Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
vernünftigen, Liebe zu einem verstorbenen Freunde
zu gut gehalten haben. Aber so kan ich unmöglich
schweigen. Jhr Verfahren gegen mich ist gar zu
grob und Ehren-rührig.

Der Ungenannte heisset mich in den Hamburgi-"
schen Berichten einen Nahmlosen Pasquillan-"
ten,
und die geheime Patriotische Assemblee nen-"
net die von mir herausgegebene Schrift eine infame"
Charteque,
und mich einen infamen Scribenten. Sie"
wirft mir, auf die unbescheidenste Art, Unvernunft,"
kindische Erfindung, und boßhafte Wuth vor, und"
bietet mir, zu Reinigung meines verschleimten Ge-"
hirns, einen gantzen Centner Niesewurtz aus ihrer"
Apothecke und 10 Doses von ihrem Hertz-stärcken-"
den Gold-Pulver an, um mein lasterhaftes Ge-"
müth zu bessern."

Wenn ich gesaget hätte, der Herr Prof. Philippi
habe seinen Vater ermordet, und seine Mutter ge-
nothzüchtiget: Wenn ich fälschlich vorgegeben hät-
te, er sey, um dieser oder anderer Missethaten willen,
durch Schwerdt, Strang, Rad oder Feuer, auf eine
schimpfliche Art, vom Leben zum Tode gebracht wor-
den; so möchten die entsetzlichen Schelt-Worte,
welche die Freunde des Herrn Prof. Philippi gegen
mich ausgestossen haben, vielleicht einiger massen zu
entschuldigen seyn: Allein, da mein gantzes Verbre-
chen darinn bestehet, daß ich gesaget habe, der Herr
Prof. Philippi sey auf seinem Bette, sanft und selig,
mit den erbaulichsten Gedancken, eingeschlafen;
So weiß ich gewiß, daß ein jedes ehrliebendes Ge-
müth, über die Unbescheidenheit meiner Wi-
dersprecher, erstaunen, und sich von der Gemüths-

Be-
F f 4

(o)
vernuͤnftigen, Liebe zu einem verſtorbenen Freunde
zu gut gehalten haben. Aber ſo kan ich unmoͤglich
ſchweigen. Jhr Verfahren gegen mich iſt gar zu
grob und Ehren-ruͤhrig.

Der Ungenannte heiſſet mich in den Hamburgi-„
ſchen Berichten einen Nahmloſen Paſquillan-„
ten,
und die geheime Patriotiſche Aſſemblée nen-„
net die von mir herausgegebene Schrift eine infame„
Charteque,
und mich einen infamen Scribenten. Sie„
wirft mir, auf die unbeſcheidenſte Art, Unvernunft,„
kindiſche Erfindung, und boßhafte Wuth vor, und„
bietet mir, zu Reinigung meines verſchleimten Ge-„
hirns, einen gantzen Centner Nieſewurtz aus ihrer„
Apothecke und 10 Doſes von ihrem Hertz-ſtaͤrcken-„
den Gold-Pulver an, um mein laſterhaftes Ge-„
muͤth zu beſſern.‟

Wenn ich geſaget haͤtte, der Herr Prof. Philippi
habe ſeinen Vater ermordet, und ſeine Mutter ge-
nothzuͤchtiget: Wenn ich faͤlſchlich vorgegeben haͤt-
te, er ſey, um dieſer oder anderer Miſſethaten willen,
durch Schwerdt, Strang, Rad oder Feuer, auf eine
ſchimpfliche Art, vom Leben zum Tode gebracht wor-
den; ſo moͤchten die entſetzlichen Schelt-Worte,
welche die Freunde des Herrn Prof. Philippi gegen
mich ausgeſtoſſen haben, vielleicht einiger maſſen zu
entſchuldigen ſeyn: Allein, da mein gantzes Verbre-
chen darinn beſtehet, daß ich geſaget habe, der Herr
Prof. Philippi ſey auf ſeinem Bette, ſanft und ſelig,
mit den erbaulichſten Gedancken, eingeſchlafen;
So weiß ich gewiß, daß ein jedes ehrliebendes Ge-
muͤth, uͤber die Unbeſcheidenheit meiner Wi-
derſprecher, erſtaunen, und ſich von der Gemuͤths-

Be-
F f 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0547" n="455"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
vernu&#x0364;nftigen, Liebe zu einem ver&#x017F;torbenen Freunde<lb/>
zu gut gehalten haben. Aber &#x017F;o kan ich unmo&#x0364;glich<lb/>
&#x017F;chweigen. Jhr Verfahren gegen mich i&#x017F;t gar zu<lb/>
grob und Ehren-ru&#x0364;hrig.</p><lb/>
        <p>Der Ungenannte hei&#x017F;&#x017F;et mich in den Hamburgi-&#x201E;<lb/>
&#x017F;chen Berichten einen <hi rendition="#fr">Nahmlo&#x017F;en Pa&#x017F;quillan-&#x201E;<lb/>
ten,</hi> und die geheime Patrioti&#x017F;che <hi rendition="#aq">A&#x017F;&#x017F;emblée</hi> nen-&#x201E;<lb/>
net die von mir herausgegebene Schrift eine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">infame&#x201E;<lb/>
Charteque,</hi></hi> und mich einen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">infamen Scribenten.</hi></hi> Sie&#x201E;<lb/>
wirft mir, auf die unbe&#x017F;cheiden&#x017F;te Art, Unvernunft,&#x201E;<lb/>
kindi&#x017F;che Erfindung, und boßhafte Wuth vor, und&#x201E;<lb/>
bietet mir, zu Reinigung meines ver&#x017F;chleimten Ge-&#x201E;<lb/>
hirns, einen gantzen Centner Nie&#x017F;ewurtz aus ihrer&#x201E;<lb/>
Apothecke und 10 Do&#x017F;es von ihrem Hertz-&#x017F;ta&#x0364;rcken-&#x201E;<lb/>
den Gold-Pulver an, um mein la&#x017F;terhaftes Ge-&#x201E;<lb/>
mu&#x0364;th zu be&#x017F;&#x017F;ern.&#x201F;</p><lb/>
        <p>Wenn ich ge&#x017F;aget ha&#x0364;tte, der Herr Prof. Philippi<lb/>
habe &#x017F;einen Vater ermordet, und &#x017F;eine Mutter ge-<lb/>
nothzu&#x0364;chtiget: Wenn ich fa&#x0364;l&#x017F;chlich vorgegeben ha&#x0364;t-<lb/>
te, er &#x017F;ey, um die&#x017F;er oder anderer Mi&#x017F;&#x017F;ethaten willen,<lb/>
durch Schwerdt, Strang, Rad oder Feuer, auf eine<lb/>
&#x017F;chimpfliche Art, vom Leben zum Tode gebracht wor-<lb/>
den; &#x017F;o mo&#x0364;chten die ent&#x017F;etzlichen Schelt-Worte,<lb/>
welche die Freunde des Herrn Prof. Philippi gegen<lb/>
mich ausge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en haben, vielleicht einiger ma&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
ent&#x017F;chuldigen &#x017F;eyn: Allein, da mein gantzes Verbre-<lb/>
chen darinn be&#x017F;tehet, daß ich ge&#x017F;aget habe, der Herr<lb/>
Prof. Philippi &#x017F;ey auf &#x017F;einem Bette, &#x017F;anft und &#x017F;elig,<lb/>
mit den erbaulich&#x017F;ten Gedancken, einge&#x017F;chlafen;<lb/>
So weiß ich gewiß, daß ein jedes ehrliebendes Ge-<lb/>
mu&#x0364;th, u&#x0364;ber die Unbe&#x017F;cheidenheit meiner Wi-<lb/>
der&#x017F;precher, er&#x017F;taunen, und &#x017F;ich von der Gemu&#x0364;ths-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Be-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[455/0547] (o) vernuͤnftigen, Liebe zu einem verſtorbenen Freunde zu gut gehalten haben. Aber ſo kan ich unmoͤglich ſchweigen. Jhr Verfahren gegen mich iſt gar zu grob und Ehren-ruͤhrig. Der Ungenannte heiſſet mich in den Hamburgi-„ ſchen Berichten einen Nahmloſen Paſquillan-„ ten, und die geheime Patriotiſche Aſſemblée nen-„ net die von mir herausgegebene Schrift eine infame„ Charteque, und mich einen infamen Scribenten. Sie„ wirft mir, auf die unbeſcheidenſte Art, Unvernunft,„ kindiſche Erfindung, und boßhafte Wuth vor, und„ bietet mir, zu Reinigung meines verſchleimten Ge-„ hirns, einen gantzen Centner Nieſewurtz aus ihrer„ Apothecke und 10 Doſes von ihrem Hertz-ſtaͤrcken-„ den Gold-Pulver an, um mein laſterhaftes Ge-„ muͤth zu beſſern.‟ Wenn ich geſaget haͤtte, der Herr Prof. Philippi habe ſeinen Vater ermordet, und ſeine Mutter ge- nothzuͤchtiget: Wenn ich faͤlſchlich vorgegeben haͤt- te, er ſey, um dieſer oder anderer Miſſethaten willen, durch Schwerdt, Strang, Rad oder Feuer, auf eine ſchimpfliche Art, vom Leben zum Tode gebracht wor- den; ſo moͤchten die entſetzlichen Schelt-Worte, welche die Freunde des Herrn Prof. Philippi gegen mich ausgeſtoſſen haben, vielleicht einiger maſſen zu entſchuldigen ſeyn: Allein, da mein gantzes Verbre- chen darinn beſtehet, daß ich geſaget habe, der Herr Prof. Philippi ſey auf ſeinem Bette, ſanft und ſelig, mit den erbaulichſten Gedancken, eingeſchlafen; So weiß ich gewiß, daß ein jedes ehrliebendes Ge- muͤth, uͤber die Unbeſcheidenheit meiner Wi- derſprecher, erſtaunen, und ſich von der Gemuͤths- Be- F f 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/547
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/547>, abgerufen am 22.11.2024.