Die zahllosen Bilder, welche sich der menschliche Geist über die Natur und das Wesen der eigenthümlichen Ursache ge- schaffen hat, welche als der letzte Grund der Erscheinungen angesehen werden muß, die das Thier- und Pflanzenleben characterisiren, mit einem neuen zu vermehren, dürfte nicht der Beachtung werth gehalten werden, wenn sich nicht aus den Vorstellungen über diese Ursache, welche im Eingang zum ersten Theil dieser Schrift entwickelt worden sind, ge- wisse Begriffe als nothwendige Folgerungen ergäben, deren nähere Erörterung in dem Folgenden versucht werden soll.
Von vorne herein muß zugegeben werden, daß alle diese Folgerungen ihre Bedeutung verlieren, wenn der Beweis geführt werden kann, daß die Ursache der Lebensthätigkeit mit anderen bekannten Ursachen, welche Bewegung oder Form- und Beschaffenheitsänderungen der Materie bewirken, in ih- ren Aeußerungen nichts gemein hat.
Eine Vergleichung ihrer Eigenthümlichkeiten mit der Wirkungsweise dieser anderen Ursachen, kann übrigens schon deshalb keinen Nachtheil bringen, weil die Natur und das Wesen einer Naturerscheinung nicht durch Abstraction, son-
I.
Die zahlloſen Bilder, welche ſich der menſchliche Geiſt über die Natur und das Weſen der eigenthümlichen Urſache ge- ſchaffen hat, welche als der letzte Grund der Erſcheinungen angeſehen werden muß, die das Thier- und Pflanzenleben characteriſiren, mit einem neuen zu vermehren, dürfte nicht der Beachtung werth gehalten werden, wenn ſich nicht aus den Vorſtellungen über dieſe Urſache, welche im Eingang zum erſten Theil dieſer Schrift entwickelt worden ſind, ge- wiſſe Begriffe als nothwendige Folgerungen ergäben, deren nähere Erörterung in dem Folgenden verſucht werden ſoll.
Von vorne herein muß zugegeben werden, daß alle dieſe Folgerungen ihre Bedeutung verlieren, wenn der Beweis geführt werden kann, daß die Urſache der Lebensthätigkeit mit anderen bekannten Urſachen, welche Bewegung oder Form- und Beſchaffenheitsänderungen der Materie bewirken, in ih- ren Aeußerungen nichts gemein hat.
Eine Vergleichung ihrer Eigenthümlichkeiten mit der Wirkungsweiſe dieſer anderen Urſachen, kann übrigens ſchon deshalb keinen Nachtheil bringen, weil die Natur und das Weſen einer Naturerſcheinung nicht durch Abſtraction, ſon-
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[[199]/0223]
I.
Die zahlloſen Bilder, welche ſich der menſchliche Geiſt über
die Natur und das Weſen der eigenthümlichen Urſache ge-
ſchaffen hat, welche als der letzte Grund der Erſcheinungen
angeſehen werden muß, die das Thier- und Pflanzenleben
characteriſiren, mit einem neuen zu vermehren, dürfte nicht
der Beachtung werth gehalten werden, wenn ſich nicht aus
den Vorſtellungen über dieſe Urſache, welche im Eingang
zum erſten Theil dieſer Schrift entwickelt worden ſind, ge-
wiſſe Begriffe als nothwendige Folgerungen ergäben, deren
nähere Erörterung in dem Folgenden verſucht werden ſoll.
Von vorne herein muß zugegeben werden, daß alle dieſe
Folgerungen ihre Bedeutung verlieren, wenn der Beweis
geführt werden kann, daß die Urſache der Lebensthätigkeit
mit anderen bekannten Urſachen, welche Bewegung oder Form-
und Beſchaffenheitsänderungen der Materie bewirken, in ih-
ren Aeußerungen nichts gemein hat.
Eine Vergleichung ihrer Eigenthümlichkeiten mit der
Wirkungsweiſe dieſer anderen Urſachen, kann übrigens ſchon
deshalb keinen Nachtheil bringen, weil die Natur und das
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. [199]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/223>, abgerufen am 21.11.2024.
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