Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Da stürzt hervor, ein Jaguar, Mit Funkelblick und Stachelhaar, Jung Henning durch die Blätter: Ein Diener aus des Fürsten Troß, Sein Schwertgesell und Jagdgenoß, Nun des Gebieters Retter. Des Königs Dank ist Turm und Land, Er zäumt mit rot und gülden Band Ihm seinen besten Rappen. Es schaut der Ritter durchs Visier, Ein Eber droht, des Helmes Zier, Ein Eberkopf im Wappen. Jahrhundert auf Jahrhundert rann, Ein Augenblick. Die Parze spann Gleichmäßig ihren Faden. Die Sippe floß, zuerst ein Quell, Dann Fluß und Strom, bald still und hell, Bald rauschend wie Kaskaden. Versandet. Noch ein letzter Blink, Es rinnt im Sonnenscheidewink Der Murmelbach von hinnen: Die kleine feine Eminenz Im Garten dort in Laub und Lenz, Was steht sie tief in Sinnen? Der Lanzenreiter, Tod genannt, Führt sicher seine Knochenhand, Er hat den Greis erstochen. Zerpflückt, verwelkt das Kranzgeflecht, Erloschen ist ein alt Geschlecht, Das Wappenschild zerbrochen. Da ſtürzt hervor, ein Jaguar, Mit Funkelblick und Stachelhaar, Jung Henning durch die Blätter: Ein Diener aus des Fürſten Troß, Sein Schwertgeſell und Jagdgenoß, Nun des Gebieters Retter. Des Königs Dank iſt Turm und Land, Er zäumt mit rot und gülden Band Ihm ſeinen beſten Rappen. Es ſchaut der Ritter durchs Viſier, Ein Eber droht, des Helmes Zier, Ein Eberkopf im Wappen. Jahrhundert auf Jahrhundert rann, Ein Augenblick. Die Parze ſpann Gleichmäßig ihren Faden. Die Sippe floß, zuerſt ein Quell, Dann Fluß und Strom, bald ſtill und hell, Bald rauſchend wie Kaskaden. Verſandet. Noch ein letzter Blink, Es rinnt im Sonnenſcheidewink Der Murmelbach von hinnen: Die kleine feine Eminenz Im Garten dort in Laub und Lenz, Was ſteht ſie tief in Sinnen? Der Lanzenreiter, Tod genannt, Führt ſicher ſeine Knochenhand, Er hat den Greis erſtochen. Zerpflückt, verwelkt das Kranzgeflecht, Erloſchen iſt ein alt Geſchlecht, Das Wappenſchild zerbrochen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0079" n="71"/> <lg n="2"> <l>Da ſtürzt hervor, ein Jaguar,</l><lb/> <l>Mit Funkelblick und Stachelhaar,</l><lb/> <l>Jung Henning durch die Blätter:</l><lb/> <l>Ein Diener aus des Fürſten Troß,</l><lb/> <l>Sein Schwertgeſell und Jagdgenoß,</l><lb/> <l>Nun des Gebieters Retter.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Des Königs Dank iſt Turm und Land,</l><lb/> <l>Er zäumt mit rot und gülden Band</l><lb/> <l>Ihm ſeinen beſten Rappen.</l><lb/> <l>Es ſchaut der Ritter durchs Viſier,</l><lb/> <l>Ein Eber droht, des Helmes Zier,</l><lb/> <l>Ein Eberkopf im Wappen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Jahrhundert auf Jahrhundert rann,</l><lb/> <l>Ein Augenblick. Die Parze ſpann</l><lb/> <l>Gleichmäßig ihren Faden.</l><lb/> <l>Die Sippe floß, zuerſt ein Quell,</l><lb/> <l>Dann Fluß und Strom, bald ſtill und hell,</l><lb/> <l>Bald rauſchend wie Kaskaden.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Verſandet. Noch ein letzter Blink,</l><lb/> <l>Es rinnt im Sonnenſcheidewink</l><lb/> <l>Der Murmelbach von hinnen:</l><lb/> <l>Die kleine feine Eminenz</l><lb/> <l>Im Garten dort in Laub und Lenz,</l><lb/> <l>Was ſteht ſie tief in Sinnen?</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Der Lanzenreiter, Tod genannt,</l><lb/> <l>Führt ſicher ſeine Knochenhand,</l><lb/> <l>Er hat den Greis erſtochen.</l><lb/> <l>Zerpflückt, verwelkt das Kranzgeflecht,</l><lb/> <l>Erloſchen iſt ein alt Geſchlecht,</l><lb/> <l>Das Wappenſchild zerbrochen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [71/0079]
Da ſtürzt hervor, ein Jaguar,
Mit Funkelblick und Stachelhaar,
Jung Henning durch die Blätter:
Ein Diener aus des Fürſten Troß,
Sein Schwertgeſell und Jagdgenoß,
Nun des Gebieters Retter.
Des Königs Dank iſt Turm und Land,
Er zäumt mit rot und gülden Band
Ihm ſeinen beſten Rappen.
Es ſchaut der Ritter durchs Viſier,
Ein Eber droht, des Helmes Zier,
Ein Eberkopf im Wappen.
Jahrhundert auf Jahrhundert rann,
Ein Augenblick. Die Parze ſpann
Gleichmäßig ihren Faden.
Die Sippe floß, zuerſt ein Quell,
Dann Fluß und Strom, bald ſtill und hell,
Bald rauſchend wie Kaskaden.
Verſandet. Noch ein letzter Blink,
Es rinnt im Sonnenſcheidewink
Der Murmelbach von hinnen:
Die kleine feine Eminenz
Im Garten dort in Laub und Lenz,
Was ſteht ſie tief in Sinnen?
Der Lanzenreiter, Tod genannt,
Führt ſicher ſeine Knochenhand,
Er hat den Greis erſtochen.
Zerpflückt, verwelkt das Kranzgeflecht,
Erloſchen iſt ein alt Geſchlecht,
Das Wappenſchild zerbrochen.
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Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/79>, abgerufen am 16.07.2024. |