lert werden könne, und warum sich der HerrProfess. Philippi nicht. Prof. dieses einbilde. Ob ich gleich nicht die Ehre habe, ihn weiter zu kennen als aus seinen sechs deutschen Reden, und dem Hel- den-Gedicht, auf den König in Pohlen, so will ich doch hofen, daß er nicht von derjeni- gen Art der Scribenten ist, die, weil sie wenig Hofnung sehen, durch eine vernünftige und kluge Auführung die Hochachtung ihrer Mit-Bürger zu erlangen, aus Verzweifelung zu einer Handthierung greifen, welche ihnen ein natürlicher Mangel der Beurtheilungs- Kraft, und ein hoher Grad der Unverschämt- heit leichte machet. Ein Scribent von die- sem Schlage schreibt allemahl mit Lust und ohne Mühe, und ist ungemein mit sich selbst zufrieden.
Un sot en ecrivant fait tout avec plaisir, Il n'a point dans ses vers l'embarras de choisir, Et toaujours amoureux de ce qu'il vient d'ecrire, Ravi d'etonnement en soi meme il s'ad- mire. Boileau Sat. II.
Weil er nun hoffet, daß alle seine Leser so ge- sinnet seyn werden, wie er, so hält er sein Schmieren vor den geradesten Weg zum Tempel der Ehren, und suchet seinen Ruhm bloß in seinen Schriften. Es ist gar natür- lich, daß ein solcher Mensch es vor ein ehren-
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lert werden koͤnne, und warum ſich der HerrProfeſſ. Philippi nicht. Prof. dieſes einbilde. Ob ich gleich nicht die Ehre habe, ihn weiter zu kennen als aus ſeinen ſechs deutſchen Reden, und dem Hel- den-Gedicht, auf den Koͤnig in Pohlen, ſo will ich doch hofen, daß er nicht von derjeni- gen Art der Scribenten iſt, die, weil ſie wenig Hofnung ſehen, durch eine vernuͤnftige und kluge Aufuͤhrung die Hochachtung ihrer Mit-Buͤrger zu erlangen, aus Verzweifelung zu einer Handthierung greifen, welche ihnen ein natuͤrlicher Mangel der Beurtheilungs- Kraft, und ein hoher Grad der Unverſchaͤmt- heit leichte machet. Ein Scribent von die- ſem Schlage ſchreibt allemahl mit Luſt und ohne Muͤhe, und iſt ungemein mit ſich ſelbſt zufrieden.
Un ſot en écrivant fait tout avec plaiſir, Il n’a point dans ſes vers l’embarras de choiſir, Et toûjours amoureux de ce qu’il vient d’écrire, Ravi d’étonnement en ſoi même il ſ’ad- mire. Boileau Sat. II.
Weil er nun hoffet, daß alle ſeine Leſer ſo ge- ſinnet ſeyn werden, wie er, ſo haͤlt er ſein Schmieren vor den geradeſten Weg zum Tempel der Ehren, und ſuchet ſeinen Ruhm bloß in ſeinen Schriften. Es iſt gar natuͤr- lich, daß ein ſolcher Menſch es vor ein ehren-
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lert werden koͤnne, und warum ſich der Herr
Prof. dieſes einbilde. Ob ich gleich nicht die
Ehre habe, ihn weiter zu kennen als aus ſeinen
ſechs deutſchen Reden, und dem Hel-
den-Gedicht, auf den Koͤnig in Pohlen, ſo
will ich doch hofen, daß er nicht von derjeni-
gen Art der Scribenten iſt, die, weil ſie
wenig Hofnung ſehen, durch eine vernuͤnftige
und kluge Aufuͤhrung die Hochachtung ihrer
Mit-Buͤrger zu erlangen, aus Verzweifelung
zu einer Handthierung greifen, welche ihnen
ein natuͤrlicher Mangel der Beurtheilungs-
Kraft, und ein hoher Grad der Unverſchaͤmt-
heit leichte machet. Ein Scribent von die-
ſem Schlage ſchreibt allemahl mit Luſt und
ohne Muͤhe, und iſt ungemein mit ſich ſelbſt
zufrieden.
Profeſſ.
Philippi
nicht.
Un ſot en écrivant fait tout avec plaiſir,
Il n’a point dans ſes vers l’embarras de
choiſir,
Et toûjours amoureux de ce qu’il vient
d’écrire,
Ravi d’étonnement en ſoi même il ſ’ad-
mire.
Boileau Sat. II.
Weil er nun hoffet, daß alle ſeine Leſer ſo ge-
ſinnet ſeyn werden, wie er, ſo haͤlt er ſein
Schmieren vor den geradeſten Weg zum
Tempel der Ehren, und ſuchet ſeinen Ruhm
bloß in ſeinen Schriften. Es iſt gar natuͤr-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/357>, abgerufen am 22.11.2024.
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