Oberfläche der Erde steht, desto kürzer ist die noch übrige Luft- säule, die über demselben enthalten ist, desto geringer ist also auch der Druck dieser Säule, selbst wenn sie überall von gleicher Dichte wäre und desto niedriger ist endlich auch der Stand des Quecksil- bers in der Glasröhre des Instruments, so daß man daher, durch den Stand des Barometers, den Druck der Luft in jeder Höhe über der Erde, also auch, wenn dieser Druck schon aus anderen Gründen bekannt ist, jene Höhe über der Erde messen kann.
Die Luft hat nämlich, wie alle anderen Körper, eine be- stimmte Schwere oder ein bestimmtes Gewicht, mit welchem sie auf die unter ihr liegenden Gegenstände einen Druck ausübt. An der Oberfläche des Meeres hält dieser Druck der Luft einer Queck- silbersäule des Barometers von 28 Par. Zollen das Gleichgewicht, wenn das Thermometer 0 Grad R. zeigt, wodurch man also gleichsam das Maaß dieses Druckes erhält. Unter diesem Drucke und bei dieser Temperatur der Luft verhält sich, wie die physischen Versuche von Biot und Arago zeigen, die specifische Schwere der Luft zu der des Quecksilbers wie 1 zu 10462. Wenn daher die Atmosphäre durchaus dieselbe Dichte hätte, so würde ihre Höhe über der Erde 28mal 10462 Zolle oder 24411 Par. Fuß, d. h. also nahe eine d. Meile betragen und das Quecksilber würde an allen Orten der Atmosphäre gleichviel, z. B. um einen Zoll fallen, wenn man an diesen Orten um dieselbe Größe, z. B. um 1000 Fuß höher steigt. Dann würde man nämlich für die Barometer- stände von 27, 26, 25 und 24 Zollen in derselben Ordnung die Höhen der Beobachtungsorte über der Erde 872, 1744, 2615 und 3587 Fuß erhalten. Allein dieß ist den Beobachtungen keineswegs gemäß. Wenn man sich nahe 1050 P. Fuß über das Meer erhebt, so senkt das Barometer auf 27 Zolle herab; in der Höhe von 1970 Fuß über dem Meere zeigt es 26 Zolle, in der Höhe von 2930 Fuß 25 Zolle, in der Höhe von 3930 Fuß 24 Zolle u. s. w. Aus diesen Zahlen folgt, daß die Dichte der Luft nicht in allen ihren Höhen dieselbe seyn kann. Der berühmte Physiker Marrotti hat gefunden, daß diese Dichte der Luft dem Druck derselben, also den Barometerhöhen selbst proportional ist. Nach diesem Gesetze müssen also die unteren, der Erde näheren Schichten dichter seyn, als die oberen, deren Gewicht jene ersten zusammendrückt. Wenn die Temperatur der
Refraction, Präceſſion und Nutation.
Oberfläche der Erde ſteht, deſto kürzer iſt die noch übrige Luft- ſäule, die über demſelben enthalten iſt, deſto geringer iſt alſo auch der Druck dieſer Säule, ſelbſt wenn ſie überall von gleicher Dichte wäre und deſto niedriger iſt endlich auch der Stand des Queckſil- bers in der Glasröhre des Inſtruments, ſo daß man daher, durch den Stand des Barometers, den Druck der Luft in jeder Höhe über der Erde, alſo auch, wenn dieſer Druck ſchon aus anderen Gründen bekannt iſt, jene Höhe über der Erde meſſen kann.
Die Luft hat nämlich, wie alle anderen Körper, eine be- ſtimmte Schwere oder ein beſtimmtes Gewicht, mit welchem ſie auf die unter ihr liegenden Gegenſtände einen Druck ausübt. An der Oberfläche des Meeres hält dieſer Druck der Luft einer Queck- ſilberſäule des Barometers von 28 Par. Zollen das Gleichgewicht, wenn das Thermometer 0 Grad R. zeigt, wodurch man alſo gleichſam das Maaß dieſes Druckes erhält. Unter dieſem Drucke und bei dieſer Temperatur der Luft verhält ſich, wie die phyſiſchen Verſuche von Biot und Arago zeigen, die ſpecifiſche Schwere der Luft zu der des Queckſilbers wie 1 zu 10462. Wenn daher die Atmoſphäre durchaus dieſelbe Dichte hätte, ſo würde ihre Höhe über der Erde 28mal 10462 Zolle oder 24411 Par. Fuß, d. h. alſo nahe eine d. Meile betragen und das Queckſilber würde an allen Orten der Atmoſphäre gleichviel, z. B. um einen Zoll fallen, wenn man an dieſen Orten um dieſelbe Größe, z. B. um 1000 Fuß höher ſteigt. Dann würde man nämlich für die Barometer- ſtände von 27, 26, 25 und 24 Zollen in derſelben Ordnung die Höhen der Beobachtungsorte über der Erde 872, 1744, 2615 und 3587 Fuß erhalten. Allein dieß iſt den Beobachtungen keineswegs gemäß. Wenn man ſich nahe 1050 P. Fuß über das Meer erhebt, ſo ſenkt das Barometer auf 27 Zolle herab; in der Höhe von 1970 Fuß über dem Meere zeigt es 26 Zolle, in der Höhe von 2930 Fuß 25 Zolle, in der Höhe von 3930 Fuß 24 Zolle u. ſ. w. Aus dieſen Zahlen folgt, daß die Dichte der Luft nicht in allen ihren Höhen dieſelbe ſeyn kann. Der berühmte Phyſiker Marrotti hat gefunden, daß dieſe Dichte der Luft dem Druck derſelben, alſo den Barometerhöhen ſelbſt proportional iſt. Nach dieſem Geſetze müſſen alſo die unteren, der Erde näheren Schichten dichter ſeyn, als die oberen, deren Gewicht jene erſten zuſammendrückt. Wenn die Temperatur der
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0356"n="344"/><fwplace="top"type="header">Refraction, Präceſſion und Nutation.</fw><lb/>
Oberfläche der Erde ſteht, deſto kürzer iſt die noch übrige Luft-<lb/>ſäule, die über demſelben enthalten iſt, deſto geringer iſt alſo auch<lb/>
der Druck dieſer Säule, ſelbſt wenn ſie überall von gleicher Dichte<lb/>
wäre und deſto niedriger iſt endlich auch der Stand des Queckſil-<lb/>
bers in der Glasröhre des Inſtruments, ſo daß man daher, durch<lb/>
den Stand des Barometers, den Druck der Luft in jeder Höhe<lb/>
über der Erde, alſo auch, wenn dieſer Druck ſchon aus anderen<lb/>
Gründen bekannt iſt, jene Höhe über der Erde meſſen kann.</p><lb/><p>Die Luft hat nämlich, wie alle anderen Körper, eine be-<lb/>ſtimmte Schwere oder ein beſtimmtes Gewicht, mit welchem ſie<lb/>
auf die unter ihr liegenden Gegenſtände einen Druck ausübt. An<lb/>
der Oberfläche des Meeres hält dieſer Druck der Luft einer Queck-<lb/>ſilberſäule des Barometers von 28 Par. Zollen das Gleichgewicht,<lb/>
wenn das Thermometer 0 Grad R. zeigt, wodurch man alſo<lb/>
gleichſam das Maaß dieſes Druckes erhält. Unter dieſem Drucke<lb/>
und bei dieſer Temperatur der Luft verhält ſich, wie die phyſiſchen<lb/>
Verſuche von <hirendition="#g">Biot</hi> und <hirendition="#g">Arago</hi> zeigen, die ſpecifiſche Schwere<lb/>
der Luft zu der des Queckſilbers wie 1 zu 10462. Wenn daher<lb/>
die Atmoſphäre durchaus dieſelbe Dichte hätte, ſo würde ihre<lb/>
Höhe über der Erde 28mal 10462 Zolle oder 24411 Par. Fuß,<lb/>
d. h. alſo nahe eine d. Meile betragen und das Queckſilber würde<lb/>
an allen Orten der Atmoſphäre gleichviel, z. B. um einen Zoll<lb/>
fallen, wenn man an dieſen Orten um dieſelbe Größe, z. B. um 1000<lb/>
Fuß höher ſteigt. Dann würde man nämlich für die Barometer-<lb/>ſtände von 27, 26, 25 und 24 Zollen in derſelben Ordnung die<lb/>
Höhen der Beobachtungsorte über der Erde 872, 1744, 2615 und 3587<lb/>
Fuß erhalten. Allein dieß iſt den Beobachtungen keineswegs gemäß.<lb/>
Wenn man ſich nahe 1050 P. Fuß über das Meer erhebt, ſo ſenkt das<lb/>
Barometer auf 27 Zolle herab; in der Höhe von 1970 Fuß über dem<lb/>
Meere zeigt es 26 Zolle, in der Höhe von 2930 Fuß 25 Zolle, in der<lb/>
Höhe von 3930 Fuß 24 Zolle u. ſ. w. Aus dieſen Zahlen folgt, daß<lb/>
die Dichte der Luft nicht in allen ihren Höhen dieſelbe ſeyn kann.<lb/>
Der berühmte Phyſiker <hirendition="#g">Marrotti</hi> hat gefunden, daß dieſe Dichte<lb/>
der Luft dem Druck derſelben, alſo den Barometerhöhen ſelbſt<lb/>
proportional iſt. Nach dieſem Geſetze müſſen alſo die unteren,<lb/>
der Erde näheren Schichten dichter ſeyn, als die oberen, deren<lb/>
Gewicht jene erſten zuſammendrückt. Wenn die Temperatur der<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[344/0356]
Refraction, Präceſſion und Nutation.
Oberfläche der Erde ſteht, deſto kürzer iſt die noch übrige Luft-
ſäule, die über demſelben enthalten iſt, deſto geringer iſt alſo auch
der Druck dieſer Säule, ſelbſt wenn ſie überall von gleicher Dichte
wäre und deſto niedriger iſt endlich auch der Stand des Queckſil-
bers in der Glasröhre des Inſtruments, ſo daß man daher, durch
den Stand des Barometers, den Druck der Luft in jeder Höhe
über der Erde, alſo auch, wenn dieſer Druck ſchon aus anderen
Gründen bekannt iſt, jene Höhe über der Erde meſſen kann.
Die Luft hat nämlich, wie alle anderen Körper, eine be-
ſtimmte Schwere oder ein beſtimmtes Gewicht, mit welchem ſie
auf die unter ihr liegenden Gegenſtände einen Druck ausübt. An
der Oberfläche des Meeres hält dieſer Druck der Luft einer Queck-
ſilberſäule des Barometers von 28 Par. Zollen das Gleichgewicht,
wenn das Thermometer 0 Grad R. zeigt, wodurch man alſo
gleichſam das Maaß dieſes Druckes erhält. Unter dieſem Drucke
und bei dieſer Temperatur der Luft verhält ſich, wie die phyſiſchen
Verſuche von Biot und Arago zeigen, die ſpecifiſche Schwere
der Luft zu der des Queckſilbers wie 1 zu 10462. Wenn daher
die Atmoſphäre durchaus dieſelbe Dichte hätte, ſo würde ihre
Höhe über der Erde 28mal 10462 Zolle oder 24411 Par. Fuß,
d. h. alſo nahe eine d. Meile betragen und das Queckſilber würde
an allen Orten der Atmoſphäre gleichviel, z. B. um einen Zoll
fallen, wenn man an dieſen Orten um dieſelbe Größe, z. B. um 1000
Fuß höher ſteigt. Dann würde man nämlich für die Barometer-
ſtände von 27, 26, 25 und 24 Zollen in derſelben Ordnung die
Höhen der Beobachtungsorte über der Erde 872, 1744, 2615 und 3587
Fuß erhalten. Allein dieß iſt den Beobachtungen keineswegs gemäß.
Wenn man ſich nahe 1050 P. Fuß über das Meer erhebt, ſo ſenkt das
Barometer auf 27 Zolle herab; in der Höhe von 1970 Fuß über dem
Meere zeigt es 26 Zolle, in der Höhe von 2930 Fuß 25 Zolle, in der
Höhe von 3930 Fuß 24 Zolle u. ſ. w. Aus dieſen Zahlen folgt, daß
die Dichte der Luft nicht in allen ihren Höhen dieſelbe ſeyn kann.
Der berühmte Phyſiker Marrotti hat gefunden, daß dieſe Dichte
der Luft dem Druck derſelben, alſo den Barometerhöhen ſelbſt
proportional iſt. Nach dieſem Geſetze müſſen alſo die unteren,
der Erde näheren Schichten dichter ſeyn, als die oberen, deren
Gewicht jene erſten zuſammendrückt. Wenn die Temperatur der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/356>, abgerufen am 29.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.