Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Der Zöllner spielte täglich seinen Skat Acht Stunden mit den beiden Herrn Pastoren. Wie Dornenröschen schlief der Advokat, Kein Kundenprinz hat je sich hinverloren. Im Sitzungssaale gähnt der hohe Rath, Die Boten schnarchen auf den Korridoren. Es drückt der Gouverneur, die Leuenkatze, Auf all' die Mäuschen seine schwere Tatze. Doch nein, das that er nicht. Im Gegentheil, Er war ein milder und humaner Herr. Ihm folgten Männer ohne Schwert und Beil. Umdrängten ihn mit Hin- und Hergezerr Die guten Leute, riefen alle Heil! Heil! auch die Kinder mitt' im Schulgeplärr. Von Yvetot der König, Bumm und Tusch! Parademarsch, es nickt der Federbusch. Es hatte auch das Städtchen Garnison, An jedem Mittwoch war Parolausgabe. Dann zog die Wache auf vom Bataillon Mit Tschingdada, Dienstmädchen, Schusterknabe. "Die Herrn Offiziere!" rief mit Donnerton Der Gouverneur, umringt von seinem Stabe. Ihm waren kommandiert zwei Adjutanten, Die beid' auf ihre Stiefel viel verwandten. Warum er hier, das konnte Keiner sagen. Er lebte nun seit vierzig Jahren schon, Im Sommer heiß, im Winter hoch den Kragen, Auf diesem allerliebsten kleinen Thron. Die einen sprachen, daß in frühern Tagen Ihn sehr gekannt Herr Levy Nathansohn. Die andern meinten, daß vielleicht Madame ... Wie heißt das alte Wort? . . Cherchez la femme! Der Zöllner ſpielte täglich ſeinen Skat Acht Stunden mit den beiden Herrn Paſtoren. Wie Dornenröschen ſchlief der Advokat, Kein Kundenprinz hat je ſich hinverloren. Im Sitzungsſaale gähnt der hohe Rath, Die Boten ſchnarchen auf den Korridoren. Es drückt der Gouverneur, die Leuenkatze, Auf all’ die Mäuschen ſeine ſchwere Tatze. Doch nein, das that er nicht. Im Gegentheil, Er war ein milder und humaner Herr. Ihm folgten Männer ohne Schwert und Beil. Umdrängten ihn mit Hin- und Hergezerr Die guten Leute, riefen alle Heil! Heil! auch die Kinder mitt’ im Schulgeplärr. Von Yvetot der König, Bumm und Tuſch! Parademarſch, es nickt der Federbuſch. Es hatte auch das Städtchen Garniſon, An jedem Mittwoch war Parolausgabe. Dann zog die Wache auf vom Bataillon Mit Tſchingdada, Dienſtmädchen, Schuſterknabe. „Die Herrn Offiziere!“ rief mit Donnerton Der Gouverneur, umringt von ſeinem Stabe. Ihm waren kommandiert zwei Adjutanten, Die beid’ auf ihre Stiefel viel verwandten. Warum er hier, das konnte Keiner ſagen. Er lebte nun ſeit vierzig Jahren ſchon, Im Sommer heiß, im Winter hoch den Kragen, Auf dieſem allerliebſten kleinen Thron. Die einen ſprachen, daß in frühern Tagen Ihn ſehr gekannt Herr Levy Nathanſohn. Die andern meinten, daß vielleicht Madame … Wie heißt das alte Wort? . . Cherchez la femme! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0010" n="2"/> <lg n="4"> <l>Der Zöllner ſpielte täglich ſeinen Skat</l><lb/> <l>Acht Stunden mit den beiden Herrn Paſtoren.</l><lb/> <l>Wie Dornenröschen ſchlief der Advokat,</l><lb/> <l>Kein Kundenprinz hat je ſich hinverloren.</l><lb/> <l>Im Sitzungsſaale gähnt der hohe Rath,</l><lb/> <l>Die Boten ſchnarchen auf den Korridoren.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Es drückt der Gouverneur, die Leuenkatze,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Auf all’ die Mäuschen ſeine ſchwere Tatze.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Doch nein, das that er nicht. Im Gegentheil,</l><lb/> <l>Er war ein milder und humaner Herr.</l><lb/> <l>Ihm folgten Männer ohne Schwert und Beil.</l><lb/> <l>Umdrängten ihn mit Hin- und Hergezerr</l><lb/> <l>Die guten Leute, riefen alle Heil!</l><lb/> <l>Heil! auch die Kinder mitt’ im Schulgeplärr.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Von Yvetot der König, Bumm und Tuſch!</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Parademarſch, es nickt der Federbuſch.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Es hatte auch das Städtchen Garniſon,</l><lb/> <l>An jedem Mittwoch war Parolausgabe.</l><lb/> <l>Dann zog die Wache auf vom Bataillon</l><lb/> <l>Mit Tſchingdada, Dienſtmädchen, Schuſterknabe.</l><lb/> <l>„Die Herrn Offiziere!“ rief mit Donnerton</l><lb/> <l>Der Gouverneur, umringt von ſeinem Stabe.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ihm waren kommandiert zwei Adjutanten,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Die beid’ auf ihre Stiefel viel verwandten.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Warum er hier, das konnte Keiner ſagen.</l><lb/> <l>Er lebte nun ſeit vierzig Jahren ſchon,</l><lb/> <l>Im Sommer heiß, im Winter hoch den Kragen,</l><lb/> <l>Auf dieſem allerliebſten kleinen Thron.</l><lb/> <l>Die einen ſprachen, daß in frühern Tagen</l><lb/> <l>Ihn ſehr gekannt Herr Levy Nathanſohn.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Die andern meinten, daß vielleicht Madame …</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wie heißt das alte Wort? . . Cherchez la femme!</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [2/0010]
Der Zöllner ſpielte täglich ſeinen Skat
Acht Stunden mit den beiden Herrn Paſtoren.
Wie Dornenröschen ſchlief der Advokat,
Kein Kundenprinz hat je ſich hinverloren.
Im Sitzungsſaale gähnt der hohe Rath,
Die Boten ſchnarchen auf den Korridoren.
Es drückt der Gouverneur, die Leuenkatze,
Auf all’ die Mäuschen ſeine ſchwere Tatze.
Doch nein, das that er nicht. Im Gegentheil,
Er war ein milder und humaner Herr.
Ihm folgten Männer ohne Schwert und Beil.
Umdrängten ihn mit Hin- und Hergezerr
Die guten Leute, riefen alle Heil!
Heil! auch die Kinder mitt’ im Schulgeplärr.
Von Yvetot der König, Bumm und Tuſch!
Parademarſch, es nickt der Federbuſch.
Es hatte auch das Städtchen Garniſon,
An jedem Mittwoch war Parolausgabe.
Dann zog die Wache auf vom Bataillon
Mit Tſchingdada, Dienſtmädchen, Schuſterknabe.
„Die Herrn Offiziere!“ rief mit Donnerton
Der Gouverneur, umringt von ſeinem Stabe.
Ihm waren kommandiert zwei Adjutanten,
Die beid’ auf ihre Stiefel viel verwandten.
Warum er hier, das konnte Keiner ſagen.
Er lebte nun ſeit vierzig Jahren ſchon,
Im Sommer heiß, im Winter hoch den Kragen,
Auf dieſem allerliebſten kleinen Thron.
Die einen ſprachen, daß in frühern Tagen
Ihn ſehr gekannt Herr Levy Nathanſohn.
Die andern meinten, daß vielleicht Madame …
Wie heißt das alte Wort? . . Cherchez la femme!
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Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/10>, abgerufen am 16.02.2025. |