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Lischnewska, Maria: Die deutsche Frauenstimmrechtsbewegung zwischen Krieg und Frieden. Berlin, 1915.

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Das soll ein Wort sein, und es ist gut, daß es von dem ver-
antwortlichen Leiter der inneren Politik
ge-
kommen ist.

Können wir nun angesichts dieser Tatsachen noch länger in
der rechtlichen Unmündigkeit bleiben, in der wir uns be-
finden? Sollen wir auch weiterhin mit Bitterkeit auf die
schwedischen, norwegischen, dänischen, englischen Frauen blicken,
die seit Jahren das kommunale Wahlrecht besitzen, also
doch vollberechtigte Bürger ihrer Gemeinde sind? Jch meine,
das wäre nicht anständig, denn es blamiert die deutsche Frau vor
der ganzen Welt. Es schädigt aber auch das Ansehen Deutschlands
im Auslande. Für dieses Wahlrecht sind die Frauen
durchaus reif.
Sie wissen ganz genau, was sie auf kommunal-
politischem Gebiete wollen. Sie dienen der Gemeinde auch seit
Jahrzehnten in Unterricht, Bureaudienst, Armen- und Waisen-
pflege, Krankenpflege und freiwilliger sozialer Arbeit aller Art.
Von einem "Sprung ins Dunkle" kann nur ein Unwissender reden.
Dazu kommt, daß vornehmlich auf kommunalpolitischem Gebiete
die großen Aufgaben der neuen Zeit gelöst werden müssen: die
Neuordnung der Volksernährung, die Be-
kämpfung des Alkoholismus, die Wohnungs-
fürsorge, die Berufsbildung der gewerblich
tätigen Frau und die Vermehrung des Be-
völkerungszuwachses.
Das kann man nicht machen
ohne die Frau. Die Frauen wieder gütigst "heranzuziehen", wie
der unschöne Ausdruck heißt, geht nicht. Dabei bleiben sie ewig die
Geduldeten und werden nicht die Heimatberechtigten in der Ge-
meinde, deren überwiegende Einwohnerzahl sie ausmachen.

Es wird also die Aufgabe der Stimmrechtsbewegung sein,
mit aller Energie in die Arbeit für das kommunale Wahlrecht ein-
zutreten, und zwar in allen Bundesstaaten gleichzeitig und
nach einem übereinstimmenden Plane.

Bei diesem Arbeitsplan ist scharf zu unterscheiden zwischen
der Werbearbeit, die in Stadt und Land zur Aufklärung der Be-
völkerung, zur Gewinnung der Landtagsabgeordneten, in der
Presse, bei Staatsbehörden gemacht werden muß, und einer
anderen, die den innersten Kern trifft und nur in sorgfältigen
Beratungen gelöst werden könnte! Für die erstere haben wir zahl-
reiche Kräfte, und jeder Bundesstaat kann die Aufgabe lösen; für
die zweite: die Festlegung des kommunalen Wahlrechtes, das wir

Das soll ein Wort sein, und es ist gut, daß es von dem ver-
antwortlichen Leiter der inneren Politik
ge-
kommen ist.

Können wir nun angesichts dieser Tatsachen noch länger in
der rechtlichen Unmündigkeit bleiben, in der wir uns be-
finden? Sollen wir auch weiterhin mit Bitterkeit auf die
schwedischen, norwegischen, dänischen, englischen Frauen blicken,
die seit Jahren das kommunale Wahlrecht besitzen, also
doch vollberechtigte Bürger ihrer Gemeinde sind? Jch meine,
das wäre nicht anständig, denn es blamiert die deutsche Frau vor
der ganzen Welt. Es schädigt aber auch das Ansehen Deutschlands
im Auslande. Für dieses Wahlrecht sind die Frauen
durchaus reif.
Sie wissen ganz genau, was sie auf kommunal-
politischem Gebiete wollen. Sie dienen der Gemeinde auch seit
Jahrzehnten in Unterricht, Bureaudienst, Armen- und Waisen-
pflege, Krankenpflege und freiwilliger sozialer Arbeit aller Art.
Von einem „Sprung ins Dunkle‟ kann nur ein Unwissender reden.
Dazu kommt, daß vornehmlich auf kommunalpolitischem Gebiete
die großen Aufgaben der neuen Zeit gelöst werden müssen: die
Neuordnung der Volksernährung, die Be-
kämpfung des Alkoholismus, die Wohnungs-
fürsorge, die Berufsbildung der gewerblich
tätigen Frau und die Vermehrung des Be-
völkerungszuwachses.
Das kann man nicht machen
ohne die Frau. Die Frauen wieder gütigst „heranzuziehen‟, wie
der unschöne Ausdruck heißt, geht nicht. Dabei bleiben sie ewig die
Geduldeten und werden nicht die Heimatberechtigten in der Ge-
meinde, deren überwiegende Einwohnerzahl sie ausmachen.

Es wird also die Aufgabe der Stimmrechtsbewegung sein,
mit aller Energie in die Arbeit für das kommunale Wahlrecht ein-
zutreten, und zwar in allen Bundesstaaten gleichzeitig und
nach einem übereinstimmenden Plane.

Bei diesem Arbeitsplan ist scharf zu unterscheiden zwischen
der Werbearbeit, die in Stadt und Land zur Aufklärung der Be-
völkerung, zur Gewinnung der Landtagsabgeordneten, in der
Presse, bei Staatsbehörden gemacht werden muß, und einer
anderen, die den innersten Kern trifft und nur in sorgfältigen
Beratungen gelöst werden könnte! Für die erstere haben wir zahl-
reiche Kräfte, und jeder Bundesstaat kann die Aufgabe lösen; für
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[47/0047] Das soll ein Wort sein, und es ist gut, daß es von dem ver- antwortlichen Leiter der inneren Politik ge- kommen ist. Können wir nun angesichts dieser Tatsachen noch länger in der rechtlichen Unmündigkeit bleiben, in der wir uns be- finden? Sollen wir auch weiterhin mit Bitterkeit auf die schwedischen, norwegischen, dänischen, englischen Frauen blicken, die seit Jahren das kommunale Wahlrecht besitzen, also doch vollberechtigte Bürger ihrer Gemeinde sind? Jch meine, das wäre nicht anständig, denn es blamiert die deutsche Frau vor der ganzen Welt. Es schädigt aber auch das Ansehen Deutschlands im Auslande. Für dieses Wahlrecht sind die Frauen durchaus reif. Sie wissen ganz genau, was sie auf kommunal- politischem Gebiete wollen. Sie dienen der Gemeinde auch seit Jahrzehnten in Unterricht, Bureaudienst, Armen- und Waisen- pflege, Krankenpflege und freiwilliger sozialer Arbeit aller Art. Von einem „Sprung ins Dunkle‟ kann nur ein Unwissender reden. Dazu kommt, daß vornehmlich auf kommunalpolitischem Gebiete die großen Aufgaben der neuen Zeit gelöst werden müssen: die Neuordnung der Volksernährung, die Be- kämpfung des Alkoholismus, die Wohnungs- fürsorge, die Berufsbildung der gewerblich tätigen Frau und die Vermehrung des Be- völkerungszuwachses. Das kann man nicht machen ohne die Frau. Die Frauen wieder gütigst „heranzuziehen‟, wie der unschöne Ausdruck heißt, geht nicht. Dabei bleiben sie ewig die Geduldeten und werden nicht die Heimatberechtigten in der Ge- meinde, deren überwiegende Einwohnerzahl sie ausmachen. Es wird also die Aufgabe der Stimmrechtsbewegung sein, mit aller Energie in die Arbeit für das kommunale Wahlrecht ein- zutreten, und zwar in allen Bundesstaaten gleichzeitig und nach einem übereinstimmenden Plane. Bei diesem Arbeitsplan ist scharf zu unterscheiden zwischen der Werbearbeit, die in Stadt und Land zur Aufklärung der Be- völkerung, zur Gewinnung der Landtagsabgeordneten, in der Presse, bei Staatsbehörden gemacht werden muß, und einer anderen, die den innersten Kern trifft und nur in sorgfältigen Beratungen gelöst werden könnte! Für die erstere haben wir zahl- reiche Kräfte, und jeder Bundesstaat kann die Aufgabe lösen; für die zweite: die Festlegung des kommunalen Wahlrechtes, das wir  

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-05-11T12:53:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-05-11T12:53:44Z)

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Zitationshilfe: Lischnewska, Maria: Die deutsche Frauenstimmrechtsbewegung zwischen Krieg und Frieden. Berlin, 1915, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lischnewska_frauenstimmrechtsbewegung_1915/47>, abgerufen am 22.11.2024.