(Eltern, Kinder, Ehegatten), daher die Beschränkung des rechtlichen Schutzes auf jene wenigen Generationen, die als im unmittelbaren Zusammenhange mit dem Verstorbenen befindlich betrachtet werden können, die daher durch das Urteil über den Verstorbenen mit berührt werden.
Strafe: Gefängnis bis zu 6 Monaten, bei mildernden Umständen Geldstrafe bis zu 900 Mark.
III. Die allgemeinen Grundsätze über Rechtswidrigkeit und Wegfall derselben (oben §. 22) beanspruchen unein- geschränkte Geltung auch auf dem Gebiete der Beleidigungen. Hatte der Handelnde ein Recht zur Vornahme der Handlung, so liegt eben kein Delikt vor. Der Gesetzgeber wollte diese allgemeine Regel dem Richter gerade hier ins Gedächtnis rufen und zugleich durch Beispiele illustrieren, hat aber gerade dadurch die Praxis vielfach irregeführt. Die hieher gehörigen Bestimmungen sind:
1. StGB. §. 193. Tadelnde Urteile über wissenschaft- liche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, ingleichen Aeußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen9 ge- macht werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorge- setzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Ur- teile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Aeußerung oder aus den Umständen,
[Spaltenumbruch]
kann wohl nicht geleugnet werden, und sie ist es, welche die Fa- milie hier wie sonst zur Kollek- tivpersönlichkeit erhebt.
9[Spaltenumbruch]
Durch den Berechtigten selbst oder durch einen zur Wahrneh-[Spaltenumbruch]
mung derselben berufenen Dritten; vgl. RGR. 24. De- zember 1879, E I 128, R I 171; 22. Januar 1880, R I 260.
Delikte gegen die Ehre. §. 80.
(Eltern, Kinder, Ehegatten), daher die Beſchränkung des rechtlichen Schutzes auf jene wenigen Generationen, die als im unmittelbaren Zuſammenhange mit dem Verſtorbenen befindlich betrachtet werden können, die daher durch das Urteil über den Verſtorbenen mit berührt werden.
Strafe: Gefängnis bis zu 6 Monaten, bei mildernden Umſtänden Geldſtrafe bis zu 900 Mark.
III. Die allgemeinen Grundſätze über Rechtswidrigkeit und Wegfall derſelben (oben §. 22) beanſpruchen unein- geſchränkte Geltung auch auf dem Gebiete der Beleidigungen. Hatte der Handelnde ein Recht zur Vornahme der Handlung, ſo liegt eben kein Delikt vor. Der Geſetzgeber wollte dieſe allgemeine Regel dem Richter gerade hier ins Gedächtnis rufen und zugleich durch Beiſpiele illuſtrieren, hat aber gerade dadurch die Praxis vielfach irregeführt. Die hieher gehörigen Beſtimmungen ſind:
1. StGB. §. 193. Tadelnde Urteile über wiſſenſchaft- liche, künſtleriſche oder gewerbliche Leiſtungen, ingleichen Aeußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Intereſſen9 ge- macht werden, ſowie Vorhaltungen und Rügen der Vorge- ſetzten gegen ihre Untergebenen, dienſtliche Anzeigen oder Ur- teile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle ſind nur inſofern ſtrafbar, als das Vorhandenſein einer Beleidigung aus der Form der Aeußerung oder aus den Umſtänden,
[Spaltenumbruch]
kann wohl nicht geleugnet werden, und ſie iſt es, welche die Fa- milie hier wie ſonſt zur Kollek- tivperſönlichkeit erhebt.
9[Spaltenumbruch]
Durch den Berechtigten ſelbſt oder durch einen zur Wahrneh-[Spaltenumbruch]
mung derſelben berufenen Dritten; vgl. RGR. 24. De- zember 1879, E I 128, R I 171; 22. Januar 1880, R I 260.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0351"n="325"/><fwplace="top"type="header">Delikte gegen die Ehre. §. 80.</fw><lb/>
(Eltern, Kinder, Ehegatten), daher die Beſchränkung des<lb/>
rechtlichen Schutzes auf jene wenigen Generationen, die als<lb/>
im unmittelbaren Zuſammenhange mit dem Verſtorbenen<lb/>
befindlich betrachtet werden können, die daher durch das<lb/>
Urteil über den Verſtorbenen mit berührt werden.</p><lb/><p><hirendition="#g">Strafe</hi>: Gefängnis bis zu 6 Monaten, bei mildernden<lb/>
Umſtänden Geldſtrafe bis zu 900 Mark.</p><lb/><p><hirendition="#aq">III.</hi> Die allgemeinen Grundſätze über <hirendition="#g">Rechtswidrigkeit</hi><lb/>
und Wegfall derſelben (oben §. 22) beanſpruchen unein-<lb/>
geſchränkte Geltung auch auf dem Gebiete der Beleidigungen.<lb/>
Hatte der Handelnde ein Recht zur Vornahme der Handlung,<lb/>ſo liegt eben kein Delikt vor. Der Geſetzgeber wollte dieſe<lb/>
allgemeine Regel dem Richter gerade hier ins Gedächtnis<lb/>
rufen und zugleich durch Beiſpiele illuſtrieren, hat aber gerade<lb/>
dadurch die Praxis vielfach irregeführt. Die hieher gehörigen<lb/>
Beſtimmungen ſind:</p><lb/><p>1. StGB. §. 193. Tadelnde Urteile über wiſſenſchaft-<lb/>
liche, künſtleriſche oder gewerbliche Leiſtungen, ingleichen<lb/>
Aeußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von<lb/>
Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Intereſſen<noteplace="foot"n="9"><cb/>
Durch den Berechtigten ſelbſt<lb/>
oder durch einen zur Wahrneh-<cb/>
mung derſelben <hirendition="#g">berufenen</hi><lb/>
Dritten; vgl. RGR. 24. De-<lb/>
zember 1879, <hirendition="#aq">E I 128, R I</hi><lb/>
171; 22. Januar 1880, <hirendition="#aq">R I</hi><lb/>
260.</note> ge-<lb/>
macht werden, ſowie Vorhaltungen und Rügen der Vorge-<lb/>ſetzten gegen ihre Untergebenen, dienſtliche Anzeigen oder Ur-<lb/>
teile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle ſind <hirendition="#g">nur<lb/>
inſofern ſtrafbar</hi>, als das Vorhandenſein einer Beleidigung<lb/>
aus der Form der Aeußerung oder aus den Umſtänden,<lb/><notexml:id="seg2pn_3_2"prev="#seg2pn_3_1"place="foot"n="8"><cb/>
kann wohl nicht geleugnet werden,<lb/>
und <hirendition="#g">ſie</hi> iſt es, welche die Fa-<lb/>
milie hier wie ſonſt zur Kollek-<lb/>
tivperſönlichkeit erhebt.</note><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[325/0351]
Delikte gegen die Ehre. §. 80.
(Eltern, Kinder, Ehegatten), daher die Beſchränkung des
rechtlichen Schutzes auf jene wenigen Generationen, die als
im unmittelbaren Zuſammenhange mit dem Verſtorbenen
befindlich betrachtet werden können, die daher durch das
Urteil über den Verſtorbenen mit berührt werden.
Strafe: Gefängnis bis zu 6 Monaten, bei mildernden
Umſtänden Geldſtrafe bis zu 900 Mark.
III. Die allgemeinen Grundſätze über Rechtswidrigkeit
und Wegfall derſelben (oben §. 22) beanſpruchen unein-
geſchränkte Geltung auch auf dem Gebiete der Beleidigungen.
Hatte der Handelnde ein Recht zur Vornahme der Handlung,
ſo liegt eben kein Delikt vor. Der Geſetzgeber wollte dieſe
allgemeine Regel dem Richter gerade hier ins Gedächtnis
rufen und zugleich durch Beiſpiele illuſtrieren, hat aber gerade
dadurch die Praxis vielfach irregeführt. Die hieher gehörigen
Beſtimmungen ſind:
1. StGB. §. 193. Tadelnde Urteile über wiſſenſchaft-
liche, künſtleriſche oder gewerbliche Leiſtungen, ingleichen
Aeußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von
Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Intereſſen 9 ge-
macht werden, ſowie Vorhaltungen und Rügen der Vorge-
ſetzten gegen ihre Untergebenen, dienſtliche Anzeigen oder Ur-
teile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle ſind nur
inſofern ſtrafbar, als das Vorhandenſein einer Beleidigung
aus der Form der Aeußerung oder aus den Umſtänden,
8
9
Durch den Berechtigten ſelbſt
oder durch einen zur Wahrneh-
mung derſelben berufenen
Dritten; vgl. RGR. 24. De-
zember 1879, E I 128, R I
171; 22. Januar 1880, R I
260.
8
kann wohl nicht geleugnet werden,
und ſie iſt es, welche die Fa-
milie hier wie ſonſt zur Kollek-
tivperſönlichkeit erhebt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/351>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.