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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Umsetzung der Gebilde.
nämlichen Producte erhalten wir aus dem Oxamid, ohne
daß wir aus der Gleichheit derselben einen Schluß rückwärts
auf ihre Identität, auf eine gleiche Constitution dieser Ver-
bindungen machen können. So gestatten uns denn die Pro-
ducte, die wir aus Choleinsäure durch die Einwirkung
von Säuren erhalten, in keiner Weise einen Schluß über
die Art und Weise, wie ihre Elemente sich darin geordnet
befinden.

63. Wenn die Aufgabe der organischen Chemie in der Un-
tersuchung der Veränderungen besteht, welche die Nahrungs-
mittel im Thierkörper erfahren, so hat sie darzuthun, welche
Elemente hinzu-, welche ausgetreten sind, um die Verwand-
lung einer gegebenen Verbindung in eine zweite und dritte
zu bewirken oder überhaupt möglich zu machen, allein syn-
thetische Beweise können von ihr nicht erwartet werden,
weil alle Vorgänge im Organismus unter dem Einfluß einer
immateriellen Thätigkeit stehen, über welche der Chemiker
nicht nach Willkühr verfügen kann.

Die Beobachtung der Erscheinungen, welche die Meta-
morphosen der Nahrungsmittel im Organismus begleiten,
die Ermittelung des Antheils, den die Atmosphäre oder die
Bestandtheile des Wassers an diesen Veränderungen nehmen,
führen von selbst auf die Bedingungen, welche sich zur Ent-
stehung eines Secretes oder eines Theiles oder Bestand-
theiles eines Organs vereinigen müssen.

64. Das Vorhandensein von freier Salzsäure im Magen,
sowie der Natrongehalt des Blutes setzen die Nothwendig-

Umſetzung der Gebilde.
nämlichen Producte erhalten wir aus dem Oxamid, ohne
daß wir aus der Gleichheit derſelben einen Schluß rückwärts
auf ihre Identität, auf eine gleiche Conſtitution dieſer Ver-
bindungen machen können. So geſtatten uns denn die Pro-
ducte, die wir aus Choleinſäure durch die Einwirkung
von Säuren erhalten, in keiner Weiſe einen Schluß über
die Art und Weiſe, wie ihre Elemente ſich darin geordnet
befinden.

63. Wenn die Aufgabe der organiſchen Chemie in der Un-
terſuchung der Veränderungen beſteht, welche die Nahrungs-
mittel im Thierkörper erfahren, ſo hat ſie darzuthun, welche
Elemente hinzu-, welche ausgetreten ſind, um die Verwand-
lung einer gegebenen Verbindung in eine zweite und dritte
zu bewirken oder überhaupt möglich zu machen, allein ſyn-
thetiſche Beweiſe können von ihr nicht erwartet werden,
weil alle Vorgänge im Organismus unter dem Einfluß einer
immateriellen Thätigkeit ſtehen, über welche der Chemiker
nicht nach Willkühr verfügen kann.

Die Beobachtung der Erſcheinungen, welche die Meta-
morphoſen der Nahrungsmittel im Organismus begleiten,
die Ermittelung des Antheils, den die Atmoſphäre oder die
Beſtandtheile des Waſſers an dieſen Veränderungen nehmen,
führen von ſelbſt auf die Bedingungen, welche ſich zur Ent-
ſtehung eines Secretes oder eines Theiles oder Beſtand-
theiles eines Organs vereinigen müſſen.

64. Das Vorhandenſein von freier Salzſäure im Magen,
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[165/0189] Umſetzung der Gebilde. nämlichen Producte erhalten wir aus dem Oxamid, ohne daß wir aus der Gleichheit derſelben einen Schluß rückwärts auf ihre Identität, auf eine gleiche Conſtitution dieſer Ver- bindungen machen können. So geſtatten uns denn die Pro- ducte, die wir aus Choleinſäure durch die Einwirkung von Säuren erhalten, in keiner Weiſe einen Schluß über die Art und Weiſe, wie ihre Elemente ſich darin geordnet befinden. 63. Wenn die Aufgabe der organiſchen Chemie in der Un- terſuchung der Veränderungen beſteht, welche die Nahrungs- mittel im Thierkörper erfahren, ſo hat ſie darzuthun, welche Elemente hinzu-, welche ausgetreten ſind, um die Verwand- lung einer gegebenen Verbindung in eine zweite und dritte zu bewirken oder überhaupt möglich zu machen, allein ſyn- thetiſche Beweiſe können von ihr nicht erwartet werden, weil alle Vorgänge im Organismus unter dem Einfluß einer immateriellen Thätigkeit ſtehen, über welche der Chemiker nicht nach Willkühr verfügen kann. Die Beobachtung der Erſcheinungen, welche die Meta- morphoſen der Nahrungsmittel im Organismus begleiten, die Ermittelung des Antheils, den die Atmoſphäre oder die Beſtandtheile des Waſſers an dieſen Veränderungen nehmen, führen von ſelbſt auf die Bedingungen, welche ſich zur Ent- ſtehung eines Secretes oder eines Theiles oder Beſtand- theiles eines Organs vereinigen müſſen. 64. Das Vorhandenſein von freier Salzſäure im Magen, ſowie der Natrongehalt des Blutes ſetzen die Nothwendig-

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/189>, abgerufen am 23.11.2024.