wünschen, als daß Er fort reden möge, um ein gün- stiges Gehör angeflehet, und angefangen hat seine Heldin zu preisen, wieder von einem neuen Schrecken, und einer ausserordentlichen Bestürtzung überfallen wird. Wie Er dieses Schreckens, und dieser Verstür- tzung ungeachtet, mit grosser Sittsamkeit, und einer nicht geringern Beredsamkeit seine Ungeschicklichkeit entschuldiget: Wie Er dennoch, da der Schmertz, den Er empfindet, zu allen Glieder heraus will, um allem Ubel vorzukommen, die verborgene Weh- muht seines Hertzens aus der Qvelle der Ehrerbie- tigkeit hervor brechen lässet, und endlich, da er sich eben fertig macht, die Luft mit lauter gebrochnen Seufzern, mit einem bangen ach! und mit einem wehmüthigsten Geschrey zu erfüllen, in eine wahre, ungekünstelte, und hertzbrechende Ohnmacht danie- der sincket32): So werde ich durch diesen so wunderbaren Zufall, und durch so seltene, und so wunderbar unter einander gemischte, und noch auf eine wunderbarere Art ausgedrückte Gedancken so sehr gerühret, daß, wenn mir Dero huldreicher An- blick nicht statt eines kräftigen Balsams diente, mir gantz gewiß eine Ohnmacht anwandeln würde. Es ist ein Glück vor Sie, Meine Herren, daß Sie aus meinem unvollkommenen Vortrage die erstau- nenswürdige Beredsamkeit des Herrn Prof. Philip- pi sich nicht so vollenkommen vorstellen können, als Sie es thun würden, wenn Sie dessen Worte mit gehörigem Bedachte läsen. Jch bin versichert, Sie würden mir hier alle unter den Händen todt bleiben, wenn Sie die in seinem Vortrage verborgene Kün-
ste
32)ibid. p. 21. 25.
(o)
wuͤnſchen, als daß Er fort reden moͤge, um ein guͤn- ſtiges Gehoͤr angeflehet, und angefangen hat ſeine Heldin zu preiſen, wieder von einem neuen Schrecken, und einer auſſerordentlichen Beſtuͤrtzung uͤberfallen wird. Wie Er dieſes Schreckens, und dieſer Verſtuͤr- tzung ungeachtet, mit groſſer Sittſamkeit, und einer nicht geringern Beredſamkeit ſeine Ungeſchicklichkeit entſchuldiget: Wie Er dennoch, da der Schmertz, den Er empfindet, zu allen Glieder heraus will, um allem Ubel vorzukommen, die verborgene Weh- muht ſeines Hertzens aus der Qvelle der Ehrerbie- tigkeit hervor brechen laͤſſet, und endlich, da er ſich eben fertig macht, die Luft mit lauter gebrochnen Seufzern, mit einem bangen ach! und mit einem wehmuͤthigſten Geſchrey zu erfuͤllen, in eine wahre, ungekuͤnſtelte, und hertzbrechende Ohnmacht danie- der ſincket32): So werde ich durch dieſen ſo wunderbaren Zufall, und durch ſo ſeltene, und ſo wunderbar unter einander gemiſchte, und noch auf eine wunderbarere Art ausgedruͤckte Gedancken ſo ſehr geruͤhret, daß, wenn mir Dero huldreicher An- blick nicht ſtatt eines kraͤftigen Balſams diente, mir gantz gewiß eine Ohnmacht anwandeln wuͤrde. Es iſt ein Gluͤck vor Sie, Meine Herren, daß Sie aus meinem unvollkommenen Vortrage die erſtau- nenswuͤrdige Beredſamkeit des Herrn Prof. Philip- pi ſich nicht ſo vollenkommen vorſtellen koͤnnen, als Sie es thun wuͤrden, wenn Sie deſſen Worte mit gehoͤrigem Bedachte laͤſen. Jch bin verſichert, Sie wuͤrden mir hier alle unter den Haͤnden todt bleiben, wenn Sie die in ſeinem Vortrage verborgene Kuͤn-
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32)ibid. p. 21. 25.
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wuͤnſchen, als daß Er fort reden moͤge, um ein guͤn-
ſtiges Gehoͤr angeflehet, und angefangen hat ſeine
Heldin zu preiſen, wieder von einem neuen Schrecken,
und einer auſſerordentlichen Beſtuͤrtzung uͤberfallen
wird. Wie Er dieſes Schreckens, und dieſer Verſtuͤr-
tzung ungeachtet, mit groſſer Sittſamkeit, und einer
nicht geringern Beredſamkeit ſeine Ungeſchicklichkeit
entſchuldiget: Wie Er dennoch, da der Schmertz,
den Er empfindet, zu allen Glieder heraus will, um
allem Ubel vorzukommen, die verborgene Weh-
muht ſeines Hertzens aus der Qvelle der Ehrerbie-
tigkeit hervor brechen laͤſſet, und endlich, da er ſich
eben fertig macht, die Luft mit lauter gebrochnen
Seufzern, mit einem bangen ach! und mit einem
wehmuͤthigſten Geſchrey zu erfuͤllen, in eine wahre,
ungekuͤnſtelte, und hertzbrechende Ohnmacht danie-
der ſincket 32): So werde ich durch dieſen ſo
wunderbaren Zufall, und durch ſo ſeltene, und ſo
wunderbar unter einander gemiſchte, und noch auf
eine wunderbarere Art ausgedruͤckte Gedancken ſo
ſehr geruͤhret, daß, wenn mir Dero huldreicher An-
blick nicht ſtatt eines kraͤftigen Balſams diente, mir
gantz gewiß eine Ohnmacht anwandeln wuͤrde.
Es iſt ein Gluͤck vor Sie, Meine Herren, daß Sie
aus meinem unvollkommenen Vortrage die erſtau-
nenswuͤrdige Beredſamkeit des Herrn Prof. Philip-
pi ſich nicht ſo vollenkommen vorſtellen koͤnnen, als
Sie es thun wuͤrden, wenn Sie deſſen Worte mit
gehoͤrigem Bedachte laͤſen. Jch bin verſichert, Sie
wuͤrden mir hier alle unter den Haͤnden todt bleiben,
wenn Sie die in ſeinem Vortrage verborgene Kuͤn-
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32) ibid. p. 21. 25.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/263>, abgerufen am 25.11.2024.
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