Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

Bild:
<< vorherige Seite
Und hebt ihn auf den Sattel sacht,
Gewonnen ist das Spiel,
Und trägt ihn durch die Sternennacht
Bis auf sein Schloß zu Kiel.
Er löst ihm Kettenhemd und Schien',
Und stellt ihm Rosen und Jasmin
Um seine Wunden viel.
Dann denkt er an Maria rein
Und an sein heißes Flehn.
Er ministrirt am Altarschrein,
Und barfuß muß er gehn.
Als Bettelmönch mit Spottgewinn,
So dankt er seiner Helferin
Marien Magdalen.


Heidebilder.


Tiefeinsamkeit spannt weit die schönen Flügel,
Weit über stille Felder aus.
Wie ferne Küsten grenzen graue Hügel,
Sie schützen vor dem Menschengraus.
Im Frühling rauscht in mitternächtiger Stunde
Die Wildgans hoch in raschem Flug.
Das alte Gaukelspiel: in weiter Runde
Hör' ich Gesang im Wolkenzug.
Verschlafen sinkt der Mond in schwarze Gründe,
Beglänzt noch einmal Schilf und Rohr.
Gelangweilt ob so mancher holden Sünde,
Verläßt er Garten, Wald und Moor.


Und hebt ihn auf den Sattel ſacht,
Gewonnen iſt das Spiel,
Und trägt ihn durch die Sternennacht
Bis auf ſein Schloß zu Kiel.
Er löſt ihm Kettenhemd und Schien’,
Und ſtellt ihm Roſen und Jasmin
Um ſeine Wunden viel.
Dann denkt er an Maria rein
Und an ſein heißes Flehn.
Er miniſtrirt am Altarſchrein,
Und barfuß muß er gehn.
Als Bettelmönch mit Spottgewinn,
So dankt er ſeiner Helferin
Marien Magdalen.


Heidebilder.


Tiefeinſamkeit ſpannt weit die ſchönen Flügel,
Weit über ſtille Felder aus.
Wie ferne Küſten grenzen graue Hügel,
Sie ſchützen vor dem Menſchengraus.
Im Frühling rauſcht in mitternächtiger Stunde
Die Wildgans hoch in raſchem Flug.
Das alte Gaukelſpiel: in weiter Runde
Hör’ ich Geſang im Wolkenzug.
Verſchlafen ſinkt der Mond in ſchwarze Gründe,
Beglänzt noch einmal Schilf und Rohr.
Gelangweilt ob ſo mancher holden Sünde,
Verläßt er Garten, Wald und Moor.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0047" n="39"/>
          <lg n="13">
            <l>Und hebt ihn auf den Sattel &#x017F;acht,</l><lb/>
            <l>Gewonnen i&#x017F;t das Spiel,</l><lb/>
            <l>Und trägt ihn durch die Sternennacht</l><lb/>
            <l>Bis auf &#x017F;ein Schloß zu Kiel.</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Er lö&#x017F;t ihm Kettenhemd und Schien&#x2019;,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Und &#x017F;tellt ihm Ro&#x017F;en und Jasmin</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Um &#x017F;eine Wunden viel.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="14">
            <l>Dann denkt er an Maria rein</l><lb/>
            <l>Und an &#x017F;ein heißes Flehn.</l><lb/>
            <l>Er mini&#x017F;trirt am Altar&#x017F;chrein,</l><lb/>
            <l>Und barfuß muß er gehn.</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Als Bettelmönch mit Spottgewinn,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">So dankt er &#x017F;einer Helferin</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Marien Magdalen.</hi> </l>
          </lg>
        </lg>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Heidebilder.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">T</hi>iefein&#x017F;amkeit &#x017F;pannt weit die &#x017F;chönen Flügel,</l><lb/>
            <l>Weit über &#x017F;tille Felder aus.</l><lb/>
            <l>Wie ferne Kü&#x017F;ten grenzen graue Hügel,</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;chützen vor dem Men&#x017F;chengraus.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Im Frühling rau&#x017F;cht in mitternächtiger Stunde</l><lb/>
            <l>Die Wildgans hoch in ra&#x017F;chem Flug.</l><lb/>
            <l>Das alte Gaukel&#x017F;piel: in weiter Runde</l><lb/>
            <l>Hör&#x2019; ich Ge&#x017F;ang im Wolkenzug.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Ver&#x017F;chlafen &#x017F;inkt der Mond in &#x017F;chwarze Gründe,</l><lb/>
            <l>Beglänzt noch einmal Schilf und Rohr.</l><lb/>
            <l>Gelangweilt ob &#x017F;o mancher holden Sünde,</l><lb/>
            <l>Verläßt er Garten, Wald und Moor.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0047] Und hebt ihn auf den Sattel ſacht, Gewonnen iſt das Spiel, Und trägt ihn durch die Sternennacht Bis auf ſein Schloß zu Kiel. Er löſt ihm Kettenhemd und Schien’, Und ſtellt ihm Roſen und Jasmin Um ſeine Wunden viel. Dann denkt er an Maria rein Und an ſein heißes Flehn. Er miniſtrirt am Altarſchrein, Und barfuß muß er gehn. Als Bettelmönch mit Spottgewinn, So dankt er ſeiner Helferin Marien Magdalen. Heidebilder. Tiefeinſamkeit ſpannt weit die ſchönen Flügel, Weit über ſtille Felder aus. Wie ferne Küſten grenzen graue Hügel, Sie ſchützen vor dem Menſchengraus. Im Frühling rauſcht in mitternächtiger Stunde Die Wildgans hoch in raſchem Flug. Das alte Gaukelſpiel: in weiter Runde Hör’ ich Geſang im Wolkenzug. Verſchlafen ſinkt der Mond in ſchwarze Gründe, Beglänzt noch einmal Schilf und Rohr. Gelangweilt ob ſo mancher holden Sünde, Verläßt er Garten, Wald und Moor.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/47
Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/47>, abgerufen am 25.11.2024.