Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
sich noch närrischer gebärdet, als sie, und ihre
Thorheit so hoch treibet, daß sie, wenn sie die
ungeheuren Folgen derselben sehen, davor er-
staunen, und, wie ein kollerndes Pferd bey Er-
blickung eines Abgrundes, stutzen. So macht
man es mit allen, die im Kopfe nicht richtig sind.
Denn wenn man mit einem Wahnsinnigen
ernsthaft und vernünftig reden wolte, so müste
man selbst nicht klug seyn. Diese unglückseelige
sind einer solchen Ehre unwürdig:

Quand l' absurde est outre, l' on lui fait
trop d' honneur
De vouloir par raison combattre son
erreur,
Encherir est plus court, sans s'echauffer
la bile.
Mr. de la Fontaine Liv. III. Fab. 1.

Es würde also ziemlich lächerlich stehen, und einBeweiß
des vorigen
durch E-
xempel
und durch
ein Gleich-
niß.

Zeichen einer sonderlichen Einfalt seyn, wenn
man ofenbare Thorheiten gantz ernsthaft und
gravitätisch wiederlegen wollte. Ein Kluger
hütet sich davor. Jch will nicht sagen, daß
in den sechs deutschen Reden des Herrn
Philippi ofenbare Thorheiten enthalten sind:
Aber ich bitte nur meine Leser, zu bedencken, ob
der Verfasser des Briontes nicht der elendeste
Tropf von der Welt seyn müste, wenn er wieder
den Hn. Prof. Philippi gantz ehrbar und weit-
läuftig ausgeführet hätte, daß eine Frantzösi-
sche Princessin in Ermangelung eines Dauphin,
nicht mit Ausschliessung aller Printzen von Ge-

blüte,
S 4

(o)
ſich noch naͤrriſcher gebaͤrdet, als ſie, und ihre
Thorheit ſo hoch treibet, daß ſie, wenn ſie die
ungeheuren Folgen derſelben ſehen, davor er-
ſtaunen, und, wie ein kollerndes Pferd bey Er-
blickung eines Abgrundes, ſtutzen. So macht
man es mit allen, die im Kopfe nicht richtig ſind.
Denn wenn man mit einem Wahnſinnigen
ernſthaft und vernuͤnftig reden wolte, ſo muͤſte
man ſelbſt nicht klug ſeyn. Dieſe ungluͤckſeelige
ſind einer ſolchen Ehre unwuͤrdig:

Quand l’ abſurde eſt outré, l’ on lui fait
trop d’ honneur
De vouloir par raiſon combattre ſon
erreur,
Encherir eſt plus court, ſans ſ’échauffer
la bile.
Mr. de la Fontaine Liv. III. Fab. 1.

Es wuͤrde alſo ziemlich laͤcheꝛlich ſtehen, und einBeweiß
des vorigẽ
durch E-
xempel
und durch
ein Gleich-
niß.

Zeichen einer ſonderlichen Einfalt ſeyn, wenn
man ofenbare Thorheiten gantz ernſthaft und
gravitaͤtiſch wiederlegen wollte. Ein Kluger
huͤtet ſich davor. Jch will nicht ſagen, daß
in den ſechs deutſchen Reden des Herrn
Philippi ofenbare Thorheiten enthalten ſind:
Aber ich bitte nur meine Leſer, zu bedencken, ob
der Verfaſſer des Briontes nicht der elendeſte
Tropf von der Welt ſeyn muͤſte, weñ er wieder
den Hn. Prof. Philippi gantz ehrbar und weit-
laͤuftig ausgefuͤhret haͤtte, daß eine Frantzoͤſi-
ſche Princeſſin in Eꝛmangelung eines Dauphin,
nicht mit Ausſchlieſſung aller Printzen von Ge-

bluͤte,
S 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0371" n="279"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
&#x017F;ich noch na&#x0364;rri&#x017F;cher geba&#x0364;rdet, als &#x017F;ie, und ihre<lb/>
Thorheit &#x017F;o hoch treibet, daß &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie die<lb/>
ungeheuren Folgen der&#x017F;elben &#x017F;ehen, davor er-<lb/>
&#x017F;taunen, und, wie ein kollerndes Pferd bey Er-<lb/>
blickung eines Abgrundes, &#x017F;tutzen. So macht<lb/>
man es mit allen, die im Kopfe nicht richtig &#x017F;ind.<lb/>
Denn wenn man mit einem Wahn&#x017F;innigen<lb/>
ern&#x017F;thaft und vernu&#x0364;nftig reden wolte, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
man &#x017F;elb&#x017F;t nicht klug &#x017F;eyn. Die&#x017F;e unglu&#x0364;ck&#x017F;eelige<lb/>
&#x017F;ind einer &#x017F;olchen Ehre unwu&#x0364;rdig:</p><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#aq">Quand l&#x2019; ab&#x017F;urde e&#x017F;t outré, l&#x2019; on lui fait<lb/><hi rendition="#et">trop d&#x2019; honneur</hi><lb/>
De vouloir par rai&#x017F;on combattre &#x017F;on<lb/><hi rendition="#et">erreur,</hi><lb/>
Encherir e&#x017F;t plus court, &#x017F;ans &#x017F;&#x2019;échauffer<lb/><hi rendition="#et">la bile.<lb/><hi rendition="#i">Mr. de la Fontaine Liv. III. Fab. 1.</hi></hi></hi> </quote>
        </cit><lb/>
        <p>Es wu&#x0364;rde al&#x017F;o ziemlich la&#x0364;che&#xA75B;lich &#x017F;tehen, und ein<note place="right">Beweiß<lb/>
des vorig&#x1EBD;<lb/>
durch E-<lb/>
xempel<lb/>
und durch<lb/>
ein Gleich-<lb/>
niß.</note><lb/>
Zeichen einer &#x017F;onderlichen Einfalt &#x017F;eyn, wenn<lb/>
man ofenbare Thorheiten gantz ern&#x017F;thaft und<lb/>
gravita&#x0364;ti&#x017F;ch wiederlegen wollte. Ein Kluger<lb/>
hu&#x0364;tet &#x017F;ich davor. Jch will nicht &#x017F;agen, daß<lb/>
in den <hi rendition="#fr">&#x017F;echs deut&#x017F;chen Reden</hi> des Herrn<lb/>
Philippi ofenbare Thorheiten enthalten &#x017F;ind:<lb/>
Aber ich bitte nur meine Le&#x017F;er, zu bedencken, ob<lb/>
der Verfa&#x017F;&#x017F;er des Briontes nicht der elende&#x017F;te<lb/>
Tropf von der Welt &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;te, weñ er wieder<lb/>
den Hn. Prof. Philippi gantz ehrbar und weit-<lb/>
la&#x0364;uftig ausgefu&#x0364;hret ha&#x0364;tte, daß eine Frantzo&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;che Prince&#x017F;&#x017F;in in E&#xA75B;mangelung eines <hi rendition="#aq">Dauphin,</hi><lb/>
nicht mit Aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung aller Printzen von Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 4</fw><fw place="bottom" type="catch">blu&#x0364;te,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0371] (o) ſich noch naͤrriſcher gebaͤrdet, als ſie, und ihre Thorheit ſo hoch treibet, daß ſie, wenn ſie die ungeheuren Folgen derſelben ſehen, davor er- ſtaunen, und, wie ein kollerndes Pferd bey Er- blickung eines Abgrundes, ſtutzen. So macht man es mit allen, die im Kopfe nicht richtig ſind. Denn wenn man mit einem Wahnſinnigen ernſthaft und vernuͤnftig reden wolte, ſo muͤſte man ſelbſt nicht klug ſeyn. Dieſe ungluͤckſeelige ſind einer ſolchen Ehre unwuͤrdig: Quand l’ abſurde eſt outré, l’ on lui fait trop d’ honneur De vouloir par raiſon combattre ſon erreur, Encherir eſt plus court, ſans ſ’échauffer la bile. Mr. de la Fontaine Liv. III. Fab. 1. Es wuͤrde alſo ziemlich laͤcheꝛlich ſtehen, und ein Zeichen einer ſonderlichen Einfalt ſeyn, wenn man ofenbare Thorheiten gantz ernſthaft und gravitaͤtiſch wiederlegen wollte. Ein Kluger huͤtet ſich davor. Jch will nicht ſagen, daß in den ſechs deutſchen Reden des Herrn Philippi ofenbare Thorheiten enthalten ſind: Aber ich bitte nur meine Leſer, zu bedencken, ob der Verfaſſer des Briontes nicht der elendeſte Tropf von der Welt ſeyn muͤſte, weñ er wieder den Hn. Prof. Philippi gantz ehrbar und weit- laͤuftig ausgefuͤhret haͤtte, daß eine Frantzoͤſi- ſche Princeſſin in Eꝛmangelung eines Dauphin, nicht mit Ausſchlieſſung aller Printzen von Ge- bluͤte, Beweiß des vorigẽ durch E- xempel und durch ein Gleich- niß. S 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/371
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/371>, abgerufen am 22.11.2024.