1. Wenn in Landesgesetzen auf strafrechtliche Vorschriften, welche durch das StGB. für das deutsche Reich außer Kraft gesetzt sind, verwiesen wird, sei es ausdrücklich, sei es still- schweigend, so treten die entsprechenden Vorschriften des letz- teren an die Stelle der ersteren (EG. §. 3).
Beispiel: An Stelle des §. 268 preuß. StGB., auf welchen Art. IV der Verordnung v. 25. Juni 1867 ver- weist, ist §. 286 RStGB. getreten; vgl. RGR. 13. März 1880, E I 274. -- So werden wir in dem Schweigen der partikularen Nebenstrafgesetze über die allgemeinen Lehren eine Verweisung auf die partikularen StGBücher erblicken können und darum die allgemeinen Bestimmungen des RStGB.'s zur Anwendung zu bringen haben.
2. Vom 1. Januar 1872 (1871) ab darf nur auf die im RStGB. enthaltenen Strafarten erkannt werden. Aus- genommen ist die an Stelle der Gefängnis- oder Geldstrafe angedrohte oder nachgelassene Forst- oder Gemeindearbeit (EG. §. 6).
3. Während die unter 1 und 2 angeführten Beschrän- kungen in gleicher Weise die bisherige wie die künftige Lan- desgesetzgebung treffen, darf, ohne daß die bestehenden Landesgesetze durch diese Anordnung irgendwie berührt werden, in künftigen Landesgesetzen nur Gefängnis bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffentlicher Aemter angedroht werden (EG. §. 5).7
IV. Durch ausdrückliche reichsgesetzliche Anordnung (EG. §. 8) wurde der Landesgesetzgebung das übrigens selbstver- ständliche Recht vorbehalten, durch Uebergangsbestim-
7 Dazu Heinze GS. XXX.
Einleitung. II. Das Strafgeſetz.
1. Wenn in Landesgeſetzen auf ſtrafrechtliche Vorſchriften, welche durch das StGB. für das deutſche Reich außer Kraft geſetzt ſind, verwieſen wird, ſei es ausdrücklich, ſei es ſtill- ſchweigend, ſo treten die entſprechenden Vorſchriften des letz- teren an die Stelle der erſteren (EG. §. 3).
Beiſpiel: An Stelle des §. 268 preuß. StGB., auf welchen Art. IV der Verordnung v. 25. Juni 1867 ver- weiſt, iſt §. 286 RStGB. getreten; vgl. RGR. 13. März 1880, E I 274. — So werden wir in dem Schweigen der partikularen Nebenſtrafgeſetze über die allgemeinen Lehren eine Verweiſung auf die partikularen StGBücher erblicken können und darum die allgemeinen Beſtimmungen des RStGB.’s zur Anwendung zu bringen haben.
2. Vom 1. Januar 1872 (1871) ab darf nur auf die im RStGB. enthaltenen Strafarten erkannt werden. Aus- genommen iſt die an Stelle der Gefängnis- oder Geldſtrafe angedrohte oder nachgelaſſene Forſt- oder Gemeindearbeit (EG. §. 6).
3. Während die unter 1 und 2 angeführten Beſchrän- kungen in gleicher Weiſe die bisherige wie die künftige Lan- desgeſetzgebung treffen, darf, ohne daß die beſtehenden Landesgeſetze durch dieſe Anordnung irgendwie berührt werden, in künftigen Landesgeſetzen nur Gefängnis bis zu zwei Jahren, Haft, Geldſtrafe, Einziehung einzelner Gegenſtände und die Entziehung öffentlicher Aemter angedroht werden (EG. §. 5).7
IV. Durch ausdrückliche reichsgeſetzliche Anordnung (EG. §. 8) wurde der Landesgeſetzgebung das übrigens ſelbſtver- ſtändliche Recht vorbehalten, durch Uebergangsbeſtim-
7 Dazu Heinze GS. XXX.
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Einleitung. II. Das Strafgeſetz.
1. Wenn in Landesgeſetzen auf ſtrafrechtliche Vorſchriften,
welche durch das StGB. für das deutſche Reich außer Kraft
geſetzt ſind, verwieſen wird, ſei es ausdrücklich, ſei es ſtill-
ſchweigend, ſo treten die entſprechenden Vorſchriften des letz-
teren an die Stelle der erſteren (EG. §. 3).
Beiſpiel: An Stelle des §. 268 preuß. StGB., auf
welchen Art. IV der Verordnung v. 25. Juni 1867 ver-
weiſt, iſt §. 286 RStGB. getreten; vgl. RGR. 13. März
1880, E I 274. — So werden wir in dem Schweigen der
partikularen Nebenſtrafgeſetze über die allgemeinen Lehren
eine Verweiſung auf die partikularen StGBücher erblicken
können und darum die allgemeinen Beſtimmungen des
RStGB.’s zur Anwendung zu bringen haben.
2. Vom 1. Januar 1872 (1871) ab darf nur auf die
im RStGB. enthaltenen Strafarten erkannt werden. Aus-
genommen iſt die an Stelle der Gefängnis- oder Geldſtrafe
angedrohte oder nachgelaſſene Forſt- oder Gemeindearbeit
(EG. §. 6).
3. Während die unter 1 und 2 angeführten Beſchrän-
kungen in gleicher Weiſe die bisherige wie die künftige Lan-
desgeſetzgebung treffen, darf, ohne daß die beſtehenden
Landesgeſetze durch dieſe Anordnung irgendwie berührt werden,
in künftigen Landesgeſetzen nur Gefängnis bis zu zwei
Jahren, Haft, Geldſtrafe, Einziehung einzelner Gegenſtände
und die Entziehung öffentlicher Aemter angedroht werden
(EG. §. 5). 7
IV. Durch ausdrückliche reichsgeſetzliche Anordnung (EG.
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ſtändliche Recht vorbehalten, durch Uebergangsbeſtim-
7 Dazu Heinze GS. XXX.
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/72>, abgerufen am 09.11.2024.
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