weil sie von allen nur den der Auflösung fähigen Bestand- theil (Leimsubstanz) verloren haben. Eigentliche Faeces gehen von der Schlange so wenig, wie von den fleischfressenden Vögeln ab.
Das Fleisch, das Fett, das Blut, die Gehirn- und Ner- vensubstanz des verzehrten Thieres, alles übrige ist, wenn die Schlange ihr ursprüngliches Gewicht wieder erhalten hat, verschwunden.
Als das einzige Excrement finden wir eine Materie, welche durch die Harnwege ausgeleert wird; im trocknen Zustande ist sie blendend weiß wie Kreide, sie ist sehr reich an Stick- stoff, und enthält nur kohlensauren und phosphorsauren Kalk beigemischt.
Dieses Excrement ist harnsaures Ammoniak, eine chemi- sche Verbindung, in welcher sich der Stickstoff zum Kohlenstoff in dem nämlichen Verhältniß befindet, wie im sauren kohlen- sauren Ammoniak, sie enthält auf 1 Aeq. Stickstoff 2 Aeq. Kohlenstoff.
Die Muskelfaser, das Blut, die Membranen und Häute enthielten aber auf die nämliche Quantität Stickstoff vier- mal so viel Kohlenstoff, nämlich 8 Aequivalente, und wenn man hierzu den Kohlenstoff des genossenen Fettes, der Ner- ven- und Gehirnsubstanz hinzurechnet, so ist klar, daß die Schlange auf 1 Aeq. Stickstoff weit mehr als 8 Aeq. Koh- lenstoff verzehrt hat.
Wenn wir nun annehmen, daß das harnsaure Ammoniak allen Stickstoff des verzehrten Thieres enthält, so sind offen-
Reſpiration und Ernährung.
weil ſie von allen nur den der Auflöſung fähigen Beſtand- theil (Leimſubſtanz) verloren haben. Eigentliche Faeces gehen von der Schlange ſo wenig, wie von den fleiſchfreſſenden Vögeln ab.
Das Fleiſch, das Fett, das Blut, die Gehirn- und Ner- venſubſtanz des verzehrten Thieres, alles übrige iſt, wenn die Schlange ihr urſprüngliches Gewicht wieder erhalten hat, verſchwunden.
Als das einzige Excrement finden wir eine Materie, welche durch die Harnwege ausgeleert wird; im trocknen Zuſtande iſt ſie blendend weiß wie Kreide, ſie iſt ſehr reich an Stick- ſtoff, und enthält nur kohlenſauren und phosphorſauren Kalk beigemiſcht.
Dieſes Excrement iſt harnſaures Ammoniak, eine chemi- ſche Verbindung, in welcher ſich der Stickſtoff zum Kohlenſtoff in dem nämlichen Verhältniß befindet, wie im ſauren kohlen- ſauren Ammoniak, ſie enthält auf 1 Aeq. Stickſtoff 2 Aeq. Kohlenſtoff.
Die Muskelfaſer, das Blut, die Membranen und Häute enthielten aber auf die nämliche Quantität Stickſtoff vier- mal ſo viel Kohlenſtoff, nämlich 8 Aequivalente, und wenn man hierzu den Kohlenſtoff des genoſſenen Fettes, der Ner- ven- und Gehirnſubſtanz hinzurechnet, ſo iſt klar, daß die Schlange auf 1 Aeq. Stickſtoff weit mehr als 8 Aeq. Koh- lenſtoff verzehrt hat.
Wenn wir nun annehmen, daß das harnſaure Ammoniak allen Stickſtoff des verzehrten Thieres enthält, ſo ſind offen-
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Reſpiration und Ernährung.
weil ſie von allen nur den der Auflöſung fähigen Beſtand-
theil (Leimſubſtanz) verloren haben. Eigentliche Faeces gehen
von der Schlange ſo wenig, wie von den fleiſchfreſſenden
Vögeln ab.
Das Fleiſch, das Fett, das Blut, die Gehirn- und Ner-
venſubſtanz des verzehrten Thieres, alles übrige iſt, wenn
die Schlange ihr urſprüngliches Gewicht wieder erhalten hat,
verſchwunden.
Als das einzige Excrement finden wir eine Materie, welche
durch die Harnwege ausgeleert wird; im trocknen Zuſtande
iſt ſie blendend weiß wie Kreide, ſie iſt ſehr reich an Stick-
ſtoff, und enthält nur kohlenſauren und phosphorſauren Kalk
beigemiſcht.
Dieſes Excrement iſt harnſaures Ammoniak, eine chemi-
ſche Verbindung, in welcher ſich der Stickſtoff zum Kohlenſtoff
in dem nämlichen Verhältniß befindet, wie im ſauren kohlen-
ſauren Ammoniak, ſie enthält auf 1 Aeq. Stickſtoff 2 Aeq.
Kohlenſtoff.
Die Muskelfaſer, das Blut, die Membranen und Häute
enthielten aber auf die nämliche Quantität Stickſtoff vier-
mal ſo viel Kohlenſtoff, nämlich 8 Aequivalente, und wenn
man hierzu den Kohlenſtoff des genoſſenen Fettes, der Ner-
ven- und Gehirnſubſtanz hinzurechnet, ſo iſt klar, daß die
Schlange auf 1 Aeq. Stickſtoff weit mehr als 8 Aeq. Koh-
lenſtoff verzehrt hat.
Wenn wir nun annehmen, daß das harnſaure Ammoniak
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/79>, abgerufen am 22.07.2024.
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