Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
Grund der Zufriedenheit, die einem jeden elenden
Scribenten ins besondere sein Leyd versüsset: Allein
ich behaupte, daß sie dem gemeinen Besten der
elenden Scribenten nachtheilig ist, eben darum, weil
dadurch die Bekanntschaft, die Einigkeit, und
das Vertrauen, welche unter den elenden Scriben-
ten herrschen müssen, fals sie sich ihrer Feinde er-
wehren wollen, gehindert, und geschwächet werden.

Jch wünsche, daß meine werthen Brüder mit
mir erkennen, daß der Unterscheid, der sich zwi-
schen den elenden Scribenten befindet, nicht wesent-
lich sey; Daß alle, die dem Gipfel des Parnasses
den Rücken zukehren, und in die Tiefe schauen, wie
weit sie auch von einander entfernet sind, elende
Scribenten, und Brüder unter einander sind;
Daß der Unrath, welchen die guten Scribenten,
die entweder schon den Gipfel des Parnasses erstie-
gen haben, oder noch zu ersteigen trachten, zum
Zeit-Vertreib, auf die elenden Scribenten von ih-
rer Höhe herabwerfen, diejenigen der elenden Scri-
benten, welche ihnen die nechsten sind, ja so wohl,
und noch eher treffe, als diejenigen, die noch so
weit von ihnen entfernet sind; und daß folglich ein
jeder elender Scribent verbunden sey, sich seines
Bruders, und wenn derselbe gleich hundertmahl
elender ist, als er, anzunehmen. Alsdann würde
es um unsere Sachen besser stehen. Wir würden
auf die allgemeine Sicherheit mit grösserm Ernst
bedacht seyn, und mit zusammen gesetzten Kräften
unsern Feinden die Spitze bieten. Nichts, als un-
sere Zaghaftigkeit, und heuchlerische Verstellung
hat unsere Feinde bißhero muthig gemacht. Noch

hat
H h

(o)
Grund der Zufriedenheit, die einem jeden elenden
Scribenten ins beſondere ſein Leyd verſuͤſſet: Allein
ich behaupte, daß ſie dem gemeinen Beſten der
elenden Scribenten nachtheilig iſt, eben darum, weil
dadurch die Bekanntſchaft, die Einigkeit, und
das Vertrauen, welche unter den elenden Scriben-
ten herrſchen muͤſſen, fals ſie ſich ihrer Feinde er-
wehren wollen, gehindert, und geſchwaͤchet werden.

Jch wuͤnſche, daß meine werthen Bruͤder mit
mir erkennen, daß der Unterſcheid, der ſich zwi-
ſchen den elenden Scribenten befindet, nicht weſent-
lich ſey; Daß alle, die dem Gipfel des Parnaſſes
den Ruͤcken zukehren, und in die Tiefe ſchauen, wie
weit ſie auch von einander entfernet ſind, elende
Scribenten, und Bruͤder unter einander ſind;
Daß der Unrath, welchen die guten Scribenten,
die entweder ſchon den Gipfel des Parnaſſes erſtie-
gen haben, oder noch zu erſteigen trachten, zum
Zeit-Vertreib, auf die elenden Scribenten von ih-
rer Hoͤhe herabwerfen, diejenigen der elenden Scri-
benten, welche ihnen die nechſten ſind, ja ſo wohl,
und noch eher treffe, als diejenigen, die noch ſo
weit von ihnen entfernet ſind; und daß folglich ein
jeder elender Scribent verbunden ſey, ſich ſeines
Bruders, und wenn derſelbe gleich hundertmahl
elender iſt, als er, anzunehmen. Alsdann wuͤrde
es um unſere Sachen beſſer ſtehen. Wir wuͤrden
auf die allgemeine Sicherheit mit groͤſſerm Ernſt
bedacht ſeyn, und mit zuſammen geſetzten Kraͤften
unſern Feinden die Spitze bieten. Nichts, als un-
ſere Zaghaftigkeit, und heuchleriſche Verſtellung
hat unſere Feinde bißhero muthig gemacht. Noch

hat
H h
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0573" n="481"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
Grund der Zufriedenheit, die einem jeden elenden<lb/>
Scribenten ins be&#x017F;ondere &#x017F;ein Leyd ver&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;et: Allein<lb/>
ich behaupte, daß &#x017F;ie dem gemeinen Be&#x017F;ten der<lb/>
elenden Scribenten nachtheilig i&#x017F;t, eben darum, weil<lb/>
dadurch die Bekannt&#x017F;chaft, die Einigkeit, und<lb/>
das Vertrauen, welche unter den elenden Scriben-<lb/>
ten herr&#x017F;chen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, fals &#x017F;ie &#x017F;ich ihrer Feinde er-<lb/>
wehren wollen, gehindert, und ge&#x017F;chwa&#x0364;chet werden.</p><lb/>
          <p>Jch wu&#x0364;n&#x017F;che, daß meine werthen Bru&#x0364;der mit<lb/>
mir erkennen, daß der Unter&#x017F;cheid, der &#x017F;ich zwi-<lb/>
&#x017F;chen den elenden Scribenten befindet, nicht we&#x017F;ent-<lb/>
lich &#x017F;ey; Daß alle, die dem Gipfel des Parna&#x017F;&#x017F;es<lb/>
den Ru&#x0364;cken zukehren, und in die Tiefe &#x017F;chauen, wie<lb/>
weit &#x017F;ie auch von einander entfernet &#x017F;ind, elende<lb/>
Scribenten, und Bru&#x0364;der unter einander &#x017F;ind;<lb/>
Daß der Unrath, welchen die guten Scribenten,<lb/>
die entweder &#x017F;chon den Gipfel des Parna&#x017F;&#x017F;es er&#x017F;tie-<lb/>
gen haben, oder noch zu er&#x017F;teigen trachten, zum<lb/>
Zeit-Vertreib, auf die elenden Scribenten von ih-<lb/>
rer Ho&#x0364;he herabwerfen, diejenigen der elenden Scri-<lb/>
benten, welche ihnen die nech&#x017F;ten &#x017F;ind, ja &#x017F;o wohl,<lb/>
und noch eher treffe, als diejenigen, die noch &#x017F;o<lb/>
weit von ihnen entfernet &#x017F;ind; und daß folglich ein<lb/>
jeder elender Scribent verbunden &#x017F;ey, &#x017F;ich &#x017F;eines<lb/>
Bruders, und wenn der&#x017F;elbe gleich hundertmahl<lb/>
elender i&#x017F;t, als er, anzunehmen. Alsdann wu&#x0364;rde<lb/>
es um un&#x017F;ere Sachen be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehen. Wir wu&#x0364;rden<lb/>
auf die allgemeine Sicherheit mit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erm Ern&#x017F;t<lb/>
bedacht &#x017F;eyn, und mit zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzten Kra&#x0364;ften<lb/>
un&#x017F;ern Feinden die Spitze bieten. Nichts, als un-<lb/>
&#x017F;ere Zaghaftigkeit, und heuchleri&#x017F;che Ver&#x017F;tellung<lb/>
hat un&#x017F;ere Feinde bißhero muthig gemacht. Noch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h</fw><fw place="bottom" type="catch">hat</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[481/0573] (o) Grund der Zufriedenheit, die einem jeden elenden Scribenten ins beſondere ſein Leyd verſuͤſſet: Allein ich behaupte, daß ſie dem gemeinen Beſten der elenden Scribenten nachtheilig iſt, eben darum, weil dadurch die Bekanntſchaft, die Einigkeit, und das Vertrauen, welche unter den elenden Scriben- ten herrſchen muͤſſen, fals ſie ſich ihrer Feinde er- wehren wollen, gehindert, und geſchwaͤchet werden. Jch wuͤnſche, daß meine werthen Bruͤder mit mir erkennen, daß der Unterſcheid, der ſich zwi- ſchen den elenden Scribenten befindet, nicht weſent- lich ſey; Daß alle, die dem Gipfel des Parnaſſes den Ruͤcken zukehren, und in die Tiefe ſchauen, wie weit ſie auch von einander entfernet ſind, elende Scribenten, und Bruͤder unter einander ſind; Daß der Unrath, welchen die guten Scribenten, die entweder ſchon den Gipfel des Parnaſſes erſtie- gen haben, oder noch zu erſteigen trachten, zum Zeit-Vertreib, auf die elenden Scribenten von ih- rer Hoͤhe herabwerfen, diejenigen der elenden Scri- benten, welche ihnen die nechſten ſind, ja ſo wohl, und noch eher treffe, als diejenigen, die noch ſo weit von ihnen entfernet ſind; und daß folglich ein jeder elender Scribent verbunden ſey, ſich ſeines Bruders, und wenn derſelbe gleich hundertmahl elender iſt, als er, anzunehmen. Alsdann wuͤrde es um unſere Sachen beſſer ſtehen. Wir wuͤrden auf die allgemeine Sicherheit mit groͤſſerm Ernſt bedacht ſeyn, und mit zuſammen geſetzten Kraͤften unſern Feinden die Spitze bieten. Nichts, als un- ſere Zaghaftigkeit, und heuchleriſche Verſtellung hat unſere Feinde bißhero muthig gemacht. Noch hat H h

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/573
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/573>, abgerufen am 18.05.2024.