Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
Sachen, die sich in umschlossenen Räumen befinden; erst mit
der Ergreifung von Vieh auf der Weide, geschlagenem Holz
im Forste; mit dem Ausstrecken der Hand, wenn damit schon
die Herrschaft des Eigentümers beeinträchtigt wird11 usw.

6. Beim Diebstahl bildet die Verletzung des einen Rechts-
gutes -- des Gewahrsams -- das Mittel zur Verletzung
des anderen: des Eigentums. Halten wir an dem theoretischen
Begriffe des Diebstahls fest (oben unter 1), so erscheinen
Eigentümer wie Gewahrsams-Inhaber als Verletzte im
Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauchs. Verletzter im tech-
nischen Sinne des Wortes (oben §. 31 III 1) aber ist nur
der Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsgutes: mithin
der Gewahrsams-Inhaber.12 Noch sicherer ist dieses
Resultat von dem Standpunkte des positiven Rechtes aus,
welches die Verletzung des Gewahrsams so sehr in den
Vordergrund stellt, daß es sogar die bloß beabsichtigte
Eigentumsverletzung zum Begriffe des Diebstahls genügen
läßt. Eine wichtige Anwendung dieses Satzes siehe unten.

II. Arten des Diebstahls.

1. Einfacher Diebstahl (StGB. §. 242). Strafe:
Gefängnis.

2. Qualifizierter Diebstahl (StGB. §. 243) in
folgenden Fällen:

a) Wenn aus einem zum Gottesdienste bestimmten
Gebäude Gegenstände gestohlen werden, welche dem
Gottesdienste gewidmet sind.
11 [Spaltenumbruch] Vgl. den Fall bei RGR.
9. Juli 1880, R II 142 (in
der Begründung wohl zu weit
gehend).
12 [Spaltenumbruch] Vgl. GA. XXV S. 177.
Damit sei das oben §. 31 III
1 b
Gesagte berichtigt.

Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
Sachen, die ſich in umſchloſſenen Räumen befinden; erſt mit
der Ergreifung von Vieh auf der Weide, geſchlagenem Holz
im Forſte; mit dem Ausſtrecken der Hand, wenn damit ſchon
die Herrſchaft des Eigentümers beeinträchtigt wird11 uſw.

6. Beim Diebſtahl bildet die Verletzung des einen Rechts-
gutes — des Gewahrſams — das Mittel zur Verletzung
des anderen: des Eigentums. Halten wir an dem theoretiſchen
Begriffe des Diebſtahls feſt (oben unter 1), ſo erſcheinen
Eigentümer wie Gewahrſams-Inhaber als Verletzte im
Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauchs. Verletzter im tech-
niſchen Sinne des Wortes (oben §. 31 III 1) aber iſt nur
der Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsgutes: mithin
der Gewahrſams-Inhaber.12 Noch ſicherer iſt dieſes
Reſultat von dem Standpunkte des poſitiven Rechtes aus,
welches die Verletzung des Gewahrſams ſo ſehr in den
Vordergrund ſtellt, daß es ſogar die bloß beabſichtigte
Eigentumsverletzung zum Begriffe des Diebſtahls genügen
läßt. Eine wichtige Anwendung dieſes Satzes ſiehe unten.

II. Arten des Diebſtahls.

1. Einfacher Diebſtahl (StGB. §. 242). Strafe:
Gefängnis.

2. Qualifizierter Diebſtahl (StGB. §. 243) in
folgenden Fällen:

a) Wenn aus einem zum Gottesdienſte beſtimmten
Gebäude Gegenſtände geſtohlen werden, welche dem
Gottesdienſte gewidmet ſind.
11 [Spaltenumbruch] Vgl. den Fall bei RGR.
9. Juli 1880, R II 142 (in
der Begründung wohl zu weit
gehend).
12 [Spaltenumbruch] Vgl. GA. XXV S. 177.
Damit ſei das oben §. 31 III
1 b
Geſagte berichtigt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0286" n="260"/><fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Buch. <hi rendition="#aq">III.</hi> Delikte gegen das Vermögen.</fw><lb/>
Sachen, die &#x017F;ich in um&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Räumen befinden; er&#x017F;t mit<lb/>
der Ergreifung von Vieh auf der Weide, ge&#x017F;chlagenem Holz<lb/>
im For&#x017F;te; mit dem Aus&#x017F;trecken der Hand, wenn damit &#x017F;chon<lb/>
die Herr&#x017F;chaft des Eigentümers beeinträchtigt wird<note place="foot" n="11"><cb/>
Vgl. den Fall bei RGR.<lb/>
9. Juli 1880, <hi rendition="#aq">R II</hi> 142 (in<lb/>
der Begründung wohl zu weit<lb/>
gehend).</note> u&#x017F;w.</p><lb/>
                  <p>6. Beim Dieb&#x017F;tahl bildet die Verletzung des einen Rechts-<lb/>
gutes &#x2014; des Gewahr&#x017F;ams &#x2014; das Mittel zur Verletzung<lb/>
des anderen: des Eigentums. Halten wir an dem theoreti&#x017F;chen<lb/>
Begriffe des Dieb&#x017F;tahls fe&#x017F;t (oben unter 1), &#x017F;o er&#x017F;cheinen<lb/>
Eigentümer wie Gewahr&#x017F;ams-Inhaber als Verletzte im<lb/>
Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauchs. Verletzter im tech-<lb/>
ni&#x017F;chen Sinne des Wortes (oben §. 31 <hi rendition="#aq">III</hi> 1) aber i&#x017F;t nur<lb/>
der Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsgutes: mithin<lb/>
der <hi rendition="#g">Gewahr&#x017F;ams-Inhaber</hi>.<note place="foot" n="12"><cb/>
Vgl. GA. <hi rendition="#aq">XXV</hi> S. 177.<lb/>
Damit &#x017F;ei das oben §. 31 <hi rendition="#aq">III<lb/>
1 b</hi> Ge&#x017F;agte berichtigt.</note> Noch &#x017F;icherer i&#x017F;t die&#x017F;es<lb/>
Re&#x017F;ultat von dem Standpunkte des po&#x017F;itiven Rechtes aus,<lb/>
welches die Verletzung des Gewahr&#x017F;ams &#x017F;o &#x017F;ehr in den<lb/>
Vordergrund &#x017F;tellt, daß es &#x017F;ogar die bloß beab&#x017F;ichtigte<lb/>
Eigentumsverletzung zum Begriffe des Dieb&#x017F;tahls genügen<lb/>
läßt. Eine wichtige Anwendung die&#x017F;es Satzes &#x017F;iehe unten.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Arten des Dieb&#x017F;tahls</hi>.</p><lb/>
                  <p>1. <hi rendition="#g">Einfacher Dieb&#x017F;tahl</hi> (StGB. §. 242). Strafe:<lb/>
Gefängnis.</p><lb/>
                  <p>2. <hi rendition="#g">Qualifizierter Dieb&#x017F;tahl</hi> (StGB. §. 243) in<lb/>
folgenden Fällen:</p><lb/>
                  <list>
                    <item><hi rendition="#aq">a</hi>) Wenn aus einem zum <hi rendition="#g">Gottesdien&#x017F;te</hi> be&#x017F;timmten<lb/>
Gebäude Gegen&#x017F;tände ge&#x017F;tohlen werden, welche dem<lb/><hi rendition="#g">Gottesdien&#x017F;te</hi> gewidmet &#x017F;ind.</item>
                  </list><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0286] Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen. Sachen, die ſich in umſchloſſenen Räumen befinden; erſt mit der Ergreifung von Vieh auf der Weide, geſchlagenem Holz im Forſte; mit dem Ausſtrecken der Hand, wenn damit ſchon die Herrſchaft des Eigentümers beeinträchtigt wird 11 uſw. 6. Beim Diebſtahl bildet die Verletzung des einen Rechts- gutes — des Gewahrſams — das Mittel zur Verletzung des anderen: des Eigentums. Halten wir an dem theoretiſchen Begriffe des Diebſtahls feſt (oben unter 1), ſo erſcheinen Eigentümer wie Gewahrſams-Inhaber als Verletzte im Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauchs. Verletzter im tech- niſchen Sinne des Wortes (oben §. 31 III 1) aber iſt nur der Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsgutes: mithin der Gewahrſams-Inhaber. 12 Noch ſicherer iſt dieſes Reſultat von dem Standpunkte des poſitiven Rechtes aus, welches die Verletzung des Gewahrſams ſo ſehr in den Vordergrund ſtellt, daß es ſogar die bloß beabſichtigte Eigentumsverletzung zum Begriffe des Diebſtahls genügen läßt. Eine wichtige Anwendung dieſes Satzes ſiehe unten. II. Arten des Diebſtahls. 1. Einfacher Diebſtahl (StGB. §. 242). Strafe: Gefängnis. 2. Qualifizierter Diebſtahl (StGB. §. 243) in folgenden Fällen: a) Wenn aus einem zum Gottesdienſte beſtimmten Gebäude Gegenſtände geſtohlen werden, welche dem Gottesdienſte gewidmet ſind. 11 Vgl. den Fall bei RGR. 9. Juli 1880, R II 142 (in der Begründung wohl zu weit gehend). 12 Vgl. GA. XXV S. 177. Damit ſei das oben §. 31 III 1 b Geſagte berichtigt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/286
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/286>, abgerufen am 24.11.2024.