geschrieben hatte, und seine Schriften aus- ser Rostock nicht bekannt waren. Er hat- te also die lange Ruhe, die er genossen hat- te, bloß seiner Dunckelheit, und der schlech- ten Figur zu dancken, die er in der gelehr- ten Welt machte.
Es würde ihn auch niemand von den andern Gelehrten so leicht darinn gestöhret haben, wenn ich mich nicht über ihn her gemacht hätte. Die Gelehrten sind, wenn sie gegen andere schreiben, in der Wahl ih- rer Gegner ungemein lecker. Sie schrei- ben darum, daß sie in der gelehrten Welt berühmt seyn wollen, und wehlen sich da- her gemeiniglich solche Gegner, die es schon in einem so hohen Grad sind, daß sie auch andere durch ihren Glantz erleuchten kön- nen. Mit mir und meines gleichen ver- hält es sich gantz anders. Wir sehen die gelehrte Welt in einer gewissen Entfernung an, und können so eigentlich nicht unter- scheiden, was in derselben groß oder klein ist. Jch verlange über dem nicht berühmt zu seyn, und gebe nichts um einen Ruhm, den ich meinem Feinde zu dancken habe. Jch will lieber andere durch meine Wieder- legung bekannt und berühmt machen, als durch die Wiederlegung grösserer Männer
be-
(o)
geſchrieben hatte, und ſeine Schriften auſ- ſer Roſtock nicht bekannt waren. Er hat- te alſo die lange Ruhe, die er genoſſen hat- te, bloß ſeiner Dunckelheit, und der ſchlech- ten Figur zu dancken, die er in der gelehr- ten Welt machte.
Es wuͤrde ihn auch niemand von den andern Gelehrten ſo leicht darinn geſtoͤhret haben, wenn ich mich nicht uͤber ihn her gemacht haͤtte. Die Gelehrten ſind, wenn ſie gegen andere ſchreiben, in der Wahl ih- rer Gegner ungemein lecker. Sie ſchrei- ben darum, daß ſie in der gelehrten Welt beruͤhmt ſeyn wollen, und wehlen ſich da- her gemeiniglich ſolche Gegner, die es ſchon in einem ſo hohen Grad ſind, daß ſie auch andere durch ihren Glantz erleuchten koͤn- nen. Mit mir und meines gleichen ver- haͤlt es ſich gantz anders. Wir ſehen die gelehrte Welt in einer gewiſſen Entfernung an, und koͤnnen ſo eigentlich nicht unter- ſcheiden, was in derſelben groß oder klein iſt. Jch verlange uͤber dem nicht beruͤhmt zu ſeyn, und gebe nichts um einen Ruhm, den ich meinem Feinde zu dancken habe. Jch will lieber andere durch meine Wieder- legung bekannt und beruͤhmt machen, als durch die Wiederlegung groͤſſerer Maͤnner
be-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0674"n="582"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
geſchrieben hatte, und ſeine Schriften auſ-<lb/>ſer Roſtock nicht bekannt waren. Er hat-<lb/>
te alſo die lange Ruhe, die er genoſſen hat-<lb/>
te, bloß ſeiner Dunckelheit, und der ſchlech-<lb/>
ten Figur zu dancken, die er in der gelehr-<lb/>
ten Welt machte.</p><lb/><p>Es wuͤrde ihn auch niemand von den<lb/>
andern Gelehrten ſo leicht darinn geſtoͤhret<lb/>
haben, wenn ich mich nicht uͤber ihn her<lb/>
gemacht haͤtte. Die Gelehrten ſind, wenn<lb/>ſie gegen andere ſchreiben, in der Wahl ih-<lb/>
rer Gegner ungemein lecker. Sie ſchrei-<lb/>
ben darum, daß ſie in der gelehrten Welt<lb/>
beruͤhmt ſeyn wollen, und wehlen ſich da-<lb/>
her gemeiniglich ſolche Gegner, die es ſchon<lb/>
in einem ſo hohen Grad ſind, daß ſie auch<lb/>
andere durch ihren Glantz erleuchten koͤn-<lb/>
nen. Mit mir und meines gleichen ver-<lb/>
haͤlt es ſich gantz anders. Wir ſehen die<lb/>
gelehrte Welt in einer gewiſſen Entfernung<lb/>
an, und koͤnnen ſo eigentlich nicht unter-<lb/>ſcheiden, was in derſelben groß oder klein<lb/>
iſt. Jch verlange uͤber dem nicht beruͤhmt<lb/>
zu ſeyn, und gebe nichts um einen Ruhm,<lb/>
den ich meinem Feinde zu dancken habe.<lb/>
Jch will lieber andere durch meine Wieder-<lb/>
legung bekannt und beruͤhmt machen, als<lb/>
durch die Wiederlegung groͤſſerer Maͤnner<lb/><fwplace="bottom"type="catch">be-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[582/0674]
(o)
geſchrieben hatte, und ſeine Schriften auſ-
ſer Roſtock nicht bekannt waren. Er hat-
te alſo die lange Ruhe, die er genoſſen hat-
te, bloß ſeiner Dunckelheit, und der ſchlech-
ten Figur zu dancken, die er in der gelehr-
ten Welt machte.
Es wuͤrde ihn auch niemand von den
andern Gelehrten ſo leicht darinn geſtoͤhret
haben, wenn ich mich nicht uͤber ihn her
gemacht haͤtte. Die Gelehrten ſind, wenn
ſie gegen andere ſchreiben, in der Wahl ih-
rer Gegner ungemein lecker. Sie ſchrei-
ben darum, daß ſie in der gelehrten Welt
beruͤhmt ſeyn wollen, und wehlen ſich da-
her gemeiniglich ſolche Gegner, die es ſchon
in einem ſo hohen Grad ſind, daß ſie auch
andere durch ihren Glantz erleuchten koͤn-
nen. Mit mir und meines gleichen ver-
haͤlt es ſich gantz anders. Wir ſehen die
gelehrte Welt in einer gewiſſen Entfernung
an, und koͤnnen ſo eigentlich nicht unter-
ſcheiden, was in derſelben groß oder klein
iſt. Jch verlange uͤber dem nicht beruͤhmt
zu ſeyn, und gebe nichts um einen Ruhm,
den ich meinem Feinde zu dancken habe.
Jch will lieber andere durch meine Wieder-
legung bekannt und beruͤhmt machen, als
durch die Wiederlegung groͤſſerer Maͤnner
be-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/674>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.