Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

Eine schwachgewölbte Fläche mit einem Querschnitt nach
Fig. 25 giebt also, in der Richtung des Pfeiles bewegt, einen
Luftwiderstand o a mit grosser hebender Komponente o b und
kleiner hemmender Komponente o c; ja,
dieser Luftwiderstand verliert bei gewissen
Neigungen überhaupt seine hemmende
Wirkung und bekommt sogar, was wir
anfangs kaum zu glauben wagten, unter
Umständen eine solche Richtung zur er-
zeugenden Fläche, dass statt der hemmen-
den eine treibende Komponente auftritt,
dass also die Druckrichtung nicht hinter,
sondern vor der Normalen zur Fläche zu
liegen kommt.

Da vermutlich auf den Eigenschaften
solcher schwachgekrümmter vogelflügel-
ähnlicher Flächen das Geheimnis der
ganzen Fliegekunst beruht, werden die-

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 25
selben später genauerer Untersuchung unterzogen. Zunächst
aber soll in dem folgenden Abschnitt das allgemeine Ver-
halten der ebenen und gewölbten Fläche zur Fliegearbeit ver-
glichen werden. Wir werden uns hierdurch von der vorteil-
haften Verwendbarkeit der flügelförmigen Flächen überzeugen,
und die Notwendigkeit von der gänzlichen Beseitigung der
ebenen Flügel aus der Flugfrage überhaupt einsehen.


24. Die Vorzüge des gewölbten Flügels gegen die ebene
Flugfläche.

Um einen Vergleich anstellen zu können zwischen dem
Luftwiderstand der ebenen und gewölbten Fläche, sind in
Fig. 26 und Fig. 27 zwei gleich grosse Flächen a b und c d
im Querschnitt dargestellt, welche auch unter gleichen Nei-
gungen, etwa von 15°, zum Horizont gelagert sind, voraus-

Eine schwachgewölbte Fläche mit einem Querschnitt nach
Fig. 25 giebt also, in der Richtung des Pfeiles bewegt, einen
Luftwiderstand o a mit groſser hebender Komponente o b und
kleiner hemmender Komponente o c; ja,
dieser Luftwiderstand verliert bei gewissen
Neigungen überhaupt seine hemmende
Wirkung und bekommt sogar, was wir
anfangs kaum zu glauben wagten, unter
Umständen eine solche Richtung zur er-
zeugenden Fläche, daſs statt der hemmen-
den eine treibende Komponente auftritt,
daſs also die Druckrichtung nicht hinter,
sondern vor der Normalen zur Fläche zu
liegen kommt.

Da vermutlich auf den Eigenschaften
solcher schwachgekrümmter vogelflügel-
ähnlicher Flächen das Geheimnis der
ganzen Fliegekunst beruht, werden die-

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 25
selben später genauerer Untersuchung unterzogen. Zunächst
aber soll in dem folgenden Abschnitt das allgemeine Ver-
halten der ebenen und gewölbten Fläche zur Fliegearbeit ver-
glichen werden. Wir werden uns hierdurch von der vorteil-
haften Verwendbarkeit der flügelförmigen Flächen überzeugen,
und die Notwendigkeit von der gänzlichen Beseitigung der
ebenen Flügel aus der Flugfrage überhaupt einsehen.


24. Die Vorzüge des gewölbten Flügels gegen die ebene
Flugfläche.

Um einen Vergleich anstellen zu können zwischen dem
Luftwiderstand der ebenen und gewölbten Fläche, sind in
Fig. 26 und Fig. 27 zwei gleich groſse Flächen a b und c d
im Querschnitt dargestellt, welche auch unter gleichen Nei-
gungen, etwa von 15°, zum Horizont gelagert sind, voraus-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0093" n="77"/>
        <p>Eine schwachgewölbte Fläche mit einem Querschnitt nach<lb/>
Fig. 25 giebt also, in der Richtung des Pfeiles bewegt, einen<lb/>
Luftwiderstand <hi rendition="#i">o a</hi> mit gro&#x017F;ser hebender Komponente <hi rendition="#i">o b</hi> und<lb/>
kleiner hemmender Komponente <hi rendition="#i">o c</hi>; ja,<lb/>
dieser Luftwiderstand verliert bei gewissen<lb/>
Neigungen überhaupt seine hemmende<lb/>
Wirkung und bekommt sogar, was wir<lb/>
anfangs kaum zu glauben wagten, unter<lb/>
Umständen eine solche Richtung zur er-<lb/>
zeugenden Fläche, da&#x017F;s statt der hemmen-<lb/>
den eine treibende Komponente auftritt,<lb/>
da&#x017F;s also die Druckrichtung nicht hinter,<lb/>
sondern vor der Normalen zur Fläche zu<lb/>
liegen kommt.</p><lb/>
        <p>Da vermutlich auf den Eigenschaften<lb/>
solcher schwachgekrümmter vogelflügel-<lb/>
ähnlicher Flächen das Geheimnis der<lb/>
ganzen Fliegekunst beruht, werden die-<lb/><figure/> <figure><head>Fig. 25</head></figure><lb/>
selben später genauerer Untersuchung unterzogen. Zunächst<lb/>
aber soll in dem folgenden Abschnitt das allgemeine Ver-<lb/>
halten der ebenen und gewölbten Fläche zur Fliegearbeit ver-<lb/>
glichen werden. Wir werden uns hierdurch von der vorteil-<lb/>
haften Verwendbarkeit der flügelförmigen Flächen überzeugen,<lb/>
und die Notwendigkeit von der gänzlichen Beseitigung der<lb/>
ebenen Flügel aus der Flugfrage überhaupt einsehen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">24. Die Vorzüge des gewölbten Flügels gegen die ebene<lb/>
Flugfläche.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Um einen Vergleich anstellen zu können zwischen dem<lb/>
Luftwiderstand der ebenen und gewölbten Fläche, sind in<lb/>
Fig. 26 und Fig. 27 zwei gleich gro&#x017F;se Flächen <hi rendition="#i">a b</hi> und <hi rendition="#i">c d</hi><lb/>
im Querschnitt dargestellt, welche auch unter gleichen Nei-<lb/>
gungen, etwa von 15°, zum Horizont gelagert sind, voraus-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0093] Eine schwachgewölbte Fläche mit einem Querschnitt nach Fig. 25 giebt also, in der Richtung des Pfeiles bewegt, einen Luftwiderstand o a mit groſser hebender Komponente o b und kleiner hemmender Komponente o c; ja, dieser Luftwiderstand verliert bei gewissen Neigungen überhaupt seine hemmende Wirkung und bekommt sogar, was wir anfangs kaum zu glauben wagten, unter Umständen eine solche Richtung zur er- zeugenden Fläche, daſs statt der hemmen- den eine treibende Komponente auftritt, daſs also die Druckrichtung nicht hinter, sondern vor der Normalen zur Fläche zu liegen kommt. Da vermutlich auf den Eigenschaften solcher schwachgekrümmter vogelflügel- ähnlicher Flächen das Geheimnis der ganzen Fliegekunst beruht, werden die- [Abbildung] [Abbildung Fig. 25] selben später genauerer Untersuchung unterzogen. Zunächst aber soll in dem folgenden Abschnitt das allgemeine Ver- halten der ebenen und gewölbten Fläche zur Fliegearbeit ver- glichen werden. Wir werden uns hierdurch von der vorteil- haften Verwendbarkeit der flügelförmigen Flächen überzeugen, und die Notwendigkeit von der gänzlichen Beseitigung der ebenen Flügel aus der Flugfrage überhaupt einsehen. 24. Die Vorzüge des gewölbten Flügels gegen die ebene Flugfläche. Um einen Vergleich anstellen zu können zwischen dem Luftwiderstand der ebenen und gewölbten Fläche, sind in Fig. 26 und Fig. 27 zwei gleich groſse Flächen a b und c d im Querschnitt dargestellt, welche auch unter gleichen Nei- gungen, etwa von 15°, zum Horizont gelagert sind, voraus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/93
Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/93>, abgerufen am 24.11.2024.