Sucht man daraus die wahre Länge der Venus in der Eclip- tik, so findet man, da die Länge des aufsteigenden Knotens 75° 10',5, und die Neigung der Bahn 3° 23',5 ist, nach den in §. 119 angeführten Ausdrücken
hel. Länge in der Ecliptik 337° 19',7
und hel. Breite 3° 21',6 südl.
Will man endlich aus diesen heliocentrischen Orten der Erde und der Venus den geocentrischen Ort der Venus finden, so hat man, nach den Ausdrücken des §. 120, r' = 0,72646 und C = l -- L = 93° 51',7, woraus man sofort erhält l -- L = 145° 41',5, und daher ist die gesuchte
geoc. Länge der Venus l = 29° 9',5
und die geoc. Breite 1° 54',9 südl.
§. 146. (Drittes Gesetz Kepler's.) Die zwei erwähnten Ent- deckungen Kepler's lehrten uns, daß alle Planeten, also auch die Erde, sich in Ellipsen bewegen, in deren einem Brennpunkte die Sonne ist, und sie zeigten uns zugleich das Gesetz, nach welchem sich jeder dieser Himmelkörper in seiner elliptischen Bahn bewegt, indem nämlich die Flächenräume, welche sein Radius Vector durchläuft, der Zeit proportional sind, oder mit der Zeit gleichförmig wachsen, und dieses Gesetz gab uns endlich auch die Mittel an die Hand, den Ort der Planeten in seiner Bahn für jede gegebene Zeit durch Rechnung zu bestimmen.
Diese beiden Gesetze betreffen, wie man siebt, jeden Planeten für sich, indem sie in jedem Punkte seiner Bahn die Krüm- mung des Bogens und die Geschwindigkeit des Planeten, der in diesem Bogen einhergeht, bestimmen, und sie würden beide selbst dann noch gelten, wenn sich auch nur ein einziger Planet um die Sonne bewegte. Aber nachdem Kepler einmal die Regeln gefun- den hatte, denen die Bewegung eines jeden Planeten, einzeln be- trachtet, unterworfen ist, war ihm auch noch die Existenz eines andern Gesetzes sehr wahrscheinlich, welches für alle Planeten zugleich gehörte, und von welchem die Stellung und Entfernung derselben abhängt, die wir nun in der That an ihnen bemerken. Er sah bald, daß sie im allgemeinen desto langsamer um die Sonne geben, je weiter sie von ihr entfernt sind. So ist z. B. Mars nahe doppelt so weit als Venus von der Sonne
Kepler’s Geſetze.
Sucht man daraus die wahre Länge der Venus in der Eclip- tik, ſo findet man, da die Länge des aufſteigenden Knotens 75° 10′,5, und die Neigung der Bahn 3° 23′,5 iſt, nach den in §. 119 angeführten Ausdrücken
hel. Länge ♀ in der Ecliptik 337° 19′,7
und hel. Breite 3° 21′,6 ſüdl.
Will man endlich aus dieſen heliocentriſchen Orten der Erde und der Venus den geocentriſchen Ort der Venus finden, ſo hat man, nach den Ausdrücken des §. 120, r' = 0,72646 und C = l — L = 93° 51′,7, woraus man ſofort erhält λ — L = 145° 41′,5, und daher iſt die geſuchte
geoc. Länge der Venus λ = 29° 9′,5
und die geoc. Breite 1° 54′,9 ſüdl.
§. 146. (Drittes Geſetz Kepler’s.) Die zwei erwähnten Ent- deckungen Kepler’s lehrten uns, daß alle Planeten, alſo auch die Erde, ſich in Ellipſen bewegen, in deren einem Brennpunkte die Sonne iſt, und ſie zeigten uns zugleich das Geſetz, nach welchem ſich jeder dieſer Himmelkörper in ſeiner elliptiſchen Bahn bewegt, indem nämlich die Flächenräume, welche ſein Radius Vector durchläuft, der Zeit proportional ſind, oder mit der Zeit gleichförmig wachſen, und dieſes Geſetz gab uns endlich auch die Mittel an die Hand, den Ort der Planeten in ſeiner Bahn für jede gegebene Zeit durch Rechnung zu beſtimmen.
Dieſe beiden Geſetze betreffen, wie man ſiebt, jeden Planeten für ſich, indem ſie in jedem Punkte ſeiner Bahn die Krüm- mung des Bogens und die Geſchwindigkeit des Planeten, der in dieſem Bogen einhergeht, beſtimmen, und ſie würden beide ſelbſt dann noch gelten, wenn ſich auch nur ein einziger Planet um die Sonne bewegte. Aber nachdem Kepler einmal die Regeln gefun- den hatte, denen die Bewegung eines jeden Planeten, einzeln be- trachtet, unterworfen iſt, war ihm auch noch die Exiſtenz eines andern Geſetzes ſehr wahrſcheinlich, welches für alle Planeten zugleich gehörte, und von welchem die Stellung und Entfernung derſelben abhängt, die wir nun in der That an ihnen bemerken. Er ſah bald, daß ſie im allgemeinen deſto langſamer um die Sonne geben, je weiter ſie von ihr entfernt ſind. So iſt z. B. Mars nahe doppelt ſo weit als Venus von der Sonne
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0300"n="288"/><fwplace="top"type="header">Kepler’s Geſetze.</fw><lb/><p>Sucht man daraus die wahre Länge der Venus in der Eclip-<lb/>
tik, ſo findet man, da die Länge des aufſteigenden Knotens 75°<lb/>
10′,<hirendition="#sub">5</hi>, und die Neigung der Bahn 3° 23′,<hirendition="#sub">5</hi> iſt, nach den in §. 119<lb/>
angeführten Ausdrücken</p><lb/><list><item>hel. Länge ♀ in der Ecliptik<spacedim="horizontal"/>337° 19′,<hirendition="#sub">7</hi></item><lb/><item>und hel. Breite<spacedim="horizontal"/>3° 21′,<hirendition="#sub">6</hi>ſüdl.</item></list><lb/><p>Will man endlich aus dieſen heliocentriſchen Orten der Erde<lb/>
und der Venus den geocentriſchen Ort der Venus finden, ſo hat<lb/>
man, nach den Ausdrücken des §. 120, <hirendition="#aq">r'</hi> = 0,<hirendition="#sub">72646</hi> und <hirendition="#aq">C =<lb/>
l — L</hi> = 93° 51′,<hirendition="#sub">7</hi>, woraus man ſofort erhält λ—<hirendition="#aq">L</hi> = 145°<lb/>
41′,<hirendition="#sub">5</hi>, und daher iſt die geſuchte</p><lb/><list><item>geoc. Länge der Venus λ = 29° 9′,<hirendition="#sub">5</hi></item><lb/><item>und die geoc. Breite 1° 54′,<hirendition="#sub">9</hi>ſüdl.</item></list><lb/><p>§. 146. (Drittes Geſetz Kepler’s.) Die zwei erwähnten Ent-<lb/>
deckungen Kepler’s lehrten uns, daß alle Planeten, alſo auch<lb/>
die Erde, ſich in Ellipſen bewegen, in deren einem Brennpunkte<lb/>
die Sonne iſt, und ſie zeigten uns zugleich das Geſetz, nach<lb/>
welchem ſich jeder dieſer Himmelkörper in ſeiner elliptiſchen Bahn<lb/>
bewegt, indem nämlich die Flächenräume, welche ſein Radius<lb/>
Vector durchläuft, der Zeit proportional ſind, oder mit der Zeit<lb/>
gleichförmig wachſen, und dieſes Geſetz gab uns endlich auch die<lb/>
Mittel an die Hand, den Ort der Planeten in ſeiner Bahn für<lb/>
jede gegebene Zeit durch Rechnung zu beſtimmen.</p><lb/><p>Dieſe beiden Geſetze betreffen, wie man ſiebt, jeden Planeten<lb/><hirendition="#g">für ſich</hi>, indem ſie in jedem Punkte ſeiner Bahn die Krüm-<lb/>
mung des Bogens und die Geſchwindigkeit des Planeten, der in<lb/>
dieſem Bogen einhergeht, beſtimmen, und ſie würden beide ſelbſt<lb/>
dann noch gelten, wenn ſich auch nur ein einziger Planet um die<lb/>
Sonne bewegte. Aber nachdem Kepler einmal die Regeln gefun-<lb/>
den hatte, denen die Bewegung eines jeden Planeten, einzeln be-<lb/>
trachtet, unterworfen iſt, war ihm auch noch die Exiſtenz eines<lb/>
andern Geſetzes ſehr wahrſcheinlich, welches <hirendition="#g">für alle</hi> Planeten<lb/>
zugleich gehörte, und von welchem die Stellung und Entfernung<lb/>
derſelben abhängt, die wir nun in der That an ihnen bemerken.<lb/>
Er ſah bald, daß ſie im allgemeinen deſto langſamer um<lb/>
die Sonne geben, je weiter ſie von ihr entfernt ſind. So iſt<lb/>
z. B. Mars nahe doppelt ſo weit als Venus von der Sonne<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[288/0300]
Kepler’s Geſetze.
Sucht man daraus die wahre Länge der Venus in der Eclip-
tik, ſo findet man, da die Länge des aufſteigenden Knotens 75°
10′,5, und die Neigung der Bahn 3° 23′,5 iſt, nach den in §. 119
angeführten Ausdrücken
hel. Länge ♀ in der Ecliptik 337° 19′,7
und hel. Breite 3° 21′,6 ſüdl.
Will man endlich aus dieſen heliocentriſchen Orten der Erde
und der Venus den geocentriſchen Ort der Venus finden, ſo hat
man, nach den Ausdrücken des §. 120, r' = 0,72646 und C =
l — L = 93° 51′,7, woraus man ſofort erhält λ — L = 145°
41′,5, und daher iſt die geſuchte
geoc. Länge der Venus λ = 29° 9′,5
und die geoc. Breite 1° 54′,9 ſüdl.
§. 146. (Drittes Geſetz Kepler’s.) Die zwei erwähnten Ent-
deckungen Kepler’s lehrten uns, daß alle Planeten, alſo auch
die Erde, ſich in Ellipſen bewegen, in deren einem Brennpunkte
die Sonne iſt, und ſie zeigten uns zugleich das Geſetz, nach
welchem ſich jeder dieſer Himmelkörper in ſeiner elliptiſchen Bahn
bewegt, indem nämlich die Flächenräume, welche ſein Radius
Vector durchläuft, der Zeit proportional ſind, oder mit der Zeit
gleichförmig wachſen, und dieſes Geſetz gab uns endlich auch die
Mittel an die Hand, den Ort der Planeten in ſeiner Bahn für
jede gegebene Zeit durch Rechnung zu beſtimmen.
Dieſe beiden Geſetze betreffen, wie man ſiebt, jeden Planeten
für ſich, indem ſie in jedem Punkte ſeiner Bahn die Krüm-
mung des Bogens und die Geſchwindigkeit des Planeten, der in
dieſem Bogen einhergeht, beſtimmen, und ſie würden beide ſelbſt
dann noch gelten, wenn ſich auch nur ein einziger Planet um die
Sonne bewegte. Aber nachdem Kepler einmal die Regeln gefun-
den hatte, denen die Bewegung eines jeden Planeten, einzeln be-
trachtet, unterworfen iſt, war ihm auch noch die Exiſtenz eines
andern Geſetzes ſehr wahrſcheinlich, welches für alle Planeten
zugleich gehörte, und von welchem die Stellung und Entfernung
derſelben abhängt, die wir nun in der That an ihnen bemerken.
Er ſah bald, daß ſie im allgemeinen deſto langſamer um
die Sonne geben, je weiter ſie von ihr entfernt ſind. So iſt
z. B. Mars nahe doppelt ſo weit als Venus von der Sonne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/300>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.