Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Am Abend Humpenaus, Zinken und Tanz, Beim Brettspiel König und Knappen. Der Mond flicht draußen den alten Kranz Um Lauben und steinerne Wappen. Der Herzog allein. Zur Seiten nur Ritter Laug' im Wams von Seiden. "Sprich, Lauge, wo blieb Wieb Stures Spur, Wen küßt sie von euch beiden?" "Vom Trinken ist dir die Stirne heiß, König Erich, die Luft ist trocken. Mein Segel wiegt unten, scharlach und weiß, Steig' ein, und kühle die Locken." Schloßknechte spannen den Baldachin, Vom Söller winkt der Bruder. Der König schläft auf dem Hermelin, Und leise tauchen die Ruder. Verworren Getön vom Prunkgelag, Der Wachen und Stundenrufer. Da schießt mit gleichem Einfallschlag Ein ander Boot vom Ufer. "Halt, halt, König Erich!" ... Fackeln im Wind Flackern um schwarze Figuren. "Wo blieb Wieb Sture, gieb Antwort, geschwind, Gieb Antwort, wo blieb Wieb Sturen?" "Bei Sanct Jürgen, ich riß sie dir Hund vom Leib," Schreit der König, die Lippen beben. "Bei Sanct Jürgen, sie war mir Zeitvertreib Zwei Wochen von meinem Leben." Am Abend Humpenaus, Zinken und Tanz, Beim Brettſpiel König und Knappen. Der Mond flicht draußen den alten Kranz Um Lauben und ſteinerne Wappen. Der Herzog allein. Zur Seiten nur Ritter Laug’ im Wams von Seiden. „Sprich, Lauge, wo blieb Wieb Stures Spur, Wen küßt ſie von euch beiden?“ „Vom Trinken iſt dir die Stirne heiß, König Erich, die Luft iſt trocken. Mein Segel wiegt unten, ſcharlach und weiß, Steig’ ein, und kühle die Locken.“ Schloßknechte ſpannen den Baldachin, Vom Söller winkt der Bruder. Der König ſchläft auf dem Hermelin, Und leiſe tauchen die Ruder. Verworren Getön vom Prunkgelag, Der Wachen und Stundenrufer. Da ſchießt mit gleichem Einfallſchlag Ein ander Boot vom Ufer. „Halt, halt, König Erich!“ … Fackeln im Wind Flackern um ſchwarze Figuren. „Wo blieb Wieb Sture, gieb Antwort, geſchwind, Gieb Antwort, wo blieb Wieb Sturen?“ „Bei Sanct Jürgen, ich riß ſie dir Hund vom Leib,“ Schreit der König, die Lippen beben. „Bei Sanct Jürgen, ſie war mir Zeitvertreib Zwei Wochen von meinem Leben.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0031" n="23"/> <lg n="7"> <l>Am Abend Humpenaus, Zinken und Tanz,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Beim Brettſpiel König und Knappen.</hi> </l><lb/> <l>Der Mond flicht draußen den alten Kranz</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Um Lauben und ſteinerne Wappen.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Der Herzog allein. Zur Seiten nur</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ritter Laug’ im Wams von Seiden.</hi> </l><lb/> <l>„Sprich, Lauge, wo blieb Wieb Stures Spur,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wen küßt ſie von euch beiden?“</hi> </l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>„Vom Trinken iſt dir die Stirne heiß,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">König Erich, die Luft iſt trocken.</hi> </l><lb/> <l>Mein Segel wiegt unten, ſcharlach und weiß,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Steig’ ein, und kühle die Locken.“</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Schloßknechte ſpannen den Baldachin,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Vom Söller winkt der Bruder.</hi> </l><lb/> <l>Der König ſchläft auf dem Hermelin,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und leiſe tauchen die Ruder.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Verworren Getön vom Prunkgelag,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Der Wachen und Stundenrufer.</hi> </l><lb/> <l>Da ſchießt mit gleichem Einfallſchlag</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ein ander Boot vom Ufer.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>„Halt, halt, König Erich!“ … Fackeln im Wind</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Flackern um ſchwarze Figuren.</hi> </l><lb/> <l>„Wo blieb Wieb Sture, gieb Antwort, geſchwind,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Gieb Antwort, wo blieb Wieb Sturen?“</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>„Bei Sanct Jürgen, ich riß ſie dir Hund vom Leib,“</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Schreit der König, die Lippen beben.</hi> </l><lb/> <l>„Bei Sanct Jürgen, ſie war mir Zeitvertreib</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Zwei Wochen von meinem Leben.“</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [23/0031]
Am Abend Humpenaus, Zinken und Tanz,
Beim Brettſpiel König und Knappen.
Der Mond flicht draußen den alten Kranz
Um Lauben und ſteinerne Wappen.
Der Herzog allein. Zur Seiten nur
Ritter Laug’ im Wams von Seiden.
„Sprich, Lauge, wo blieb Wieb Stures Spur,
Wen küßt ſie von euch beiden?“
„Vom Trinken iſt dir die Stirne heiß,
König Erich, die Luft iſt trocken.
Mein Segel wiegt unten, ſcharlach und weiß,
Steig’ ein, und kühle die Locken.“
Schloßknechte ſpannen den Baldachin,
Vom Söller winkt der Bruder.
Der König ſchläft auf dem Hermelin,
Und leiſe tauchen die Ruder.
Verworren Getön vom Prunkgelag,
Der Wachen und Stundenrufer.
Da ſchießt mit gleichem Einfallſchlag
Ein ander Boot vom Ufer.
„Halt, halt, König Erich!“ … Fackeln im Wind
Flackern um ſchwarze Figuren.
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Gieb Antwort, wo blieb Wieb Sturen?“
„Bei Sanct Jürgen, ich riß ſie dir Hund vom Leib,“
Schreit der König, die Lippen beben.
„Bei Sanct Jürgen, ſie war mir Zeitvertreib
Zwei Wochen von meinem Leben.“
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