§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.
2. Das in die Hände des Siegers gefallene fremde Staatsver- mögen wird den Zwecken der Kriegführung dienstbar gemacht.
Steuern und Abgaben werden, soweit sie fällig sind, von der besetzenden Gewalt erhoben und für die Verwaltung des Landes verwendet. Bewegliches Staatsgut kann eingezogen werden: so insbesondere Bargeld und Wertpapiere, Waffen, Pferde, Kriegs- material aller Art. Unbewegliches Gut (Gebäude, Wälder, Staats- eisenbahnen, Forste und Domänen) kann von der besetzenden Staats- gewalt mit den einen Nutzniesser bindenden Beschränkungen ge- braucht werden. Alle Rechtsgeschäfte der besetzenden Staatsgewalt, welche diese Schranke missachten, sind völkerrechtswidrig und daher nichtig. Öffentliche Anstalten, die dem Gottesdienst, der Wohlthätigkeit, der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, sind unverletzlich.
3. Das Privateigentum ist im Landkrieg unverletzlich, soweit nicht der Notstand (die necessite de guerre) seine Verletzung recht- fertigt (oben § 40 III S. 222).
Das Beutemachen, Plündern u. s. w. ist völkerrechtswidrig. Gegenstände, die unmittelbar der Kriegführung zu dienen geeignet sind (nicht Bargeld und Wertpapiere, wohl aber das rollende Material der Eisenbahnen, Waffen, Pferde, Kleidungsstücke und Nah- rungsmittel), können gegen Entschädigung, die durch Barzahlung oder durch Anweisung zu leisten ist, enteignet und verwendet werden. Die Bewohner können (ohne Unterschied der Staats- angehörigkeit) zu Requisitionen, d. h. zu Naturalleistungen für Kriegszwecke (Stellung von Pferden und Wagen, Lieferung von Nahrungsmitteln und Kleidung u. s. w.) gegen Entschädigung heran- gezogen werden; an Stelle von nicht gelieferten Leistungen tritt die Zahlung von Strafgeldern. Kontributionen, d. h. ausser- ordentliche Geldleistungen können ihnen nur in dem letzterwähnten Falle, sowie sonst bei dringender Not auferlegt werden. Im Not- fall ist auch, ebenfalls gegen Entschädigung, die Beschlagnahme und Verwendung von Privateigentum (von Wagen, Pferden, Schiffen u. s. w.) gestattet. Das ist das sogenannte jus angariae (oben § 24 III S. 129).
§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.
2. Das in die Hände des Siegers gefallene fremde Staatsver- mögen wird den Zwecken der Kriegführung dienstbar gemacht.
Steuern und Abgaben werden, soweit sie fällig sind, von der besetzenden Gewalt erhoben und für die Verwaltung des Landes verwendet. Bewegliches Staatsgut kann eingezogen werden: so insbesondere Bargeld und Wertpapiere, Waffen, Pferde, Kriegs- material aller Art. Unbewegliches Gut (Gebäude, Wälder, Staats- eisenbahnen, Forste und Domänen) kann von der besetzenden Staats- gewalt mit den einen Nutznieſser bindenden Beschränkungen ge- braucht werden. Alle Rechtsgeschäfte der besetzenden Staatsgewalt, welche diese Schranke miſsachten, sind völkerrechtswidrig und daher nichtig. Öffentliche Anstalten, die dem Gottesdienst, der Wohlthätigkeit, der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, sind unverletzlich.
3. Das Privateigentum ist im Landkrieg unverletzlich, soweit nicht der Notstand (die nécessité de guerre) seine Verletzung recht- fertigt (oben § 40 III S. 222).
Das Beutemachen, Plündern u. s. w. ist völkerrechtswidrig. Gegenstände, die unmittelbar der Kriegführung zu dienen geeignet sind (nicht Bargeld und Wertpapiere, wohl aber das rollende Material der Eisenbahnen, Waffen, Pferde, Kleidungsstücke und Nah- rungsmittel), können gegen Entschädigung, die durch Barzahlung oder durch Anweisung zu leisten ist, enteignet und verwendet werden. Die Bewohner können (ohne Unterschied der Staats- angehörigkeit) zu Requisitionen, d. h. zu Naturalleistungen für Kriegszwecke (Stellung von Pferden und Wagen, Lieferung von Nahrungsmitteln und Kleidung u. s. w.) gegen Entschädigung heran- gezogen werden; an Stelle von nicht gelieferten Leistungen tritt die Zahlung von Strafgeldern. Kontributionen, d. h. auſser- ordentliche Geldleistungen können ihnen nur in dem letzterwähnten Falle, sowie sonst bei dringender Not auferlegt werden. Im Not- fall ist auch, ebenfalls gegen Entschädigung, die Beschlagnahme und Verwendung von Privateigentum (von Wagen, Pferden, Schiffen u. s. w.) gestattet. Das ist das sogenannte jus angariae (oben § 24 III S. 129).
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§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.
2. Das in die Hände des Siegers gefallene fremde Staatsver-
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Steuern und Abgaben werden, soweit sie fällig sind, von
der besetzenden Gewalt erhoben und für die Verwaltung des Landes
verwendet. Bewegliches Staatsgut kann eingezogen werden: so
insbesondere Bargeld und Wertpapiere, Waffen, Pferde, Kriegs-
material aller Art. Unbewegliches Gut (Gebäude, Wälder, Staats-
eisenbahnen, Forste und Domänen) kann von der besetzenden Staats-
gewalt mit den einen Nutznieſser bindenden Beschränkungen ge-
braucht werden. Alle Rechtsgeschäfte der besetzenden Staatsgewalt,
welche diese Schranke miſsachten, sind völkerrechtswidrig und
daher nichtig. Öffentliche Anstalten, die dem Gottesdienst, der
Wohlthätigkeit, der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, sind
unverletzlich.
3. Das Privateigentum ist im Landkrieg unverletzlich, soweit
nicht der Notstand (die nécessité de guerre) seine Verletzung recht-
fertigt (oben § 40 III S. 222).
Das Beutemachen, Plündern u. s. w. ist völkerrechtswidrig.
Gegenstände, die unmittelbar der Kriegführung zu dienen geeignet
sind (nicht Bargeld und Wertpapiere, wohl aber das rollende Material
der Eisenbahnen, Waffen, Pferde, Kleidungsstücke und Nah-
rungsmittel), können gegen Entschädigung, die durch Barzahlung
oder durch Anweisung zu leisten ist, enteignet und verwendet
werden. Die Bewohner können (ohne Unterschied der Staats-
angehörigkeit) zu Requisitionen, d. h. zu Naturalleistungen für
Kriegszwecke (Stellung von Pferden und Wagen, Lieferung von
Nahrungsmitteln und Kleidung u. s. w.) gegen Entschädigung heran-
gezogen werden; an Stelle von nicht gelieferten Leistungen tritt
die Zahlung von Strafgeldern. Kontributionen, d. h. auſser-
ordentliche Geldleistungen können ihnen nur in dem letzterwähnten
Falle, sowie sonst bei dringender Not auferlegt werden. Im Not-
fall ist auch, ebenfalls gegen Entschädigung, die Beschlagnahme und
Verwendung von Privateigentum (von Wagen, Pferden, Schiffen u. s. w.)
gestattet. Das ist das sogenannte jus angariae (oben § 24 III S. 129).
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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/251>, abgerufen am 28.07.2024.
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