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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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im Thierorganismus.
daß mit dem Zusammentreten der Elemente des Nahrungs-
stoffs zu einem Bestandtheil der Pflanze, zu dem vorhande-
nen Kraftmoment, in dem neugebildeten Pflanzentheile ein
neues Kraftmoment hinzukommt, in der Art, daß mit der
Zunahme an Masse die Summe von Lebenskraft wächst.

Je nach der Quantität verwendbarer Lebenskraft ändern
sich die Producte, die durch ihre Thätigkeit aus dem zuge-
führten Nahrungsstoff gebildet werden. Die Bestandtheile
der Knospe, der Wurzelfaser, des Blattes, der Blüthe und
Frucht sind höchst verschieden; die chemische Kraft, wodurch
ihre Elemente zusammen gehalten werden, ist sehr ungleich.

Von den stickstofffreien Bestandtheilen der Pflanzen kann
man behaupten, daß kein Theil des Kraftmomentes verwen-
det wird, um ihre Form und Beschaffenheit zu behaupten,
sobald ihre Elemente einmal in der Ordnung zusammenge-
treten sind, in der sie zu Trägern der Lebenskraft werden.

Ganz verschieden verhalten sich die stickstoffhaltigen Pflan-
zenstoffe, denn sie gehen, wie man gewöhnlich sagt, von der
Pflanze getrennt, von selbst in Gährung und Fäulniß über.
Die Ursache dieser Zersetzung oder Umsetzung ihrer Ele-
mente ist die chemische Action, welche der Sauerstoff auf ei-
nen ihrer Bestandtheile ausübt. Wir wissen nun, daß, so
lange die Pflanze Lebenserscheinungen zeigt, Sauerstoffgas
von ihrer Oberfläche abgeschieden wird, daß dieser Sauer-
stoff ohne alle Wirkung ist auf die Bestandtheile der leben-
digen Pflanze, zu denen er sonst die größte Anziehung be-
sitzt, und es ist klar, daß eine gewisse Quantität Lebenskraft

im Thierorganismus.
daß mit dem Zuſammentreten der Elemente des Nahrungs-
ſtoffs zu einem Beſtandtheil der Pflanze, zu dem vorhande-
nen Kraftmoment, in dem neugebildeten Pflanzentheile ein
neues Kraftmoment hinzukommt, in der Art, daß mit der
Zunahme an Maſſe die Summe von Lebenskraft wächſt.

Je nach der Quantität verwendbarer Lebenskraft ändern
ſich die Producte, die durch ihre Thätigkeit aus dem zuge-
führten Nahrungsſtoff gebildet werden. Die Beſtandtheile
der Knospe, der Wurzelfaſer, des Blattes, der Blüthe und
Frucht ſind höchſt verſchieden; die chemiſche Kraft, wodurch
ihre Elemente zuſammen gehalten werden, iſt ſehr ungleich.

Von den ſtickſtofffreien Beſtandtheilen der Pflanzen kann
man behaupten, daß kein Theil des Kraftmomentes verwen-
det wird, um ihre Form und Beſchaffenheit zu behaupten,
ſobald ihre Elemente einmal in der Ordnung zuſammenge-
treten ſind, in der ſie zu Trägern der Lebenskraft werden.

Ganz verſchieden verhalten ſich die ſtickſtoffhaltigen Pflan-
zenſtoffe, denn ſie gehen, wie man gewöhnlich ſagt, von der
Pflanze getrennt, von ſelbſt in Gährung und Fäulniß über.
Die Urſache dieſer Zerſetzung oder Umſetzung ihrer Ele-
mente iſt die chemiſche Action, welche der Sauerſtoff auf ei-
nen ihrer Beſtandtheile ausübt. Wir wiſſen nun, daß, ſo
lange die Pflanze Lebenserſcheinungen zeigt, Sauerſtoffgas
von ihrer Oberfläche abgeſchieden wird, daß dieſer Sauer-
ſtoff ohne alle Wirkung iſt auf die Beſtandtheile der leben-
digen Pflanze, zu denen er ſonſt die größte Anziehung be-
ſitzt, und es iſt klar, daß eine gewiſſe Quantität Lebenskraft

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[217/0241] im Thierorganismus. daß mit dem Zuſammentreten der Elemente des Nahrungs- ſtoffs zu einem Beſtandtheil der Pflanze, zu dem vorhande- nen Kraftmoment, in dem neugebildeten Pflanzentheile ein neues Kraftmoment hinzukommt, in der Art, daß mit der Zunahme an Maſſe die Summe von Lebenskraft wächſt. Je nach der Quantität verwendbarer Lebenskraft ändern ſich die Producte, die durch ihre Thätigkeit aus dem zuge- führten Nahrungsſtoff gebildet werden. Die Beſtandtheile der Knospe, der Wurzelfaſer, des Blattes, der Blüthe und Frucht ſind höchſt verſchieden; die chemiſche Kraft, wodurch ihre Elemente zuſammen gehalten werden, iſt ſehr ungleich. Von den ſtickſtofffreien Beſtandtheilen der Pflanzen kann man behaupten, daß kein Theil des Kraftmomentes verwen- det wird, um ihre Form und Beſchaffenheit zu behaupten, ſobald ihre Elemente einmal in der Ordnung zuſammenge- treten ſind, in der ſie zu Trägern der Lebenskraft werden. Ganz verſchieden verhalten ſich die ſtickſtoffhaltigen Pflan- zenſtoffe, denn ſie gehen, wie man gewöhnlich ſagt, von der Pflanze getrennt, von ſelbſt in Gährung und Fäulniß über. Die Urſache dieſer Zerſetzung oder Umſetzung ihrer Ele- mente iſt die chemiſche Action, welche der Sauerſtoff auf ei- nen ihrer Beſtandtheile ausübt. Wir wiſſen nun, daß, ſo lange die Pflanze Lebenserſcheinungen zeigt, Sauerſtoffgas von ihrer Oberfläche abgeſchieden wird, daß dieſer Sauer- ſtoff ohne alle Wirkung iſt auf die Beſtandtheile der leben- digen Pflanze, zu denen er ſonſt die größte Anziehung be- ſitzt, und es iſt klar, daß eine gewiſſe Quantität Lebenskraft

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/241>, abgerufen am 22.11.2024.