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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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VI. Die Amtsdelikte. §. 92.
mittelbaren Dienst des Reiches oder eines Bundesstaates; um
vorläufige oder definitive, zeitweilige oder lebenslange An-
stellung handle; ob der Angestellte einen festen Gehalt oder
ausschließlich Gebühren beziehe; ob ein Diensteid geleistet
worden oder nicht.4 Wohl aber rechnet er ausdrücklich, über
unseren Begriff hinausgreifend, auch die Notare zu den
Beamten, ohne Rücksicht auf die landesrechtliche Verschiedenheit
ihrer Stellung. Advokaten und Anwälte, Geschworene,
Schiedsrichter und Schöffen sind keine Beamten, wenn auch
die drei letztgenannten Personen ein Amt im Sinne des Ge-
setzes (StGB. §. 31, Abs. 2) ausüben.5

3. Man teilt die Amtsdelikte ein in eigentliche und
uneigentliche, je nach dem die Beamten-Eigenschaft als
Bedingung der Strafbarkeit (oben §. 30), oder aber als
Strafschärfungsgrund erscheint. Zu den uneigentlichen Amts-
delikten gehören auch die in StGB. §§. 128, 129, 174,
222, 230, 300 behandelten Fälle. Die Einteilung ist von
Wichtigkeit für die Behandlung der Teilnahme dritter Per-
sonen; es sei in dieser Beziehung auf das oben §. 37 III
Gesagte verwiesen.

4. Die im Auslande, sei es von Inländern, sei es
von Ausländern, begangenen Amtsdelikte können ohne weiteres
nach inländischem Rechte verfolgt werden (vgl. oben §. 13 IV).

5. Die Beamtenqualität muß im Augenblicke der That
(oben §. 19 III 1) vorhanden sein (RGR. vom 9. Juli 1880,
R II 181).

6. Neben der wegen einer Reihe von Amtsdelikten (StGB.

4 [Spaltenumbruch] Vgl. RGR. 13. November
1879, R I 64; 19. Januar 1880,
E I 153; 18. März 1880, E I
327, R I 494; 24. Juni 1880,[Spaltenumbruch] R II 109; 1. Juli 1880, E II
189, R II
144.
5 [Spaltenumbruch] Vgl. noch Mil. StGB. §. 145.

VI. Die Amtsdelikte. §. 92.
mittelbaren Dienſt des Reiches oder eines Bundesſtaates; um
vorläufige oder definitive, zeitweilige oder lebenslange An-
ſtellung handle; ob der Angeſtellte einen feſten Gehalt oder
ausſchließlich Gebühren beziehe; ob ein Dienſteid geleiſtet
worden oder nicht.4 Wohl aber rechnet er ausdrücklich, über
unſeren Begriff hinausgreifend, auch die Notare zu den
Beamten, ohne Rückſicht auf die landesrechtliche Verſchiedenheit
ihrer Stellung. Advokaten und Anwälte, Geſchworene,
Schiedsrichter und Schöffen ſind keine Beamten, wenn auch
die drei letztgenannten Perſonen ein Amt im Sinne des Ge-
ſetzes (StGB. §. 31, Abſ. 2) ausüben.5

3. Man teilt die Amtsdelikte ein in eigentliche und
uneigentliche, je nach dem die Beamten-Eigenſchaft als
Bedingung der Strafbarkeit (oben §. 30), oder aber als
Strafſchärfungsgrund erſcheint. Zu den uneigentlichen Amts-
delikten gehören auch die in StGB. §§. 128, 129, 174,
222, 230, 300 behandelten Fälle. Die Einteilung iſt von
Wichtigkeit für die Behandlung der Teilnahme dritter Per-
ſonen; es ſei in dieſer Beziehung auf das oben §. 37 III
Geſagte verwieſen.

4. Die im Auslande, ſei es von Inländern, ſei es
von Ausländern, begangenen Amtsdelikte können ohne weiteres
nach inländiſchem Rechte verfolgt werden (vgl. oben §. 13 IV).

5. Die Beamtenqualität muß im Augenblicke der That
(oben §. 19 III 1) vorhanden ſein (RGR. vom 9. Juli 1880,
R II 181).

6. Neben der wegen einer Reihe von Amtsdelikten (StGB.

4 [Spaltenumbruch] Vgl. RGR. 13. November
1879, R I 64; 19. Januar 1880,
E I 153; 18. März 1880, E I
327, R I 494; 24. Juni 1880,[Spaltenumbruch] R II 109; 1. Juli 1880, E II
189, R II
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5 [Spaltenumbruch] Vgl. noch Mil. StGB. §. 145.
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[379/0405] VI. Die Amtsdelikte. §. 92. mittelbaren Dienſt des Reiches oder eines Bundesſtaates; um vorläufige oder definitive, zeitweilige oder lebenslange An- ſtellung handle; ob der Angeſtellte einen feſten Gehalt oder ausſchließlich Gebühren beziehe; ob ein Dienſteid geleiſtet worden oder nicht. 4 Wohl aber rechnet er ausdrücklich, über unſeren Begriff hinausgreifend, auch die Notare zu den Beamten, ohne Rückſicht auf die landesrechtliche Verſchiedenheit ihrer Stellung. Advokaten und Anwälte, Geſchworene, Schiedsrichter und Schöffen ſind keine Beamten, wenn auch die drei letztgenannten Perſonen ein Amt im Sinne des Ge- ſetzes (StGB. §. 31, Abſ. 2) ausüben. 5 3. Man teilt die Amtsdelikte ein in eigentliche und uneigentliche, je nach dem die Beamten-Eigenſchaft als Bedingung der Strafbarkeit (oben §. 30), oder aber als Strafſchärfungsgrund erſcheint. Zu den uneigentlichen Amts- delikten gehören auch die in StGB. §§. 128, 129, 174, 222, 230, 300 behandelten Fälle. Die Einteilung iſt von Wichtigkeit für die Behandlung der Teilnahme dritter Per- ſonen; es ſei in dieſer Beziehung auf das oben §. 37 III Geſagte verwieſen. 4. Die im Auslande, ſei es von Inländern, ſei es von Ausländern, begangenen Amtsdelikte können ohne weiteres nach inländiſchem Rechte verfolgt werden (vgl. oben §. 13 IV). 5. Die Beamtenqualität muß im Augenblicke der That (oben §. 19 III 1) vorhanden ſein (RGR. vom 9. Juli 1880, R II 181). 6. Neben der wegen einer Reihe von Amtsdelikten (StGB. 4 Vgl. RGR. 13. November 1879, R I 64; 19. Januar 1880, E I 153; 18. März 1880, E I 327, R I 494; 24. Juni 1880, R II 109; 1. Juli 1880, E II 189, R II 144. 5 Vgl. noch Mil. StGB. §. 145.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/405>, abgerufen am 25.11.2024.