Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
kömmt es wunderlich heraus, daß der Hr. Prof.
Philippi sich gegenden Cicero auflehnet, und einen
Redner, der seines gleichen schwerlich hat, zu einem
Wind-Beutel, Rabulisten und Charlatan macht,
bloß darum, weil er seinem Clienten redlich gedienet,
und dessen Noth, wie es seine Pflicht erforderte, leb-
haft, nach drücklich und beweglich vorgestellet. Al-
lein der Hr. Prof. Philippi muß doch seine Ursachen
gehabt haben, warum er den Cicero so herum genom-
men. Jch bilde mir ein, daß ich sie errathen. Die
Rede des Cicero ist sehr satyrisch. Der Hr. Prof.
Philippi klagt fast in allen Anmerckungen darüber.
Jst dieses nicht genug, den Hrn. Prof. Philippi
in Harnisch zu bringen? Sie wissen, mein Hr.,
wie barbarisch die Spötter mit ihm umgegan-
gen. Sie wissen es um so viel besser, weil Sie selbst
oft seiner nicht geschonet. Was ist demnach natür-
licher, als daß der Hr. Prof. Philippi einen tödtli-
chen Haß gegen alle Spötter heget, und da er mit
denen Lebendigen nicht auskommen kan, an denen
Todten Rache übet? Er soll überdem schon lange ei-
nen heimlichen Groll auf den Cicero gehabt haben,
weil er sich einbildet, dieser Römer habe ihn in eini-
gen Stellen seiner Schriften angezapfet. So glaubt
er z. E. er sey der homo ineptus & loquax, sed (ut si-
bi videtur) ita doctus, ut etiam magister alio-
rum esse possit,
von welchem Cicero in Orat. pro
Flacco
redet. Er bildet sich ein Cicero meyne ihn,
wenn er in eben dieser Oration schreibt: Habebat
rhetor iste adolescentes quosdam locupletes, quos
dimidio redderet stultiores, quam acceperat, ubi
nihil possent discere, nisi ignorantiam litterarum,

und

(o)
koͤmmt es wunderlich heraus, daß der Hr. Prof.
Philippi ſich gegenden Cicero auflehnet, und einen
Redner, der ſeines gleichen ſchwerlich hat, zu einem
Wind-Beutel, Rabuliſten und Charlatan macht,
bloß darum, weil er ſeinem Clienten redlich gedienet,
und deſſen Noth, wie es ſeine Pflicht erforderte, leb-
haft, nach druͤcklich und beweglich vorgeſtellet. Al-
lein der Hr. Prof. Philippi muß doch ſeine Urſachen
gehabt haben, warum er den Cicero ſo herum genom-
men. Jch bilde mir ein, daß ich ſie errathen. Die
Rede des Cicero iſt ſehr ſatyriſch. Der Hr. Prof.
Philippi klagt faſt in allen Anmerckungen daruͤber.
Jſt dieſes nicht genug, den Hrn. Prof. Philippi
in Harniſch zu bringen? Sie wiſſen, mein Hr.,
wie barbariſch die Spoͤtter mit ihm umgegan-
gen. Sie wiſſen es um ſo viel beſſer, weil Sie ſelbſt
oft ſeiner nicht geſchonet. Was iſt demnach natuͤr-
licher, als daß der Hr. Prof. Philippi einen toͤdtli-
chen Haß gegen alle Spoͤtter heget, und da er mit
denen Lebendigen nicht auskommen kan, an denen
Todten Rache uͤbet? Er ſoll uͤberdem ſchon lange ei-
nen heimlichen Groll auf den Cicero gehabt haben,
weil er ſich einbildet, dieſer Roͤmer habe ihn in eini-
gen Stellen ſeiner Schriften angezapfet. So glaubt
er z. E. er ſey der homo ineptus & loquax, ſed (ut ſi-
bi videtur) ita doctus, ut etiam magiſter alio-
rum eſſe poſſit,
von welchem Cicero in Orat. pro
Flacco
redet. Er bildet ſich ein Cicero meyne ihn,
wenn er in eben dieſer Oration ſchreibt: Habebat
rhetor iſte adoleſcentes quosdam locupletes, quos
dimidio redderet ſtultiores, quam acceperat, ubi
nihil poſſent diſcere, niſi ignorantiam litterarum,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0954" n="862"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
ko&#x0364;mmt es wunderlich heraus, daß der Hr. Prof.<lb/>
Philippi &#x017F;ich gegenden Cicero auflehnet, und einen<lb/>
Redner, der &#x017F;eines gleichen &#x017F;chwerlich hat, zu einem<lb/>
Wind-Beutel, Rabuli&#x017F;ten und Charlatan macht,<lb/>
bloß darum, weil er &#x017F;einem Clienten redlich gedienet,<lb/>
und de&#x017F;&#x017F;en Noth, wie es &#x017F;eine Pflicht erforderte, leb-<lb/>
haft, nach dru&#x0364;cklich und beweglich vorge&#x017F;tellet. Al-<lb/>
lein der Hr. Prof. Philippi muß doch &#x017F;eine Ur&#x017F;achen<lb/>
gehabt haben, warum er den Cicero &#x017F;o herum genom-<lb/>
men. Jch bilde mir ein, daß ich &#x017F;ie errathen. Die<lb/>
Rede des Cicero i&#x017F;t &#x017F;ehr &#x017F;atyri&#x017F;ch. Der Hr. Prof.<lb/>
Philippi klagt fa&#x017F;t in allen Anmerckungen daru&#x0364;ber.<lb/>
J&#x017F;t die&#x017F;es nicht genug, den Hrn. Prof. Philippi<lb/>
in Harni&#x017F;ch zu bringen? Sie wi&#x017F;&#x017F;en, mein Hr.,<lb/>
wie barbari&#x017F;ch die Spo&#x0364;tter mit ihm umgegan-<lb/>
gen. Sie wi&#x017F;&#x017F;en es um &#x017F;o viel be&#x017F;&#x017F;er, weil Sie &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
oft &#x017F;einer nicht ge&#x017F;chonet. Was i&#x017F;t demnach natu&#x0364;r-<lb/>
licher, als daß der Hr. Prof. Philippi einen to&#x0364;dtli-<lb/>
chen Haß gegen alle Spo&#x0364;tter heget, und da er mit<lb/>
denen Lebendigen nicht auskommen kan, an denen<lb/>
Todten Rache u&#x0364;bet? Er &#x017F;oll u&#x0364;berdem &#x017F;chon lange ei-<lb/>
nen heimlichen Groll auf den Cicero gehabt haben,<lb/>
weil er &#x017F;ich einbildet, die&#x017F;er Ro&#x0364;mer habe ihn in eini-<lb/>
gen Stellen &#x017F;einer Schriften angezapfet. So glaubt<lb/>
er z. E. er &#x017F;ey der <hi rendition="#aq">homo ineptus &amp; loquax, &#x017F;ed (ut &#x017F;i-<lb/>
bi videtur) ita doctus, ut etiam magi&#x017F;ter alio-<lb/>
rum e&#x017F;&#x017F;e po&#x017F;&#x017F;it,</hi> von welchem Cicero <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">in Orat. pro<lb/>
Flacco</hi></hi> redet. Er bildet &#x017F;ich ein Cicero meyne ihn,<lb/>
wenn er in eben die&#x017F;er Oration &#x017F;chreibt: <hi rendition="#aq">Habebat<lb/><hi rendition="#i">rhetor i&#x017F;te</hi> adole&#x017F;centes quosdam locupletes, quos<lb/>
dimidio redderet &#x017F;tultiores, quam acceperat, ubi<lb/>
nihil po&#x017F;&#x017F;ent di&#x017F;cere, ni&#x017F;i ignorantiam litterarum,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[862/0954] (o) koͤmmt es wunderlich heraus, daß der Hr. Prof. Philippi ſich gegenden Cicero auflehnet, und einen Redner, der ſeines gleichen ſchwerlich hat, zu einem Wind-Beutel, Rabuliſten und Charlatan macht, bloß darum, weil er ſeinem Clienten redlich gedienet, und deſſen Noth, wie es ſeine Pflicht erforderte, leb- haft, nach druͤcklich und beweglich vorgeſtellet. Al- lein der Hr. Prof. Philippi muß doch ſeine Urſachen gehabt haben, warum er den Cicero ſo herum genom- men. Jch bilde mir ein, daß ich ſie errathen. Die Rede des Cicero iſt ſehr ſatyriſch. Der Hr. Prof. Philippi klagt faſt in allen Anmerckungen daruͤber. Jſt dieſes nicht genug, den Hrn. Prof. Philippi in Harniſch zu bringen? Sie wiſſen, mein Hr., wie barbariſch die Spoͤtter mit ihm umgegan- gen. Sie wiſſen es um ſo viel beſſer, weil Sie ſelbſt oft ſeiner nicht geſchonet. Was iſt demnach natuͤr- licher, als daß der Hr. Prof. Philippi einen toͤdtli- chen Haß gegen alle Spoͤtter heget, und da er mit denen Lebendigen nicht auskommen kan, an denen Todten Rache uͤbet? Er ſoll uͤberdem ſchon lange ei- nen heimlichen Groll auf den Cicero gehabt haben, weil er ſich einbildet, dieſer Roͤmer habe ihn in eini- gen Stellen ſeiner Schriften angezapfet. So glaubt er z. E. er ſey der homo ineptus & loquax, ſed (ut ſi- bi videtur) ita doctus, ut etiam magiſter alio- rum eſſe poſſit, von welchem Cicero in Orat. pro Flacco redet. Er bildet ſich ein Cicero meyne ihn, wenn er in eben dieſer Oration ſchreibt: Habebat rhetor iſte adoleſcentes quosdam locupletes, quos dimidio redderet ſtultiores, quam acceperat, ubi nihil poſſent diſcere, niſi ignorantiam litterarum, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/954
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 862. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/954>, abgerufen am 21.11.2024.