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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Tägliche Bewegung der Erde.
nämlich in Hamburg die östliche Ausweichung 3,873 Par. Linien, also
nur 0,122 Linien weniger betragen, als die Beobachtung gab. Die
oben erwähnte südliche Deklination ist, jener Theorie zufolge, für
eine Fallhöhe von 235 Fuß nur 0,0005 einer Linie, also ganz unmerk-
lich, wie denn auch Benzenberg keine solche Abweichung gegen Süden
gefunden hat. Für größere Fallhöhen würden jene Abweichungen viel
beträchtlicher seyn. So wäre z. B. für eine Fallhöhe von 10.000
Fuß, die nahe der Höhe des Aetna gleich ist, die Deklination
gegen Osten volle 1.076 Par. Linien, oder 7 Fuß 5 Zoll 8 Linien,
während auch hier die südliche Abweichung noch sehr klein seyn
und nur 0,88 Linien betragen würde.

§. 21. (VI. Aus der Centrifugalkraft der Erde.) Sollte aber
diese Umdrehung der Erde um ihre Axe, die doch so schnell ist,
daß jeder Punkt des Aequators in nahe 16 Secunden schon eine
deutsche Meile zurücklegt, nicht irgendwo auf der Oberfläche der-
selben Spuren hinterlassen, an welchen man sie erkennen, und von
welchen man daher, als von beobachteten Wirkungen, auf die Ur-
sache derselben, auf die Rotation der Erde selbst, wieder zurück-
schließen könnte? -- Es ist bekannt, daß, wenn ein Körper schnell
in der Peripherie eines Kreises herumgetrieben wird, alle Theile
desselben ein Bestreben äußern, sich von dem Mittelpunkte dessel-
ben zu entfernen. Dieses Bestreben, das man die Schwungkraft,
oder die Centrifugalkraft der rotirenden Körper genannt hat,
diese Kraft ist es, welche das Band einer geschwungenen Schleu-
der spannt, und den Stein in derselben zurückhält, daß er, selbst
wenn er in seinem Schwunge senkrecht über uns und ohne Unter-
stützung ist, nicht zur Erde herabfallen kann. Wenn wir eine an
einem Faden befestigte Kugel schnell im Kreise herumführen, so
wird der Faden dadurch gespannt und endlich sogar zerrissen, wenn
die Bewegung der Kugel zu schnell wird. Wenn wir einen zum
Theil mit Wasser gefüllten Eimer an eine verticale Schnur hän-
gen, so steht, so lange der Eimer in Ruhe bleibt, die Oberfläche
des Wassers in demselben vollkommen horizontal. Sobald aber
der Eimer um seine immer verticale Schnur, als um eine Axe
gedreht wird, erhebt sich das Wasser, da es wegen der entgegen-
stehenden Wände des Gefäßes nicht entfliehen kann, an den
Wänden des Eimers immer mehr, je schneller die Bewegung wird,

Tägliche Bewegung der Erde.
nämlich in Hamburg die öſtliche Ausweichung 3,873 Par. Linien, alſo
nur 0,122 Linien weniger betragen, als die Beobachtung gab. Die
oben erwähnte ſüdliche Deklination iſt, jener Theorie zufolge, für
eine Fallhöhe von 235 Fuß nur 0,0005 einer Linie, alſo ganz unmerk-
lich, wie denn auch Benzenberg keine ſolche Abweichung gegen Süden
gefunden hat. Für größere Fallhöhen würden jene Abweichungen viel
beträchtlicher ſeyn. So wäre z. B. für eine Fallhöhe von 10.000
Fuß, die nahe der Höhe des Aetna gleich iſt, die Deklination
gegen Oſten volle 1.076 Par. Linien, oder 7 Fuß 5 Zoll 8 Linien,
während auch hier die ſüdliche Abweichung noch ſehr klein ſeyn
und nur 0,88 Linien betragen würde.

§. 21. (VI. Aus der Centrifugalkraft der Erde.) Sollte aber
dieſe Umdrehung der Erde um ihre Axe, die doch ſo ſchnell iſt,
daß jeder Punkt des Aequators in nahe 16 Secunden ſchon eine
deutſche Meile zurücklegt, nicht irgendwo auf der Oberfläche der-
ſelben Spuren hinterlaſſen, an welchen man ſie erkennen, und von
welchen man daher, als von beobachteten Wirkungen, auf die Ur-
ſache derſelben, auf die Rotation der Erde ſelbſt, wieder zurück-
ſchließen könnte? — Es iſt bekannt, daß, wenn ein Körper ſchnell
in der Peripherie eines Kreiſes herumgetrieben wird, alle Theile
deſſelben ein Beſtreben äußern, ſich von dem Mittelpunkte deſſel-
ben zu entfernen. Dieſes Beſtreben, das man die Schwungkraft,
oder die Centrifugalkraft der rotirenden Körper genannt hat,
dieſe Kraft iſt es, welche das Band einer geſchwungenen Schleu-
der ſpannt, und den Stein in derſelben zurückhält, daß er, ſelbſt
wenn er in ſeinem Schwunge ſenkrecht über uns und ohne Unter-
ſtützung iſt, nicht zur Erde herabfallen kann. Wenn wir eine an
einem Faden befeſtigte Kugel ſchnell im Kreiſe herumführen, ſo
wird der Faden dadurch geſpannt und endlich ſogar zerriſſen, wenn
die Bewegung der Kugel zu ſchnell wird. Wenn wir einen zum
Theil mit Waſſer gefüllten Eimer an eine verticale Schnur hän-
gen, ſo ſteht, ſo lange der Eimer in Ruhe bleibt, die Oberfläche
des Waſſers in demſelben vollkommen horizontal. Sobald aber
der Eimer um ſeine immer verticale Schnur, als um eine Axe
gedreht wird, erhebt ſich das Waſſer, da es wegen der entgegen-
ſtehenden Wände des Gefäßes nicht entfliehen kann, an den
Wänden des Eimers immer mehr, je ſchneller die Bewegung wird,

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[69/0081] Tägliche Bewegung der Erde. nämlich in Hamburg die öſtliche Ausweichung 3,873 Par. Linien, alſo nur 0,122 Linien weniger betragen, als die Beobachtung gab. Die oben erwähnte ſüdliche Deklination iſt, jener Theorie zufolge, für eine Fallhöhe von 235 Fuß nur 0,0005 einer Linie, alſo ganz unmerk- lich, wie denn auch Benzenberg keine ſolche Abweichung gegen Süden gefunden hat. Für größere Fallhöhen würden jene Abweichungen viel beträchtlicher ſeyn. So wäre z. B. für eine Fallhöhe von 10.000 Fuß, die nahe der Höhe des Aetna gleich iſt, die Deklination gegen Oſten volle 1.076 Par. Linien, oder 7 Fuß 5 Zoll 8 Linien, während auch hier die ſüdliche Abweichung noch ſehr klein ſeyn und nur 0,88 Linien betragen würde. §. 21. (VI. Aus der Centrifugalkraft der Erde.) Sollte aber dieſe Umdrehung der Erde um ihre Axe, die doch ſo ſchnell iſt, daß jeder Punkt des Aequators in nahe 16 Secunden ſchon eine deutſche Meile zurücklegt, nicht irgendwo auf der Oberfläche der- ſelben Spuren hinterlaſſen, an welchen man ſie erkennen, und von welchen man daher, als von beobachteten Wirkungen, auf die Ur- ſache derſelben, auf die Rotation der Erde ſelbſt, wieder zurück- ſchließen könnte? — Es iſt bekannt, daß, wenn ein Körper ſchnell in der Peripherie eines Kreiſes herumgetrieben wird, alle Theile deſſelben ein Beſtreben äußern, ſich von dem Mittelpunkte deſſel- ben zu entfernen. Dieſes Beſtreben, das man die Schwungkraft, oder die Centrifugalkraft der rotirenden Körper genannt hat, dieſe Kraft iſt es, welche das Band einer geſchwungenen Schleu- der ſpannt, und den Stein in derſelben zurückhält, daß er, ſelbſt wenn er in ſeinem Schwunge ſenkrecht über uns und ohne Unter- ſtützung iſt, nicht zur Erde herabfallen kann. Wenn wir eine an einem Faden befeſtigte Kugel ſchnell im Kreiſe herumführen, ſo wird der Faden dadurch geſpannt und endlich ſogar zerriſſen, wenn die Bewegung der Kugel zu ſchnell wird. Wenn wir einen zum Theil mit Waſſer gefüllten Eimer an eine verticale Schnur hän- gen, ſo ſteht, ſo lange der Eimer in Ruhe bleibt, die Oberfläche des Waſſers in demſelben vollkommen horizontal. Sobald aber der Eimer um ſeine immer verticale Schnur, als um eine Axe gedreht wird, erhebt ſich das Waſſer, da es wegen der entgegen- ſtehenden Wände des Gefäßes nicht entfliehen kann, an den Wänden des Eimers immer mehr, je ſchneller die Bewegung wird,

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/81>, abgerufen am 22.11.2024.