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List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.

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und Baiern ab. Diese werden aber jedenfalls durch die Fortschritte der benachbarten deutschen Staaten und der außerdeutschen Nachbarn zu Fortschritten veranlaßt oder genöthigt.

Belgien hat durch seine Verbesserungen Preußen veranlaßt, durch die Anlegung der Bahn von Cöln nach Aachen und Eupen seinen Rheinprovinzen einen zweiten Weg nach der See zu eröffnen.

Wenn Frankreich Paris mit Brüssel und dadurch mit Aachen und Cöln - sodann auf einer andern Route Paris mit Metz und dem Ober-Rhein in Eisenbahn-Verbindung setzt, so wird dadurch Preußen schon aus militärischen Gründen veranlaßt, die Rhein-Weser Bahn möglichst schnell herzustellen und sie über Hannover, Braunschweig und Magdeburg bis Berlin fortsetzen, sowie in südlicher Richtung Berlin mit Frankfurt zu verbinden.

Baut Frankreich eine Eisenbahn auf dem linken Rheinufer bis Basel, so ist das Großherzogthum Baden genöthigt, Manheim mit Basel in Verbindung zu setzen.

Durch diese Unternehmung werden Würtemberg und Baiern genöthigt, mit Baden in Concurrenz zu treten, und das Großherzogthum Hessen wird veranlaßt, sich an die badische Unternehmung anzuschließen.

Ob das Kurfürstenthum Hessen die großherzoglich-hessische Bahn über Cassel nach der Weser zuerst fortsetzt, oder ob Baiern sich zuerst mit Sachsen und Preußen verständigt, Donau, Main und Elbe miteinander in Verbindung zu setzen, die eine dieser Unternehmungen wird jedenfalls die andere als nothwendige Concurrenz in's Leben rufen.

Wenn selbst Holland trotz seiner übertriebenen Vorliebe für den Canal-Transport genöthigt ist, dem Geiste der Zeit zu folgen; wenn Belgien, begünstigt durch seine Eisenbahn-Verbindung mit Cöln, sich dem Ober-Rhein als wohlfeiler Spediteur empfiehlt; wenn die Elbe mit dem Main und der Donau in Eisenbahn-Verbindung gesetzt sein wird, so muß auch Hannover ein vollständiges Eisenbahnsystem so schnell als möglich zur Ausführung bringen.

Man ersieht hieraus, daß, wo die Natur der Dinge zu Fortschritten auffordert, Verzögerungen nur schädlich wirken können.

Wir haben in Beziehung auf Herstellung von Transport-Systemen auf Staatskosten oben das Beispiel Belgiens und mehrerer nordamerikanischer Staaten als nachahmungswerth empfohlen; bei den deutschen Staaten tritt aber zu Empfehlung dieser Maßregel noch ein neuer sehr bedeutender Grund hinzu.

Alle deutschen Staaten sind reiche Domainen-Besitzer; dieser Besitz aber verpflichtet sie aus doppeltem Grunde mehr als andere Staaten, die blos von Steuern leben, zu Übernahme der speciellen Sorge für die Herstellung und Verbesserung der Transport-Systeme

und Baiern ab. Diese werden aber jedenfalls durch die Fortschritte der benachbarten deutschen Staaten und der außerdeutschen Nachbarn zu Fortschritten veranlaßt oder genöthigt.

Belgien hat durch seine Verbesserungen Preußen veranlaßt, durch die Anlegung der Bahn von Cöln nach Aachen und Eupen seinen Rheinprovinzen einen zweiten Weg nach der See zu eröffnen.

Wenn Frankreich Paris mit Brüssel und dadurch mit Aachen und Cöln – sodann auf einer andern Route Paris mit Metz und dem Ober-Rhein in Eisenbahn-Verbindung setzt, so wird dadurch Preußen schon aus militärischen Gründen veranlaßt, die Rhein-Weser Bahn möglichst schnell herzustellen und sie über Hannover, Braunschweig und Magdeburg bis Berlin fortsetzen, sowie in südlicher Richtung Berlin mit Frankfurt zu verbinden.

Baut Frankreich eine Eisenbahn auf dem linken Rheinufer bis Basel, so ist das Großherzogthum Baden genöthigt, Manheim mit Basel in Verbindung zu setzen.

Durch diese Unternehmung werden Würtemberg und Baiern genöthigt, mit Baden in Concurrenz zu treten, und das Großherzogthum Hessen wird veranlaßt, sich an die badische Unternehmung anzuschließen.

Ob das Kurfürstenthum Hessen die großherzoglich-hessische Bahn über Cassel nach der Weser zuerst fortsetzt, oder ob Baiern sich zuerst mit Sachsen und Preußen verständigt, Donau, Main und Elbe miteinander in Verbindung zu setzen, die eine dieser Unternehmungen wird jedenfalls die andere als nothwendige Concurrenz in’s Leben rufen.

Wenn selbst Holland trotz seiner übertriebenen Vorliebe für den Canal-Transport genöthigt ist, dem Geiste der Zeit zu folgen; wenn Belgien, begünstigt durch seine Eisenbahn-Verbindung mit Cöln, sich dem Ober-Rhein als wohlfeiler Spediteur empfiehlt; wenn die Elbe mit dem Main und der Donau in Eisenbahn-Verbindung gesetzt sein wird, so muß auch Hannover ein vollständiges Eisenbahnsystem so schnell als möglich zur Ausführung bringen.

Man ersieht hieraus, daß, wo die Natur der Dinge zu Fortschritten auffordert, Verzögerungen nur schädlich wirken können.

Wir haben in Beziehung auf Herstellung von Transport-Systemen auf Staatskosten oben das Beispiel Belgiens und mehrerer nordamerikanischer Staaten als nachahmungswerth empfohlen; bei den deutschen Staaten tritt aber zu Empfehlung dieser Maßregel noch ein neuer sehr bedeutender Grund hinzu.

Alle deutschen Staaten sind reiche Domainen-Besitzer; dieser Besitz aber verpflichtet sie aus doppeltem Grunde mehr als andere Staaten, die blos von Steuern leben, zu Übernahme der speciellen Sorge für die Herstellung und Verbesserung der Transport-Systeme

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[110/0111] und Baiern ab. Diese werden aber jedenfalls durch die Fortschritte der benachbarten deutschen Staaten und der außerdeutschen Nachbarn zu Fortschritten veranlaßt oder genöthigt. Belgien hat durch seine Verbesserungen Preußen veranlaßt, durch die Anlegung der Bahn von Cöln nach Aachen und Eupen seinen Rheinprovinzen einen zweiten Weg nach der See zu eröffnen. Wenn Frankreich Paris mit Brüssel und dadurch mit Aachen und Cöln – sodann auf einer andern Route Paris mit Metz und dem Ober-Rhein in Eisenbahn-Verbindung setzt, so wird dadurch Preußen schon aus militärischen Gründen veranlaßt, die Rhein-Weser Bahn möglichst schnell herzustellen und sie über Hannover, Braunschweig und Magdeburg bis Berlin fortsetzen, sowie in südlicher Richtung Berlin mit Frankfurt zu verbinden. Baut Frankreich eine Eisenbahn auf dem linken Rheinufer bis Basel, so ist das Großherzogthum Baden genöthigt, Manheim mit Basel in Verbindung zu setzen. Durch diese Unternehmung werden Würtemberg und Baiern genöthigt, mit Baden in Concurrenz zu treten, und das Großherzogthum Hessen wird veranlaßt, sich an die badische Unternehmung anzuschließen. Ob das Kurfürstenthum Hessen die großherzoglich-hessische Bahn über Cassel nach der Weser zuerst fortsetzt, oder ob Baiern sich zuerst mit Sachsen und Preußen verständigt, Donau, Main und Elbe miteinander in Verbindung zu setzen, die eine dieser Unternehmungen wird jedenfalls die andere als nothwendige Concurrenz in’s Leben rufen. Wenn selbst Holland trotz seiner übertriebenen Vorliebe für den Canal-Transport genöthigt ist, dem Geiste der Zeit zu folgen; wenn Belgien, begünstigt durch seine Eisenbahn-Verbindung mit Cöln, sich dem Ober-Rhein als wohlfeiler Spediteur empfiehlt; wenn die Elbe mit dem Main und der Donau in Eisenbahn-Verbindung gesetzt sein wird, so muß auch Hannover ein vollständiges Eisenbahnsystem so schnell als möglich zur Ausführung bringen. Man ersieht hieraus, daß, wo die Natur der Dinge zu Fortschritten auffordert, Verzögerungen nur schädlich wirken können. Wir haben in Beziehung auf Herstellung von Transport-Systemen auf Staatskosten oben das Beispiel Belgiens und mehrerer nordamerikanischer Staaten als nachahmungswerth empfohlen; bei den deutschen Staaten tritt aber zu Empfehlung dieser Maßregel noch ein neuer sehr bedeutender Grund hinzu. Alle deutschen Staaten sind reiche Domainen-Besitzer; dieser Besitz aber verpflichtet sie aus doppeltem Grunde mehr als andere Staaten, die blos von Steuern leben, zu Übernahme der speciellen Sorge für die Herstellung und Verbesserung der Transport-Systeme

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Zitationshilfe: List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/111>, abgerufen am 28.04.2024.