Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.Jahreszeiten. verdorren; die weiter von ihm entfernten Länder würden unterewigem Eise begraben bleiben; ein verhältnißmäßig nur sehr klei- ner Theil der sogenannten temperirten Zone würde für uns noch bewohnbar seyn, und auch hier würden die meisten selbst unserer weniger edlen Früchte nicht mehr zur Reife gelangen. §. 85. (Schiefe Stellung der Erdaxe gegen die Ecliptik.) Und Die Natur hat diesen Zweck durch eine, wie es scheint, sehr ge- Man denke sich durch den Mittelpunkt S (Fig. 18) der Sonne Dieß vorausgesetzt, gibt es vorzüglich vier Lagen der Erde Jahreszeiten. verdorren; die weiter von ihm entfernten Länder würden unterewigem Eiſe begraben bleiben; ein verhältnißmäßig nur ſehr klei- ner Theil der ſogenannten temperirten Zone würde für uns noch bewohnbar ſeyn, und auch hier würden die meiſten ſelbſt unſerer weniger edlen Früchte nicht mehr zur Reife gelangen. §. 85. (Schiefe Stellung der Erdaxe gegen die Ecliptik.) Und Die Natur hat dieſen Zweck durch eine, wie es ſcheint, ſehr ge- Man denke ſich durch den Mittelpunkt S (Fig. 18) der Sonne Dieß vorausgeſetzt, gibt es vorzüglich vier Lagen der Erde <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0209" n="197"/><fw place="top" type="header">Jahreszeiten.</fw><lb/> verdorren; die weiter von ihm entfernten Länder würden unter<lb/> ewigem Eiſe begraben bleiben; ein verhältnißmäßig nur ſehr klei-<lb/> ner Theil der ſogenannten temperirten Zone würde für uns noch<lb/> bewohnbar ſeyn, und auch hier würden die meiſten ſelbſt unſerer<lb/> weniger edlen Früchte nicht mehr zur Reife gelangen.</p><lb/> <p>§. 85. (Schiefe Stellung der Erdaxe gegen die Ecliptik.) Und<lb/> welches iſt die Bedingung, an die wir jene tägliche Rotation der<lb/> Erde knüpfen müſſen, wenn wir all’ dem erzählten Ungemach<lb/> entfliehen und uns des ſo wünſchenswerthen Wechſels der Jah-<lb/> reszeiten auf unſerer Erde in der That erfreuen wollen?</p><lb/> <p>Die Natur hat dieſen Zweck durch eine, wie es ſcheint, ſehr ge-<lb/> ringfügige Einrichtung zu erreichen gewußt, indem ſie nämlich der<lb/> Axe, um welche ſich die Erde dreht, und die wir, in unſerer letz-<lb/> ten Hypotheſe ſenkrecht auf die Ebene der Erdbahn geſtellt haben,<lb/> eine etwas <hi rendition="#g">ſchiefe Neigung</hi> gegen dieſe Ebene gab. Dieſe<lb/> ſchiefe Stellung der Erdaxe gegen die Erdbahn iſt die eigentliche<lb/> Urſache der Jahreszeiten und die Quelle aller der reichen Seg-<lb/> nungen, welche dadurch über uns und über unſere Erde ausgegoſ-<lb/> ſen werden. Wir wollen dieſen wichtigen Umſtand, wie er es<lb/> verdient, ſogleich etwas näher betrachten.</p><lb/> <p>Man denke ſich durch den Mittelpunkt <hi rendition="#aq">S</hi> (Fig. 18) der Sonne<lb/> eine fixe Linie <hi rendition="#aq">SR</hi>, die auf die Ebene der Erdbahn oder der Eclip-<lb/> tik ſenkrecht ſteht und eine andere <hi rendition="#aq">SP</hi>, welche mit jener den Win-<lb/> kel <hi rendition="#aq">PSR</hi> gleich 23½ Grad, alſo denſelben Winkel macht, unter<lb/> welchem der Aequator gegen die Ecliptik geneigt iſt. Die Erde<lb/> bewege ſich jährlich in dem Kreiſe <hi rendition="#aq">ABCD</hi> der Ecliptik um die<lb/> Sonne und drehe ſich zugleich täglich um ihre Axe <hi rendition="#aq">pq</hi>, welche<lb/> letzte in allen Punkten der Erdbahn mit der zweiten der erwähn-<lb/> ten fixen Linien, d. h. mit <hi rendition="#aq">SP</hi> parallel bleiben ſoll, ſo daß alſo <hi rendition="#aq">p</hi><lb/> den Nord- und <hi rendition="#aq">q</hi> den Südpol der Erde vorſtellt.</p><lb/> <p>Dieß vorausgeſetzt, gibt es vorzüglich vier Lagen der Erde<lb/> gegen die Sonne, die wir hier näher betrachten wollen, nämlich<lb/> die Lage <hi rendition="#aq">A</hi>, <hi rendition="#aq">B</hi>, <hi rendition="#aq">C</hi> und <hi rendition="#aq">D</hi>, wo die Erde zur Zeit des Anfangs<lb/> des Frühlings, des Sommers, des Herbſtes und des Winters in<lb/> unſerer nördlichen Hemiſphäre iſt. In allen dieſen Lagen wird<lb/> immer nahe die Hälfte der Oberfläche der Erde von der Sonne<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [197/0209]
Jahreszeiten.
verdorren; die weiter von ihm entfernten Länder würden unter
ewigem Eiſe begraben bleiben; ein verhältnißmäßig nur ſehr klei-
ner Theil der ſogenannten temperirten Zone würde für uns noch
bewohnbar ſeyn, und auch hier würden die meiſten ſelbſt unſerer
weniger edlen Früchte nicht mehr zur Reife gelangen.
§. 85. (Schiefe Stellung der Erdaxe gegen die Ecliptik.) Und
welches iſt die Bedingung, an die wir jene tägliche Rotation der
Erde knüpfen müſſen, wenn wir all’ dem erzählten Ungemach
entfliehen und uns des ſo wünſchenswerthen Wechſels der Jah-
reszeiten auf unſerer Erde in der That erfreuen wollen?
Die Natur hat dieſen Zweck durch eine, wie es ſcheint, ſehr ge-
ringfügige Einrichtung zu erreichen gewußt, indem ſie nämlich der
Axe, um welche ſich die Erde dreht, und die wir, in unſerer letz-
ten Hypotheſe ſenkrecht auf die Ebene der Erdbahn geſtellt haben,
eine etwas ſchiefe Neigung gegen dieſe Ebene gab. Dieſe
ſchiefe Stellung der Erdaxe gegen die Erdbahn iſt die eigentliche
Urſache der Jahreszeiten und die Quelle aller der reichen Seg-
nungen, welche dadurch über uns und über unſere Erde ausgegoſ-
ſen werden. Wir wollen dieſen wichtigen Umſtand, wie er es
verdient, ſogleich etwas näher betrachten.
Man denke ſich durch den Mittelpunkt S (Fig. 18) der Sonne
eine fixe Linie SR, die auf die Ebene der Erdbahn oder der Eclip-
tik ſenkrecht ſteht und eine andere SP, welche mit jener den Win-
kel PSR gleich 23½ Grad, alſo denſelben Winkel macht, unter
welchem der Aequator gegen die Ecliptik geneigt iſt. Die Erde
bewege ſich jährlich in dem Kreiſe ABCD der Ecliptik um die
Sonne und drehe ſich zugleich täglich um ihre Axe pq, welche
letzte in allen Punkten der Erdbahn mit der zweiten der erwähn-
ten fixen Linien, d. h. mit SP parallel bleiben ſoll, ſo daß alſo p
den Nord- und q den Südpol der Erde vorſtellt.
Dieß vorausgeſetzt, gibt es vorzüglich vier Lagen der Erde
gegen die Sonne, die wir hier näher betrachten wollen, nämlich
die Lage A, B, C und D, wo die Erde zur Zeit des Anfangs
des Frühlings, des Sommers, des Herbſtes und des Winters in
unſerer nördlichen Hemiſphäre iſt. In allen dieſen Lagen wird
immer nahe die Hälfte der Oberfläche der Erde von der Sonne
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