thun, wenn man den Satz, durch welchen man sich bemühet, dieses Verfahren der GOttheit zu rechtfertigen, auf ihre Rech- nung schreiben wollte: Und dieses um so viel mehr, weil dieselbe, so viel die Vernunft davon verstehet, einen wahren Wieder- spruch in sich fasset. Denn nichts ist so un- begreiflich, als ein vollkommener Mensch, ohne alle Neigung zur Sünde; der dennoch muthwillig sündiget.
Jch habe dieses in meinen Anmerckun- gen deutlich gewiesen. Weil ich aber sehe, daß Hr. Reinbeck in den Gedancken stehet (5), man könne aus gewissen erdichteten Umständen, durch welche er die Lücken in der Erzehlung Mosis ausfüllen will, wenn man sie gleich nicht als gewiß annehmen wollte, wenigstens so viel schliessen, daß es sehr wohl möglich gewesen, daß Eva, auch im Stande der Unschuld, auf die Art, als er die Sache vorstellet, habe irre gemacht werden können; so nehme ich mir die Frey- heit, ihm zu sagen, daß die Zusätze, durch welche er die Erzehlung Mosis wahrschein- licher machen will, bey mir diese Wirckung nicht gehabt haben.
Er
(5)S. dieXXIIteBetracht. §. 14.
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(o)
thun, wenn man den Satz, durch welchen man ſich bemuͤhet, dieſes Verfahren der GOttheit zu rechtfertigen, auf ihre Rech- nung ſchreiben wollte: Und dieſes um ſo viel mehr, weil dieſelbe, ſo viel die Vernunft davon verſtehet, einen wahren Wieder- ſpruch in ſich faſſet. Denn nichts iſt ſo un- begreiflich, als ein vollkommener Menſch, ohne alle Neigung zur Suͤnde; der dennoch muthwillig ſuͤndiget.
Jch habe dieſes in meinen Anmerckun- gen deutlich gewieſen. Weil ich aber ſehe, daß Hr. Reinbeck in den Gedancken ſtehet (5), man koͤnne aus gewiſſen erdichteten Umſtaͤnden, durch welche er die Luͤcken in der Erzehlung Moſis ausfuͤllen will, wenn man ſie gleich nicht als gewiß annehmen wollte, wenigſtens ſo viel ſchlieſſen, daß es ſehr wohl moͤglich geweſen, daß Eva, auch im Stande der Unſchuld, auf die Art, als er die Sache vorſtellet, habe irre gemacht werden koͤnnen; ſo nehme ich mir die Frey- heit, ihm zu ſagen, daß die Zuſaͤtze, durch welche er die Erzehlung Moſis wahrſchein- licher machen will, bey mir dieſe Wirckung nicht gehabt haben.
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(5)S. dieXXIIteBetracht. §. 14.
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(o)
thun, wenn man den Satz, durch welchen
man ſich bemuͤhet, dieſes Verfahren der
GOttheit zu rechtfertigen, auf ihre Rech-
nung ſchreiben wollte: Und dieſes um ſo viel
mehr, weil dieſelbe, ſo viel die Vernunft
davon verſtehet, einen wahren Wieder-
ſpruch in ſich faſſet. Denn nichts iſt ſo un-
begreiflich, als ein vollkommener Menſch,
ohne alle Neigung zur Suͤnde; der dennoch
muthwillig ſuͤndiget.
Jch habe dieſes in meinen Anmerckun-
gen deutlich gewieſen. Weil ich aber ſehe,
daß Hr. Reinbeck in den Gedancken ſtehet
(5), man koͤnne aus gewiſſen erdichteten
Umſtaͤnden, durch welche er die Luͤcken in
der Erzehlung Moſis ausfuͤllen will, wenn
man ſie gleich nicht als gewiß annehmen
wollte, wenigſtens ſo viel ſchlieſſen, daß es
ſehr wohl moͤglich geweſen, daß Eva, auch
im Stande der Unſchuld, auf die Art, als
er die Sache vorſtellet, habe irre gemacht
werden koͤnnen; ſo nehme ich mir die Frey-
heit, ihm zu ſagen, daß die Zuſaͤtze, durch
welche er die Erzehlung Moſis wahrſchein-
licher machen will, bey mir dieſe Wirckung
nicht gehabt haben.
Er
(5) S. die XXIIte Betracht. §. 14.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/685>, abgerufen am 22.11.2024.
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