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Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

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Im Erker oben liegen weich
Zwei blondgelockte Knaben,
Die sich im Kinderhimmelreich
Zärtlich umschlungen haben.
O, Mutter, sieh dein Knabenpaar,
O, sieh das gelbe Ringelhaar,
Im Schlafe, wie sie glühen,
Gesund und frisch erblühen.
Zurück, was soll der Dolch, zurück --
Vier Augen sind im Wege.
Zurück, dort liegt dein einzig Glück --
Vier Augen sind im Wege.
Bei Jesus und Maria, halt!
Sie sticht -- die Knaben werden kalt.
Zu gräßlich war die Sünde
Der Gräfin Orlamünde.
Sie wirft sich auf ihr rothes Roß
Im blutbefleckten Kleide.
Da sieht sie schon des Grafen Troß
Hinziehen durch die Heide.
"Halt an, halt an! Graf Albrecht mein,
Dein Herz, dein Herz wie Marmelstein,
Nun laß es menschlich pochen,
Vier Augen sind gebrochen."
Graf Albrecht reißt den Hengst empor,
Entsetzt stand still sein Herze.
Dann beugt er sich zu ihrem Ohr
Und spricht mit grausem Scherze:
Unmenschlich Weib! Der Augen vier
Gehörten, meint' ich, mir und dir.
Und seine Eisen sanken
Dem Prunkroß in die Flanken.

Im Erker oben liegen weich
Zwei blondgelockte Knaben,
Die ſich im Kinderhimmelreich
Zärtlich umſchlungen haben.
O, Mutter, ſieh dein Knabenpaar,
O, ſieh das gelbe Ringelhaar,
Im Schlafe, wie ſie glühen,
Geſund und friſch erblühen.
Zurück, was ſoll der Dolch, zurück —
Vier Augen ſind im Wege.
Zurück, dort liegt dein einzig Glück —
Vier Augen ſind im Wege.
Bei Jeſus und Maria, halt!
Sie ſticht — die Knaben werden kalt.
Zu gräßlich war die Sünde
Der Gräfin Orlamünde.
Sie wirft ſich auf ihr rothes Roß
Im blutbefleckten Kleide.
Da ſieht ſie ſchon des Grafen Troß
Hinziehen durch die Heide.
„Halt an, halt an! Graf Albrecht mein,
Dein Herz, dein Herz wie Marmelſtein,
Nun laß es menſchlich pochen,
Vier Augen ſind gebrochen.“
Graf Albrecht reißt den Hengſt empor,
Entſetzt ſtand ſtill ſein Herze.
Dann beugt er ſich zu ihrem Ohr
Und ſpricht mit grauſem Scherze:
Unmenſchlich Weib! Der Augen vier
Gehörten, meint’ ich, mir und dir.
Und ſeine Eiſen ſanken
Dem Prunkroß in die Flanken.

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[105/0113] Im Erker oben liegen weich Zwei blondgelockte Knaben, Die ſich im Kinderhimmelreich Zärtlich umſchlungen haben. O, Mutter, ſieh dein Knabenpaar, O, ſieh das gelbe Ringelhaar, Im Schlafe, wie ſie glühen, Geſund und friſch erblühen. Zurück, was ſoll der Dolch, zurück — Vier Augen ſind im Wege. Zurück, dort liegt dein einzig Glück — Vier Augen ſind im Wege. Bei Jeſus und Maria, halt! Sie ſticht — die Knaben werden kalt. Zu gräßlich war die Sünde Der Gräfin Orlamünde. Sie wirft ſich auf ihr rothes Roß Im blutbefleckten Kleide. Da ſieht ſie ſchon des Grafen Troß Hinziehen durch die Heide. „Halt an, halt an! Graf Albrecht mein, Dein Herz, dein Herz wie Marmelſtein, Nun laß es menſchlich pochen, Vier Augen ſind gebrochen.“ Graf Albrecht reißt den Hengſt empor, Entſetzt ſtand ſtill ſein Herze. Dann beugt er ſich zu ihrem Ohr Und ſpricht mit grauſem Scherze: Unmenſchlich Weib! Der Augen vier Gehörten, meint’ ich, mir und dir. Und ſeine Eiſen ſanken Dem Prunkroß in die Flanken.

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Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/113>, abgerufen am 27.11.2024.