Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
D. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
überhaupt.
1.
§. 73. Der Betrug.1

I. Begriff.

Betrug ist Vermögensbeschädigung in Bereiche-
rungsabsicht, herbeigeführt durch arglistige Er-
regung und Unterhaltung eines Irrtums
. Der zu
Beschädigende handelt selbst, aber ohne sich der Kausalität
seines Thuns bewußt zu sein; juristisch betrachtet (oben
§. 20 III) ist es also nicht der Beschädigte, der sich selbst,
sondern der Täuschende, der einem Anderen die Beschädigung
zufügt. Die Merkmale des Betrugsbegriffes bedürfen der
näheren Erläuterung.

1. Die arglistige Täuschung besteht in der Vorspiege-
lung falscher oder in der Entstellung oder Unter-
drückung wahrer Thatsachen
als Mittel zur Erregung
und Unterhaltung des Irrtums.

Thatsache ist Alles, was der Gegenwart oder Ver-
gangenheit, nicht aber was der Zukunft angehört; Vorgänge
der Außenwelt und im Inneren des Täuschenden, physische
wie psychische Thatsachen stehen einander gleich.2 Auch Täu-
schung über Ansichten und Absichten des Thäters, nicht aber

1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 498
Note 1. Dazu Zimmermann
GS. XXIX. Merkel HR.
"Betrug".
2 [Spaltenumbruch] Sehr bestritten. Die rich-[Spaltenumbruch] tige Ansicht vertritt: RGR.
24. Januar 1880, R I 272;
8. März 1880, E I 305; 3. April
1880, R I 535; 10. August
1880, R II 54.
Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
D. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
überhaupt.
1.
§. 73. Der Betrug.1

I. Begriff.

Betrug iſt Vermögensbeſchädigung in Bereiche-
rungsabſicht, herbeigeführt durch argliſtige Er-
regung und Unterhaltung eines Irrtums
. Der zu
Beſchädigende handelt ſelbſt, aber ohne ſich der Kauſalität
ſeines Thuns bewußt zu ſein; juriſtiſch betrachtet (oben
§. 20 III) iſt es alſo nicht der Beſchädigte, der ſich ſelbſt,
ſondern der Täuſchende, der einem Anderen die Beſchädigung
zufügt. Die Merkmale des Betrugsbegriffes bedürfen der
näheren Erläuterung.

1. Die argliſtige Täuſchung beſteht in der Vorſpiege-
lung falſcher oder in der Entſtellung oder Unter-
drückung wahrer Thatſachen
als Mittel zur Erregung
und Unterhaltung des Irrtums.

Thatſache iſt Alles, was der Gegenwart oder Ver-
gangenheit, nicht aber was der Zukunft angehört; Vorgänge
der Außenwelt und im Inneren des Täuſchenden, phyſiſche
wie pſychiſche Thatſachen ſtehen einander gleich.2 Auch Täu-
ſchung über Anſichten und Abſichten des Thäters, nicht aber

1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 498
Note 1. Dazu Zimmermann
GS. XXIX. Merkel HR.
„Betrug“.
2 [Spaltenumbruch] Sehr beſtritten. Die rich-[Spaltenumbruch] tige Anſicht vertritt: RGR.
24. Januar 1880, R I 272;
8. März 1880, E I 305; 3. April
1880, R I 535; 10. Auguſt
1880, R II 54.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0316" n="290"/>
            <fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Buch. <hi rendition="#aq">III.</hi> Delikte gegen das Vermögen.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">D.</hi> Strafbare Handlungen gegen das Vermögen<lb/>
überhaupt.</hi> </head><lb/>
              <div n="5">
                <head>1.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b">§. 73. Der Betrug.</hi> <note place="foot" n="1"><cb/>
Lit. bei <hi rendition="#g">Meyer</hi> S. 498<lb/>
Note 1. Dazu <hi rendition="#g">Zimmermann</hi><lb/>
GS. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> <hi rendition="#g">Merkel</hi> HR.<lb/>
&#x201E;Betrug&#x201C;.</note>
                  </head><lb/>
                  <p><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Begriff</hi>.</p><lb/>
                  <p>Betrug i&#x017F;t <hi rendition="#g">Vermögensbe&#x017F;chädigung in Bereiche-<lb/>
rungsab&#x017F;icht, herbeigeführt durch argli&#x017F;tige Er-<lb/>
regung und Unterhaltung eines Irrtums</hi>. Der zu<lb/>
Be&#x017F;chädigende handelt &#x017F;elb&#x017F;t, aber ohne &#x017F;ich der Kau&#x017F;alität<lb/>
&#x017F;eines Thuns bewußt zu &#x017F;ein; juri&#x017F;ti&#x017F;ch betrachtet (oben<lb/>
§. 20 <hi rendition="#aq">III</hi>) i&#x017F;t es al&#x017F;o nicht der Be&#x017F;chädigte, der &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;ondern der Täu&#x017F;chende, der einem Anderen die Be&#x017F;chädigung<lb/>
zufügt. Die Merkmale des Betrugsbegriffes bedürfen der<lb/>
näheren Erläuterung.</p><lb/>
                  <p>1. Die <hi rendition="#g">argli&#x017F;tige</hi> Täu&#x017F;chung be&#x017F;teht in der <hi rendition="#g">Vor&#x017F;piege-<lb/>
lung fal&#x017F;cher oder in der Ent&#x017F;tellung oder Unter-<lb/>
drückung wahrer That&#x017F;achen</hi> als Mittel zur Erregung<lb/>
und Unterhaltung des Irrtums.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">That&#x017F;ache</hi> i&#x017F;t Alles, was der Gegenwart oder Ver-<lb/>
gangenheit, nicht aber was der Zukunft angehört; Vorgänge<lb/>
der Außenwelt und im Inneren des Täu&#x017F;chenden, phy&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
wie p&#x017F;ychi&#x017F;che That&#x017F;achen &#x017F;tehen einander gleich.<note place="foot" n="2"><cb/>
Sehr be&#x017F;tritten. Die rich-<cb/>
tige An&#x017F;icht vertritt: RGR.<lb/>
24. Januar 1880, <hi rendition="#aq">R I</hi> 272;<lb/>
8. März 1880, <hi rendition="#aq">E I</hi> 305; 3. April<lb/>
1880, <hi rendition="#aq">R I</hi> 535; 10. Augu&#x017F;t<lb/>
1880, <hi rendition="#aq">R II</hi> 54.</note> Auch Täu-<lb/>
&#x017F;chung über <hi rendition="#g">An&#x017F;</hi>ichten und <hi rendition="#g">Ab&#x017F;</hi>ichten des Thäters, nicht aber<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0316] Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen. D. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen überhaupt. 1. §. 73. Der Betrug. 1 I. Begriff. Betrug iſt Vermögensbeſchädigung in Bereiche- rungsabſicht, herbeigeführt durch argliſtige Er- regung und Unterhaltung eines Irrtums. Der zu Beſchädigende handelt ſelbſt, aber ohne ſich der Kauſalität ſeines Thuns bewußt zu ſein; juriſtiſch betrachtet (oben §. 20 III) iſt es alſo nicht der Beſchädigte, der ſich ſelbſt, ſondern der Täuſchende, der einem Anderen die Beſchädigung zufügt. Die Merkmale des Betrugsbegriffes bedürfen der näheren Erläuterung. 1. Die argliſtige Täuſchung beſteht in der Vorſpiege- lung falſcher oder in der Entſtellung oder Unter- drückung wahrer Thatſachen als Mittel zur Erregung und Unterhaltung des Irrtums. Thatſache iſt Alles, was der Gegenwart oder Ver- gangenheit, nicht aber was der Zukunft angehört; Vorgänge der Außenwelt und im Inneren des Täuſchenden, phyſiſche wie pſychiſche Thatſachen ſtehen einander gleich. 2 Auch Täu- ſchung über Anſichten und Abſichten des Thäters, nicht aber 1 Lit. bei Meyer S. 498 Note 1. Dazu Zimmermann GS. XXIX. Merkel HR. „Betrug“. 2 Sehr beſtritten. Die rich- tige Anſicht vertritt: RGR. 24. Januar 1880, R I 272; 8. März 1880, E I 305; 3. April 1880, R I 535; 10. Auguſt 1880, R II 54.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/316
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/316>, abgerufen am 21.11.2024.