser Unterschied zwischen der Dauer, wie er auf der Ober- fläche und im Mittelpunkte der Erde gesehen wird, hängt also, wie man sieht, bloß von der Differenz der Parallaxen oder von der Größe des Bogens aa oder a'a', und zugleich von der Ge- schwindigkeit ab, mit welcher die Venus diesen Bogen zurücklegt. Wird die Parallaxendifferenz größer, so wird auch diese Zeit T oder 2 T größer werden, und ist im Gegentheile die Geschwin- digkeit der Venus größer, so wird diese Zeit T oder 2 T kleiner werden. Da nun T eine bloße Wirkung der Parallaxen- differenz ist, so wird man, wenn die Bewegung, mit welcher sich die Venus der Sonne nähert, bekannt ist -- und diese ist aus den mittlern Bewegungen der Venus und der Sonne auf das genaueste bekannt -- so wird man aus dieser Zeit T auch wieder rückwärts auf jene Parallaxendifferenz schließen und zwar mit einer desto größern Genauigkeit schließen können, je größer dieses T selbst ist.
§. 72. (Vergleichung der Durchgänge von Merkur und Venus.) Sehen wir also zu, welchen Werth diese Zeit T in dem Falle hat, wo sie am größten ist. Für Merkur hat man bei der untern Conjunction dieses Planeten seine Horizontal-Parallaxe gleich 17" und die der Sonne nahe 8". Beider Differenz ist also nur 9 Se- cunden, und dieß ist die Größe des Bogens aa für Merkur. Nun beträgt aber die Bewegung Merkurs, mit welcher er sich, von der Erde gesehen, der Sonne nähert, zur Zeit der Durchgänge während jeder Stunde nahe 550". Wann wird er also in dieser Bewegung den Bogen von 18", oder die doppelte Parallaxendifferenz zurück- legen? Die folgende Proportion beantwortet diese Frage: 550" : 60' = 18" : 2 T Es ist also 2 T nahe gleich 2 Zeitminuten, oder die Differenz der
Venus.
Kurz, der Beobachter auf der Oberfläche der Erde in A oder A' wird den Eintritt der Venus ſpäter, und den Austritt der- ſelben früher ſehen, als der Beobachter im Mittelpunkte C der Erde, und zwar um die Zeit T ſpäter oder früher. Die ganze Dauer der Erſcheinung aber wird für jenen kürzer ſeyn, als für dieſen, und zwar um das Doppelte jener Zeit, oder um die Zeit 2 T.
Dieſer Unterſchied zwiſchen dem Ein- und Austritte, oder auch dieſer Unterſchied zwiſchen der Dauer, wie er auf der Ober- fläche und im Mittelpunkte der Erde geſehen wird, hängt alſo, wie man ſieht, bloß von der Differenz der Parallaxen oder von der Größe des Bogens aα oder a'α', und zugleich von der Ge- ſchwindigkeit ab, mit welcher die Venus dieſen Bogen zurücklegt. Wird die Parallaxendifferenz größer, ſo wird auch dieſe Zeit T oder 2 T größer werden, und iſt im Gegentheile die Geſchwin- digkeit der Venus größer, ſo wird dieſe Zeit T oder 2 T kleiner werden. Da nun T eine bloße Wirkung der Parallaxen- differenz iſt, ſo wird man, wenn die Bewegung, mit welcher ſich die Venus der Sonne nähert, bekannt iſt — und dieſe iſt aus den mittlern Bewegungen der Venus und der Sonne auf das genaueſte bekannt — ſo wird man aus dieſer Zeit T auch wieder rückwärts auf jene Parallaxendifferenz ſchließen und zwar mit einer deſto größern Genauigkeit ſchließen können, je größer dieſes T ſelbſt iſt.
§. 72. (Vergleichung der Durchgänge von Merkur und Venus.) Sehen wir alſo zu, welchen Werth dieſe Zeit T in dem Falle hat, wo ſie am größten iſt. Für Merkur hat man bei der untern Conjunction dieſes Planeten ſeine Horizontal-Parallaxe gleich 17″ und die der Sonne nahe 8″. Beider Differenz iſt alſo nur 9 Se- cunden, und dieß iſt die Größe des Bogens aα für Merkur. Nun beträgt aber die Bewegung Merkurs, mit welcher er ſich, von der Erde geſehen, der Sonne nähert, zur Zeit der Durchgänge während jeder Stunde nahe 550″. Wann wird er alſo in dieſer Bewegung den Bogen von 18″, oder die doppelte Parallaxendifferenz zurück- legen? Die folgende Proportion beantwortet dieſe Frage: 550″ : 60' = 18″ : 2 T Es iſt alſo 2 T nahe gleich 2 Zeitminuten, oder die Differenz der
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Venus.
Kurz, der Beobachter auf der Oberfläche der Erde in A oder
A' wird den Eintritt der Venus ſpäter, und den Austritt der-
ſelben früher ſehen, als der Beobachter im Mittelpunkte C der
Erde, und zwar um die Zeit T ſpäter oder früher. Die ganze
Dauer der Erſcheinung aber wird für jenen kürzer ſeyn, als für
dieſen, und zwar um das Doppelte jener Zeit, oder um die
Zeit 2 T.
Dieſer Unterſchied zwiſchen dem Ein- und Austritte, oder
auch dieſer Unterſchied zwiſchen der Dauer, wie er auf der Ober-
fläche und im Mittelpunkte der Erde geſehen wird, hängt alſo,
wie man ſieht, bloß von der Differenz der Parallaxen oder von
der Größe des Bogens aα oder a'α', und zugleich von der Ge-
ſchwindigkeit ab, mit welcher die Venus dieſen Bogen zurücklegt.
Wird die Parallaxendifferenz größer, ſo wird auch dieſe Zeit T
oder 2 T größer werden, und iſt im Gegentheile die Geſchwin-
digkeit der Venus größer, ſo wird dieſe Zeit T oder 2 T
kleiner werden. Da nun T eine bloße Wirkung der Parallaxen-
differenz iſt, ſo wird man, wenn die Bewegung, mit welcher ſich
die Venus der Sonne nähert, bekannt iſt — und dieſe iſt aus den
mittlern Bewegungen der Venus und der Sonne auf das genaueſte
bekannt — ſo wird man aus dieſer Zeit T auch wieder rückwärts
auf jene Parallaxendifferenz ſchließen und zwar mit einer deſto
größern Genauigkeit ſchließen können, je größer dieſes T ſelbſt iſt.
§. 72. (Vergleichung der Durchgänge von Merkur und Venus.)
Sehen wir alſo zu, welchen Werth dieſe Zeit T in dem Falle hat,
wo ſie am größten iſt. Für Merkur hat man bei der untern
Conjunction dieſes Planeten ſeine Horizontal-Parallaxe gleich 17″
und die der Sonne nahe 8″. Beider Differenz iſt alſo nur 9 Se-
cunden, und dieß iſt die Größe des Bogens aα für Merkur. Nun
beträgt aber die Bewegung Merkurs, mit welcher er ſich, von der
Erde geſehen, der Sonne nähert, zur Zeit der Durchgänge während
jeder Stunde nahe 550″. Wann wird er alſo in dieſer Bewegung
den Bogen von 18″, oder die doppelte Parallaxendifferenz zurück-
legen? Die folgende Proportion beantwortet dieſe Frage:
550″ : 60' = 18″ : 2 T
Es iſt alſo 2 T nahe gleich 2 Zeitminuten, oder die Differenz der
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/105>, abgerufen am 23.11.2024.
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