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List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.

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gerathen dürften. Da bei dergleichen Geld-Compagnien der Einfluß auf die verschiedenen Wahlen der Gesellschaft in der Regel nach dem Geldgewicht sich bestimmt, und da der Einfluß auf der Börse sich nach dem gleichen Maßstab regulirt, so ist auf Plätzen, wo der Werth, oder der allgemeine Einfluß des Mannes überhaupt mit seinem Reichthum in gleichem Verhältniß steht, von der Controle des Publicums wenig für die Abhülfe der erwähnten Übelstände zu erwarten. Auch ist die Zahl der Actionaire zu groß, als daß der Einzelne sich besonders berufen fühlen könnte, den Censor zu machen, zumal wenn er sieht, wie sehr er sich durch seine Controle mit der Geldmacht verfeinden würde, deren Wohlwollen zu verscherzen er schon aus allgemeinen Geschäftsrücksichten Bedenken tragen muß. Kürzer ist es, er spielt a la baisse, und dann ist es sein Vortheil, daß die Sachen schlecht gehen.

Von der Fähigkeit der Compagnieen, zweckmäßige Tracte auszusuchen, sind die neueren Eisenbahn-Projecte zwischen Berlin, Magdeburg, Halle, Leipzig und Dresden nicht eben sehr günstige Beweise. Von Berlin aus projectirt man eine Eisenbahn über Potsdam und Wittenberg nach Halle und eine zweite nach Risa. Von Magdeburg aus ist ferner eine Eisenbahn über Halle nach Leipzig projectirt. Hier haben wir drei Eisenbahnprojecte zur Verbindung jener 5 Städte, die leipzig-dresdener Bahn nicht gerechnet, mit einer Länge von ungefähr 60 deutschen Meilen. Da aber damit eine Verbindung zwischen Berlin und Magdeburg, welche doch für die preußische Regierung von der höchsten Wichtigkeit sein muß, noch nicht hergestellt ist, so sind für diese Linie noch weitere 16 Meilen hinzuzurechnen. Die ganze Länge dieser 4 Tracte beträgt also ungefähr 76 Meilen. Wenn man nun die Karte vor sich nimmt, und von Berlin aus eine Linie über Potsdam bis Roßlau bei Dessau, und dann von Magdeburg aus eine gleiche Linie nach demselben Punkt zieht, wenn man diese gemeinschaftliche Linie in südlicher Richtung bis Landsberg fortführt und dort nach Halle und Leipzig verzweigen läßt, so ist eine vollkommene Eisenbahnverbindung zwischen allen genannten Städten hergestellt, deren ganze Länge kaum die Hälfte der Länge aller oben angegebenen Linien beträgt. Bei der durchgängigen Fläche des Terrains stellt dasselbe der Ausführung dieser Verbindungsweise keine Schwierigkeiten in den Weg, vielmehr sind sie viel geringer als auf den oben angegebenen Tracten, indem eine Brücke über die Elbe bei Dessau bereits gebaut ist, und dagegen eine Menge anderer Brücken wegfallen. Die Verlängerung der Linien zwischen den verschiedenen Städten durch die sich bildenden Winkel ist nur zwischen Berlin und Magdeburg bedeutend; diese aber kann durch Abschneidung des Winkels bei Roßlau vermittelst einer ungefähr zwei Meilen langen Verbindungsstrecke auf ein Geringes reducirt werden. Dagegen werden die sämmtlichen Anlage-, Reparatur- und Unterhaltungskosten auf die Hälfte reducirt. Von welchem unermeßlichen Belang ist aber eine solche Reduction bei Unternehmungen,

gerathen dürften. Da bei dergleichen Geld-Compagnien der Einfluß auf die verschiedenen Wahlen der Gesellschaft in der Regel nach dem Geldgewicht sich bestimmt, und da der Einfluß auf der Börse sich nach dem gleichen Maßstab regulirt, so ist auf Plätzen, wo der Werth, oder der allgemeine Einfluß des Mannes überhaupt mit seinem Reichthum in gleichem Verhältniß steht, von der Controle des Publicums wenig für die Abhülfe der erwähnten Übelstände zu erwarten. Auch ist die Zahl der Actionaire zu groß, als daß der Einzelne sich besonders berufen fühlen könnte, den Censor zu machen, zumal wenn er sieht, wie sehr er sich durch seine Controle mit der Geldmacht verfeinden würde, deren Wohlwollen zu verscherzen er schon aus allgemeinen Geschäftsrücksichten Bedenken tragen muß. Kürzer ist es, er spielt à la baisse, und dann ist es sein Vortheil, daß die Sachen schlecht gehen.

Von der Fähigkeit der Compagnieen, zweckmäßige Tracte auszusuchen, sind die neueren Eisenbahn-Projecte zwischen Berlin, Magdeburg, Halle, Leipzig und Dresden nicht eben sehr günstige Beweise. Von Berlin aus projectirt man eine Eisenbahn über Potsdam und Wittenberg nach Halle und eine zweite nach Risa. Von Magdeburg aus ist ferner eine Eisenbahn über Halle nach Leipzig projectirt. Hier haben wir drei Eisenbahnprojecte zur Verbindung jener 5 Städte, die leipzig-dresdener Bahn nicht gerechnet, mit einer Länge von ungefähr 60 deutschen Meilen. Da aber damit eine Verbindung zwischen Berlin und Magdeburg, welche doch für die preußische Regierung von der höchsten Wichtigkeit sein muß, noch nicht hergestellt ist, so sind für diese Linie noch weitere 16 Meilen hinzuzurechnen. Die ganze Länge dieser 4 Tracte beträgt also ungefähr 76 Meilen. Wenn man nun die Karte vor sich nimmt, und von Berlin aus eine Linie über Potsdam bis Roßlau bei Dessau, und dann von Magdeburg aus eine gleiche Linie nach demselben Punkt zieht, wenn man diese gemeinschaftliche Linie in südlicher Richtung bis Landsberg fortführt und dort nach Halle und Leipzig verzweigen läßt, so ist eine vollkommene Eisenbahnverbindung zwischen allen genannten Städten hergestellt, deren ganze Länge kaum die Hälfte der Länge aller oben angegebenen Linien beträgt. Bei der durchgängigen Fläche des Terrains stellt dasselbe der Ausführung dieser Verbindungsweise keine Schwierigkeiten in den Weg, vielmehr sind sie viel geringer als auf den oben angegebenen Tracten, indem eine Brücke über die Elbe bei Dessau bereits gebaut ist, und dagegen eine Menge anderer Brücken wegfallen. Die Verlängerung der Linien zwischen den verschiedenen Städten durch die sich bildenden Winkel ist nur zwischen Berlin und Magdeburg bedeutend; diese aber kann durch Abschneidung des Winkels bei Roßlau vermittelst einer ungefähr zwei Meilen langen Verbindungsstrecke auf ein Geringes reducirt werden. Dagegen werden die sämmtlichen Anlage-, Reparatur- und Unterhaltungskosten auf die Hälfte reducirt. Von welchem unermeßlichen Belang ist aber eine solche Reduction bei Unternehmungen,

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[43/0044] gerathen dürften. Da bei dergleichen Geld-Compagnien der Einfluß auf die verschiedenen Wahlen der Gesellschaft in der Regel nach dem Geldgewicht sich bestimmt, und da der Einfluß auf der Börse sich nach dem gleichen Maßstab regulirt, so ist auf Plätzen, wo der Werth, oder der allgemeine Einfluß des Mannes überhaupt mit seinem Reichthum in gleichem Verhältniß steht, von der Controle des Publicums wenig für die Abhülfe der erwähnten Übelstände zu erwarten. Auch ist die Zahl der Actionaire zu groß, als daß der Einzelne sich besonders berufen fühlen könnte, den Censor zu machen, zumal wenn er sieht, wie sehr er sich durch seine Controle mit der Geldmacht verfeinden würde, deren Wohlwollen zu verscherzen er schon aus allgemeinen Geschäftsrücksichten Bedenken tragen muß. Kürzer ist es, er spielt à la baisse, und dann ist es sein Vortheil, daß die Sachen schlecht gehen. Von der Fähigkeit der Compagnieen, zweckmäßige Tracte auszusuchen, sind die neueren Eisenbahn-Projecte zwischen Berlin, Magdeburg, Halle, Leipzig und Dresden nicht eben sehr günstige Beweise. Von Berlin aus projectirt man eine Eisenbahn über Potsdam und Wittenberg nach Halle und eine zweite nach Risa. Von Magdeburg aus ist ferner eine Eisenbahn über Halle nach Leipzig projectirt. Hier haben wir drei Eisenbahnprojecte zur Verbindung jener 5 Städte, die leipzig-dresdener Bahn nicht gerechnet, mit einer Länge von ungefähr 60 deutschen Meilen. Da aber damit eine Verbindung zwischen Berlin und Magdeburg, welche doch für die preußische Regierung von der höchsten Wichtigkeit sein muß, noch nicht hergestellt ist, so sind für diese Linie noch weitere 16 Meilen hinzuzurechnen. Die ganze Länge dieser 4 Tracte beträgt also ungefähr 76 Meilen. Wenn man nun die Karte vor sich nimmt, und von Berlin aus eine Linie über Potsdam bis Roßlau bei Dessau, und dann von Magdeburg aus eine gleiche Linie nach demselben Punkt zieht, wenn man diese gemeinschaftliche Linie in südlicher Richtung bis Landsberg fortführt und dort nach Halle und Leipzig verzweigen läßt, so ist eine vollkommene Eisenbahnverbindung zwischen allen genannten Städten hergestellt, deren ganze Länge kaum die Hälfte der Länge aller oben angegebenen Linien beträgt. Bei der durchgängigen Fläche des Terrains stellt dasselbe der Ausführung dieser Verbindungsweise keine Schwierigkeiten in den Weg, vielmehr sind sie viel geringer als auf den oben angegebenen Tracten, indem eine Brücke über die Elbe bei Dessau bereits gebaut ist, und dagegen eine Menge anderer Brücken wegfallen. Die Verlängerung der Linien zwischen den verschiedenen Städten durch die sich bildenden Winkel ist nur zwischen Berlin und Magdeburg bedeutend; diese aber kann durch Abschneidung des Winkels bei Roßlau vermittelst einer ungefähr zwei Meilen langen Verbindungsstrecke auf ein Geringes reducirt werden. Dagegen werden die sämmtlichen Anlage-, Reparatur- und Unterhaltungskosten auf die Hälfte reducirt. Von welchem unermeßlichen Belang ist aber eine solche Reduction bei Unternehmungen,

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Zitationshilfe: List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/44>, abgerufen am 28.03.2024.