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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Der chemische Proceß der
klar, daß der Organismus die Fähigkeit besitzen muß, fremde
Materien, welche weder Theile, noch Bestandtheile der Trä-
ger der Lebensthätigkeit ausmachen, zu gewissen vitalen Zwe-
cken dienen zu machen; alle stickstoffhaltigen, der Auflösung
fähigen Substanzen ohne Unterschied dem Blute oder den
Verdauungsorganen zugeführt, wenn sie sich durch ihre Zu-
sammensetzung zu diesen Zwecken eignen, werden von dem
Organismus in ähnlicher Weise dazu verwendet werden müs-
sen, wie die stickstoffhaltigen Producte, die sich durch den
Stoffwechsel gebildet haben.

Wir kennen eine Menge Materien, welche auf den Akt
der Umsetzung der Gebilde, sowie auf den Ernährungspro-
ceß einen ganz bestimmten Einfluß ausüben, ohne daß ihre
Elemente an den vor sich gehenden Veränderungen Antheil
nehmen, es sind dies lauter solche Substanzen, deren Theile
sich in einem gewissen Zustand der Zersetzung befinden, der
sich allen Theilen des Organismus überträgt, welche fähig
sind, eine ähnliche Umsetzung zu erfahren.

75. Die Arzneistoffe und Gifte umfassen eine zweite au-
ßerordentlich zahlreiche Klasse von Verbindungen, welche die
Fähigkeit haben, durch ihre Elemente direct oder indirect
Antheil an den Secretionsprocessen oder dem Stoffwechsel
zu nehmen. Sie lassen sich in drei große Klassen eintheilen,
von denen die eine (wozu die metallischen Gifte gerechnet
werden müssen) eine chemische Verbindung mit gewissen
Theilen oder Bestandtheilen des animalischen Körpers ein-
geht, welche durch die Lebensthätigkeit nicht aufgehoben

Der chemiſche Proceß der
klar, daß der Organismus die Fähigkeit beſitzen muß, fremde
Materien, welche weder Theile, noch Beſtandtheile der Trä-
ger der Lebensthätigkeit ausmachen, zu gewiſſen vitalen Zwe-
cken dienen zu machen; alle ſtickſtoffhaltigen, der Auflöſung
fähigen Subſtanzen ohne Unterſchied dem Blute oder den
Verdauungsorganen zugeführt, wenn ſie ſich durch ihre Zu-
ſammenſetzung zu dieſen Zwecken eignen, werden von dem
Organismus in ähnlicher Weiſe dazu verwendet werden müſ-
ſen, wie die ſtickſtoffhaltigen Producte, die ſich durch den
Stoffwechſel gebildet haben.

Wir kennen eine Menge Materien, welche auf den Akt
der Umſetzung der Gebilde, ſowie auf den Ernährungspro-
ceß einen ganz beſtimmten Einfluß ausüben, ohne daß ihre
Elemente an den vor ſich gehenden Veränderungen Antheil
nehmen, es ſind dies lauter ſolche Subſtanzen, deren Theile
ſich in einem gewiſſen Zuſtand der Zerſetzung befinden, der
ſich allen Theilen des Organismus überträgt, welche fähig
ſind, eine ähnliche Umſetzung zu erfahren.

75. Die Arzneiſtoffe und Gifte umfaſſen eine zweite au-
ßerordentlich zahlreiche Klaſſe von Verbindungen, welche die
Fähigkeit haben, durch ihre Elemente direct oder indirect
Antheil an den Secretionsproceſſen oder dem Stoffwechſel
zu nehmen. Sie laſſen ſich in drei große Klaſſen eintheilen,
von denen die eine (wozu die metalliſchen Gifte gerechnet
werden müſſen) eine chemiſche Verbindung mit gewiſſen
Theilen oder Beſtandtheilen des animaliſchen Körpers ein-
geht, welche durch die Lebensthätigkeit nicht aufgehoben

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[174/0198] Der chemiſche Proceß der klar, daß der Organismus die Fähigkeit beſitzen muß, fremde Materien, welche weder Theile, noch Beſtandtheile der Trä- ger der Lebensthätigkeit ausmachen, zu gewiſſen vitalen Zwe- cken dienen zu machen; alle ſtickſtoffhaltigen, der Auflöſung fähigen Subſtanzen ohne Unterſchied dem Blute oder den Verdauungsorganen zugeführt, wenn ſie ſich durch ihre Zu- ſammenſetzung zu dieſen Zwecken eignen, werden von dem Organismus in ähnlicher Weiſe dazu verwendet werden müſ- ſen, wie die ſtickſtoffhaltigen Producte, die ſich durch den Stoffwechſel gebildet haben. Wir kennen eine Menge Materien, welche auf den Akt der Umſetzung der Gebilde, ſowie auf den Ernährungspro- ceß einen ganz beſtimmten Einfluß ausüben, ohne daß ihre Elemente an den vor ſich gehenden Veränderungen Antheil nehmen, es ſind dies lauter ſolche Subſtanzen, deren Theile ſich in einem gewiſſen Zuſtand der Zerſetzung befinden, der ſich allen Theilen des Organismus überträgt, welche fähig ſind, eine ähnliche Umſetzung zu erfahren. 75. Die Arzneiſtoffe und Gifte umfaſſen eine zweite au- ßerordentlich zahlreiche Klaſſe von Verbindungen, welche die Fähigkeit haben, durch ihre Elemente direct oder indirect Antheil an den Secretionsproceſſen oder dem Stoffwechſel zu nehmen. Sie laſſen ſich in drei große Klaſſen eintheilen, von denen die eine (wozu die metalliſchen Gifte gerechnet werden müſſen) eine chemiſche Verbindung mit gewiſſen Theilen oder Beſtandtheilen des animaliſchen Körpers ein- geht, welche durch die Lebensthätigkeit nicht aufgehoben

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/198>, abgerufen am 22.11.2024.