Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung. 2. Das in die Hände des Siegers gefallene fremde Staatsver- Steuern und Abgaben werden, soweit sie fällig sind, von 3. Das Privateigentum ist im Landkrieg unverletzlich, soweit Das Beutemachen, Plündern u. s. w. ist völkerrechtswidrig. § 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung. 2. Das in die Hände des Siegers gefallene fremde Staatsver- Steuern und Abgaben werden, soweit sie fällig sind, von 3. Das Privateigentum ist im Landkrieg unverletzlich, soweit Das Beutemachen, Plündern u. s. w. ist völkerrechtswidrig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0251" n="229"/> <fw place="top" type="header">§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.</fw><lb/> <p> <hi rendition="#b">2. Das in die Hände des Siegers gefallene fremde Staatsver-<lb/> mögen wird den Zwecken der Kriegführung dienstbar gemacht.</hi> </p><lb/> <p>Steuern und Abgaben werden, soweit sie fällig sind, von<lb/> der besetzenden Gewalt erhoben und für die Verwaltung des Landes<lb/> verwendet. Bewegliches Staatsgut kann eingezogen werden: so<lb/> insbesondere Bargeld und Wertpapiere, Waffen, Pferde, Kriegs-<lb/> material aller Art. Unbewegliches Gut (Gebäude, Wälder, Staats-<lb/> eisenbahnen, Forste und Domänen) kann von der besetzenden Staats-<lb/> gewalt mit den einen Nutznieſser bindenden Beschränkungen ge-<lb/> braucht werden. Alle Rechtsgeschäfte der besetzenden Staatsgewalt,<lb/> welche diese Schranke miſsachten, sind völkerrechtswidrig und<lb/> daher nichtig. Öffentliche Anstalten, die dem Gottesdienst, der<lb/> Wohlthätigkeit, der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, sind<lb/> unverletzlich.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">3. Das Privateigentum ist im Landkrieg unverletzlich, soweit<lb/> nicht der Notstand</hi> (die nécessité de guerre) <hi rendition="#b">seine Verletzung recht-<lb/> fertigt</hi> (oben § 40 III S. 222).</p><lb/> <p>Das Beutemachen, Plündern u. s. w. ist völkerrechtswidrig.<lb/> Gegenstände, die unmittelbar der Kriegführung zu dienen geeignet<lb/> sind (nicht Bargeld und Wertpapiere, wohl aber das rollende Material<lb/> der Eisenbahnen, Waffen, Pferde, Kleidungsstücke und Nah-<lb/> rungsmittel), können gegen Entschädigung, die durch Barzahlung<lb/> oder durch Anweisung zu leisten ist, enteignet und verwendet<lb/> werden. Die Bewohner können (ohne Unterschied der Staats-<lb/> angehörigkeit) zu <hi rendition="#g">Requisitionen</hi>, d. h. zu Naturalleistungen für<lb/> Kriegszwecke (Stellung von Pferden und Wagen, Lieferung von<lb/> Nahrungsmitteln und Kleidung u. s. w.) gegen Entschädigung heran-<lb/> gezogen werden; an Stelle von nicht gelieferten Leistungen tritt<lb/> die Zahlung von Strafgeldern. <hi rendition="#g">Kontributionen</hi>, d. h. auſser-<lb/> ordentliche Geldleistungen können ihnen nur in dem letzterwähnten<lb/> Falle, sowie sonst bei dringender Not auferlegt werden. Im Not-<lb/> fall ist auch, ebenfalls gegen Entschädigung, die Beschlagnahme und<lb/> Verwendung von Privateigentum (von Wagen, Pferden, Schiffen u. s. w.)<lb/> gestattet. Das ist das sogenannte jus angariae (oben § 24 III S. 129).</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0251]
§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.
2. Das in die Hände des Siegers gefallene fremde Staatsver-
mögen wird den Zwecken der Kriegführung dienstbar gemacht.
Steuern und Abgaben werden, soweit sie fällig sind, von
der besetzenden Gewalt erhoben und für die Verwaltung des Landes
verwendet. Bewegliches Staatsgut kann eingezogen werden: so
insbesondere Bargeld und Wertpapiere, Waffen, Pferde, Kriegs-
material aller Art. Unbewegliches Gut (Gebäude, Wälder, Staats-
eisenbahnen, Forste und Domänen) kann von der besetzenden Staats-
gewalt mit den einen Nutznieſser bindenden Beschränkungen ge-
braucht werden. Alle Rechtsgeschäfte der besetzenden Staatsgewalt,
welche diese Schranke miſsachten, sind völkerrechtswidrig und
daher nichtig. Öffentliche Anstalten, die dem Gottesdienst, der
Wohlthätigkeit, der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, sind
unverletzlich.
3. Das Privateigentum ist im Landkrieg unverletzlich, soweit
nicht der Notstand (die nécessité de guerre) seine Verletzung recht-
fertigt (oben § 40 III S. 222).
Das Beutemachen, Plündern u. s. w. ist völkerrechtswidrig.
Gegenstände, die unmittelbar der Kriegführung zu dienen geeignet
sind (nicht Bargeld und Wertpapiere, wohl aber das rollende Material
der Eisenbahnen, Waffen, Pferde, Kleidungsstücke und Nah-
rungsmittel), können gegen Entschädigung, die durch Barzahlung
oder durch Anweisung zu leisten ist, enteignet und verwendet
werden. Die Bewohner können (ohne Unterschied der Staats-
angehörigkeit) zu Requisitionen, d. h. zu Naturalleistungen für
Kriegszwecke (Stellung von Pferden und Wagen, Lieferung von
Nahrungsmitteln und Kleidung u. s. w.) gegen Entschädigung heran-
gezogen werden; an Stelle von nicht gelieferten Leistungen tritt
die Zahlung von Strafgeldern. Kontributionen, d. h. auſser-
ordentliche Geldleistungen können ihnen nur in dem letzterwähnten
Falle, sowie sonst bei dringender Not auferlegt werden. Im Not-
fall ist auch, ebenfalls gegen Entschädigung, die Beschlagnahme und
Verwendung von Privateigentum (von Wagen, Pferden, Schiffen u. s. w.)
gestattet. Das ist das sogenannte jus angariae (oben § 24 III S. 129).
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |