"Ueberdem, so lauten seine Worte, (§. 45.) "war der Mensch von vielen Dingen, die uns ietzo "mit Gewalt zum Bösen trieben, frey; wie z. E. von "den Afecten: Denn die Liebe war rein, und nur auf "das Gute gerichtet, und begrif unter sich einen un- "gezwungenen Abscheu des Bösen (sub se compre- "hendens contrarii auersationem non coactam) "u. s. w.
Ew. Howohlgeb. sehen, daß derjenige, der mir erklären will, wie ein so beschafener Mensch um sei- ne Vollkommenheit gekommen sey, eine dunckele Sa- che noch dunckeler macht, wenn er spricht; Ein Un- glaube, eine vorsetzliche Wiederspenstigkeit gegen GOTT sey die Ursache dieses Verlustes.
Wie kan ein Zweifel, oder gar ein Unglaube in dem Gemüthe eines Menschen entstehen, der nicht nur die Natur aller Dinge vollkommen kennet, und das Nützliche von dem, so schädlich ist, genau zu unterschei- den weiß; sondern auch nicht die geringste Begierde hat, die ihn zwingen könnte, wider seine Erkänntniß zu handeln? Wie kan eine Creatur sich zum Bösen wen- den, welche weiß was Recht und unrecht ist, in mo- ralischen Dingen nicht irren kan, ja einen natürlichen Abscheu vor dem Bösen heget? Jst es wohl zu begrei- fen, daß eine solche Creatur ihrem Schöpfer den Ge- horsam habe versagen können, der ihr nichts gebieten, oder verbieten kan, dessen Nutzen und Schädlichkeit ihr unbekannt wäre? Und solte sie wohl, wenn ihr der- jenige, von dessen Wahrhaftigkeit, und Allmacht sie so gewiß, als von ihrem eigenen Seyn überführet ist, auch die gleichgültigsten Dinge anbeföhle oder unter- sagte, fähig seyn, an der Gerechtigkeit solcher Befehle
zu
(o)
„Ueberdem, ſo lauten ſeine Worte, (§. 45.) „war der Menſch von vielen Dingen, die uns ietzo „mit Gewalt zum Boͤſen trieben, frey; wie z. E. von „den Afecten: Denn die Liebe war rein, und nur auf „das Gute gerichtet, und begrif unter ſich einen un- „gezwungenen Abſcheu des Boͤſen (ſub ſe compre- „hendens contrarii auerſationem non coactam) „u. ſ. w.
Ew. Howohlgeb. ſehen, daß derjenige, der mir erklaͤren will, wie ein ſo beſchafener Menſch um ſei- ne Vollkommenheit gekommen ſey, eine dunckele Sa- che noch dunckeler macht, wenn er ſpricht; Ein Un- glaube, eine vorſetzliche Wiederſpenſtigkeit gegen GOTT ſey die Urſache dieſes Verluſtes.
Wie kan ein Zweifel, oder gar ein Unglaube in dem Gemuͤthe eines Menſchen entſtehen, der nicht nur die Natur aller Dinge vollkommen kennet, und das Nuͤtzliche von dem, ſo ſchaͤdlich iſt, genau zu unterſchei- den weiß; ſondern auch nicht die geringſte Begierde hat, die ihn zwingen koͤnnte, wider ſeine Erkaͤnntniß zu handeln? Wie kan eine Creatur ſich zum Boͤſen wen- den, welche weiß was Recht und unrecht iſt, in mo- raliſchen Dingen nicht irren kan, ja einen natuͤrlichen Abſcheu vor dem Boͤſen heget? Jſt es wohl zu begrei- fen, daß eine ſolche Creatur ihrem Schoͤpfer den Ge- horſam habe verſagen koͤnnen, der ihr nichts gebieten, oder verbieten kan, deſſen Nutzen und Schaͤdlichkeit ihr unbekannt waͤre? Und ſolte ſie wohl, wenn ihr der- jenige, von deſſen Wahrhaftigkeit, und Allmacht ſie ſo gewiß, als von ihrem eigenen Seyn uͤberfuͤhret iſt, auch die gleichguͤltigſten Dinge anbefoͤhle oder unter- ſagte, faͤhig ſeyn, an der Gerechtigkeit ſolcher Befehle
zu
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„Ueberdem, ſo lauten ſeine Worte, (§. 45.)
„war der Menſch von vielen Dingen, die uns ietzo
„mit Gewalt zum Boͤſen trieben, frey; wie z. E. von
„den Afecten: Denn die Liebe war rein, und nur auf
„das Gute gerichtet, und begrif unter ſich einen un-
„gezwungenen Abſcheu des Boͤſen (ſub ſe compre-
„hendens contrarii auerſationem non coactam)
„u. ſ. w.
Ew. Howohlgeb. ſehen, daß derjenige, der mir
erklaͤren will, wie ein ſo beſchafener Menſch um ſei-
ne Vollkommenheit gekommen ſey, eine dunckele Sa-
che noch dunckeler macht, wenn er ſpricht; Ein Un-
glaube, eine vorſetzliche Wiederſpenſtigkeit gegen
GOTT ſey die Urſache dieſes Verluſtes.
Wie kan ein Zweifel, oder gar ein Unglaube in
dem Gemuͤthe eines Menſchen entſtehen, der nicht nur
die Natur aller Dinge vollkommen kennet, und das
Nuͤtzliche von dem, ſo ſchaͤdlich iſt, genau zu unterſchei-
den weiß; ſondern auch nicht die geringſte Begierde
hat, die ihn zwingen koͤnnte, wider ſeine Erkaͤnntniß zu
handeln? Wie kan eine Creatur ſich zum Boͤſen wen-
den, welche weiß was Recht und unrecht iſt, in mo-
raliſchen Dingen nicht irren kan, ja einen natuͤrlichen
Abſcheu vor dem Boͤſen heget? Jſt es wohl zu begrei-
fen, daß eine ſolche Creatur ihrem Schoͤpfer den Ge-
horſam habe verſagen koͤnnen, der ihr nichts gebieten,
oder verbieten kan, deſſen Nutzen und Schaͤdlichkeit
ihr unbekannt waͤre? Und ſolte ſie wohl, wenn ihr der-
jenige, von deſſen Wahrhaftigkeit, und Allmacht ſie
ſo gewiß, als von ihrem eigenen Seyn uͤberfuͤhret iſt,
auch die gleichguͤltigſten Dinge anbefoͤhle oder unter-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 736. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/828>, abgerufen am 22.11.2024.
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