Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
Leute darunter stecken, die dem Hn. M. Sievers
das wohlverdiente Lob, welches der X. Y. Z. ihm
beygeleget habe, nicht gönneten.

Jch kan nicht leugnen, daß dieses gegründete
Urtheil eines so andächtigen, wiewohl verachteten
Häufleins mich inniglich erquicket hat. Jch scheue
mich nicht, dasselbe allen falschen Deutungen, die
andere von meiner Schrift gemacht haben, entge-
gen zu setzen, und bitte den geneigten Leser, dasselbe
nicht aus der Acht zu lassen. Man darf nicht mey-
nen, die Leute in St. Annen-Kloster hätten die
verborgene Absicht meiner Schrift, wegen ihrer
Einfalt, nicht einsehen können. Wer so denckt, der
kennet diese Leute nicht. Seit dem der Hr. M. Sie-
vers ihnen das Evangelium geprediget hat, weichen
sie an Wissenschaft in der Theologie und Kirchen-
Historie, und an Geschicklichkeit, von einem Bu-
che zu urtheilen, dem gelehrtesten nicht. Dieser ge-
lehrte Mann läst sich die Mühe nicht verdriessen,
diese ehrbare Versammlung in das innerste der
Theologie zu führen. Er ertheilet ihr Nachricht
von allerhand alten und neuen theologischen Bü-
chern; Er unterrichtet sie in den neuern Religions-
Streitigkeiten, und lässet so gar die alten Ketzer,
welches in diesen indiferentistischen und laulichten
Zeiten was rares ist, nicht in der Erden ruhen.

Der Saame, den er ausstreuet, fällt auf ein
gutes Land. Man redet numehro in St. Annen-
Kloster nicht mehr von Kleinigkeiten, und gemei-
nen Dingen. Man spricht von Gnosticis, Va-
lentinianern, Manichäern, Marcioniten, Dona-
tisten, Novatianern, Sabellianern, Photinia-

nern,

(o)
Leute darunter ſtecken, die dem Hn. M. Sievers
das wohlverdiente Lob, welches der X. Y. Z. ihm
beygeleget habe, nicht goͤnneten.

Jch kan nicht leugnen, daß dieſes gegruͤndete
Urtheil eines ſo andaͤchtigen, wiewohl verachteten
Haͤufleins mich inniglich erquicket hat. Jch ſcheue
mich nicht, daſſelbe allen falſchen Deutungen, die
andere von meiner Schrift gemacht haben, entge-
gen zu ſetzen, und bitte den geneigten Leſer, daſſelbe
nicht aus der Acht zu laſſen. Man darf nicht mey-
nen, die Leute in St. Annen-Kloſter haͤtten die
verborgene Abſicht meiner Schrift, wegen ihrer
Einfalt, nicht einſehen koͤnnen. Wer ſo denckt, der
kennet dieſe Leute nicht. Seit dem der Hr. M. Sie-
vers ihnen das Evangelium geprediget hat, weichen
ſie an Wiſſenſchaft in der Theologie und Kirchen-
Hiſtorie, und an Geſchicklichkeit, von einem Bu-
che zu urtheilen, dem gelehrteſten nicht. Dieſer ge-
lehrte Mann laͤſt ſich die Muͤhe nicht verdrieſſen,
dieſe ehrbare Verſammlung in das innerſte der
Theologie zu fuͤhren. Er ertheilet ihr Nachricht
von allerhand alten und neuen theologiſchen Buͤ-
chern; Er unterrichtet ſie in den neuern Religions-
Streitigkeiten, und laͤſſet ſo gar die alten Ketzer,
welches in dieſen indiferentiſtiſchen und laulichten
Zeiten was rares iſt, nicht in der Erden ruhen.

Der Saame, den er ausſtreuet, faͤllt auf ein
gutes Land. Man redet numehro in St. Annen-
Kloſter nicht mehr von Kleinigkeiten, und gemei-
nen Dingen. Man ſpricht von Gnoſticis, Va-
lentinianern, Manichaͤern, Marcioniten, Dona-
tiſten, Novatianern, Sabellianern, Photinia-

nern,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0212" n="120"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
Leute darunter &#x017F;tecken, die dem Hn. M. Sievers<lb/>
das wohlverdiente Lob, welches der <hi rendition="#aq">X. Y. Z.</hi> ihm<lb/>
beygeleget habe, nicht go&#x0364;nneten.</p><lb/>
          <p>Jch kan nicht leugnen, daß die&#x017F;es gegru&#x0364;ndete<lb/>
Urtheil eines &#x017F;o anda&#x0364;chtigen, wiewohl verachteten<lb/>
Ha&#x0364;ufleins mich inniglich erquicket hat. Jch &#x017F;cheue<lb/>
mich nicht, da&#x017F;&#x017F;elbe allen fal&#x017F;chen Deutungen, die<lb/>
andere von meiner Schrift gemacht haben, entge-<lb/>
gen zu &#x017F;etzen, und bitte den geneigten Le&#x017F;er, da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
nicht aus der Acht zu la&#x017F;&#x017F;en. Man darf nicht mey-<lb/>
nen, die Leute in St. Annen-<hi rendition="#fr">Klo&#x017F;ter</hi> ha&#x0364;tten die<lb/>
verborgene Ab&#x017F;icht meiner Schrift, wegen ihrer<lb/>
Einfalt, nicht ein&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen. Wer &#x017F;o denckt, der<lb/>
kennet die&#x017F;e Leute nicht. Seit dem der Hr. M. Sie-<lb/>
vers ihnen das Evangelium geprediget hat, weichen<lb/>
&#x017F;ie an Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft in der Theologie und Kirchen-<lb/>
Hi&#x017F;torie, und an Ge&#x017F;chicklichkeit, von einem Bu-<lb/>
che zu urtheilen, dem gelehrte&#x017F;ten nicht. Die&#x017F;er ge-<lb/>
lehrte Mann la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich die Mu&#x0364;he nicht verdrie&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die&#x017F;e ehrbare Ver&#x017F;ammlung in das inner&#x017F;te der<lb/>
Theologie zu fu&#x0364;hren. Er ertheilet ihr Nachricht<lb/>
von allerhand alten und neuen theologi&#x017F;chen Bu&#x0364;-<lb/>
chern; Er unterrichtet &#x017F;ie in den neuern Religions-<lb/>
Streitigkeiten, und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;o gar die alten Ketzer,<lb/>
welches in die&#x017F;en indiferenti&#x017F;ti&#x017F;chen und laulichten<lb/>
Zeiten was rares i&#x017F;t, nicht in der Erden ruhen.</p><lb/>
          <p>Der Saame, den er aus&#x017F;treuet, fa&#x0364;llt auf ein<lb/>
gutes Land. Man redet numehro in St. Annen-<lb/>
Klo&#x017F;ter nicht mehr von Kleinigkeiten, und gemei-<lb/>
nen Dingen. Man &#x017F;pricht von Gno&#x017F;ticis, Va-<lb/>
lentinianern, Manicha&#x0364;ern, Marcioniten, Dona-<lb/>
ti&#x017F;ten, Novatianern, Sabellianern, Photinia-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nern,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0212] (o) Leute darunter ſtecken, die dem Hn. M. Sievers das wohlverdiente Lob, welches der X. Y. Z. ihm beygeleget habe, nicht goͤnneten. Jch kan nicht leugnen, daß dieſes gegruͤndete Urtheil eines ſo andaͤchtigen, wiewohl verachteten Haͤufleins mich inniglich erquicket hat. Jch ſcheue mich nicht, daſſelbe allen falſchen Deutungen, die andere von meiner Schrift gemacht haben, entge- gen zu ſetzen, und bitte den geneigten Leſer, daſſelbe nicht aus der Acht zu laſſen. Man darf nicht mey- nen, die Leute in St. Annen-Kloſter haͤtten die verborgene Abſicht meiner Schrift, wegen ihrer Einfalt, nicht einſehen koͤnnen. Wer ſo denckt, der kennet dieſe Leute nicht. Seit dem der Hr. M. Sie- vers ihnen das Evangelium geprediget hat, weichen ſie an Wiſſenſchaft in der Theologie und Kirchen- Hiſtorie, und an Geſchicklichkeit, von einem Bu- che zu urtheilen, dem gelehrteſten nicht. Dieſer ge- lehrte Mann laͤſt ſich die Muͤhe nicht verdrieſſen, dieſe ehrbare Verſammlung in das innerſte der Theologie zu fuͤhren. Er ertheilet ihr Nachricht von allerhand alten und neuen theologiſchen Buͤ- chern; Er unterrichtet ſie in den neuern Religions- Streitigkeiten, und laͤſſet ſo gar die alten Ketzer, welches in dieſen indiferentiſtiſchen und laulichten Zeiten was rares iſt, nicht in der Erden ruhen. Der Saame, den er ausſtreuet, faͤllt auf ein gutes Land. Man redet numehro in St. Annen- Kloſter nicht mehr von Kleinigkeiten, und gemei- nen Dingen. Man ſpricht von Gnoſticis, Va- lentinianern, Manichaͤern, Marcioniten, Dona- tiſten, Novatianern, Sabellianern, Photinia- nern,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/212
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/212>, abgerufen am 23.04.2024.