gegen Kali ganz den anderen gleich; es entsteht nämlich Schwefelkalium, dessen Bildung ohne ein Austreten von Schwefelwasserstoff nicht erklärbar ist. Beim bloßen Kochen von Fleisch, bei der Bereitung von Fleischbrühe, entwickelt sich, wie Chevreul gefunden hat, Schwefelwasserstoff.
Zuletzt sind die Schwefelmengen im Fibrin und Albumin auf dieselbe Phosphormenge nicht gleich, woraus man keinen andern Schluß ziehen kann, als daß die Bildung des Schwe- felkaliums zu diesem Phosphorgehalt in keiner Beziehung steht; es bildet sich Schwefelkalium aus Casein, in welchem man keinen freien (als Säure ungebundenen?) Phosphor voraussetzt und ebenso aus Albumin, was nur halb so viel Phosphor enthält wie das Fibrin.
Eine jede Bemühung, die wahre Anzahl der Atome des Fibrins und Albumins in einer rationellen Formel festzusetzen, in welcher Schwefel und Phosphor zu ganzen Atomzah- len aufgenommen sind, wird immer unfruchtbar bleiben, weil uns schlechterdings alle Mittel fehlen, um mit absoluter Ge- nauigkeit die so äußerst geringen Mengen von Schwefel und Phosphor in den Thiersubstanzen bestimmen zu können, und eine Abweichung, welche kleiner ist als die gewöhn- lichen Grenzen der Beobachtungsfehler, um 10 und mehr Atome, die Anzahl der Atome des Kohlenstoffs, Wasserstoffs und Sauerstoffs in der Formel ändert.
Man muß sich in dieser Hinsicht über das, was die chemische Analyse zu leisten vermögend ist, keiner Täuschung hingeben, mit Gewißheit wissen wir, daß die Zahlenver-
Der chemiſche Proceß der
gegen Kali ganz den anderen gleich; es entſteht nämlich Schwefelkalium, deſſen Bildung ohne ein Austreten von Schwefelwaſſerſtoff nicht erklärbar iſt. Beim bloßen Kochen von Fleiſch, bei der Bereitung von Fleiſchbrühe, entwickelt ſich, wie Chevreul gefunden hat, Schwefelwaſſerſtoff.
Zuletzt ſind die Schwefelmengen im Fibrin und Albumin auf dieſelbe Phosphormenge nicht gleich, woraus man keinen andern Schluß ziehen kann, als daß die Bildung des Schwe- felkaliums zu dieſem Phosphorgehalt in keiner Beziehung ſteht; es bildet ſich Schwefelkalium aus Caſein, in welchem man keinen freien (als Säure ungebundenen?) Phosphor vorausſetzt und ebenſo aus Albumin, was nur halb ſo viel Phosphor enthält wie das Fibrin.
Eine jede Bemühung, die wahre Anzahl der Atome des Fibrins und Albumins in einer rationellen Formel feſtzuſetzen, in welcher Schwefel und Phosphor zu ganzen Atomzah- len aufgenommen ſind, wird immer unfruchtbar bleiben, weil uns ſchlechterdings alle Mittel fehlen, um mit abſoluter Ge- nauigkeit die ſo äußerſt geringen Mengen von Schwefel und Phosphor in den Thierſubſtanzen beſtimmen zu können, und eine Abweichung, welche kleiner iſt als die gewöhn- lichen Grenzen der Beobachtungsfehler, um 10 und mehr Atome, die Anzahl der Atome des Kohlenſtoffs, Waſſerſtoffs und Sauerſtoffs in der Formel ändert.
Man muß ſich in dieſer Hinſicht über das, was die chemiſche Analyſe zu leiſten vermögend iſt, keiner Täuſchung hingeben, mit Gewißheit wiſſen wir, daß die Zahlenver-
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Der chemiſche Proceß der
gegen Kali ganz den anderen gleich; es entſteht nämlich
Schwefelkalium, deſſen Bildung ohne ein Austreten von
Schwefelwaſſerſtoff nicht erklärbar iſt. Beim bloßen Kochen
von Fleiſch, bei der Bereitung von Fleiſchbrühe, entwickelt
ſich, wie Chevreul gefunden hat, Schwefelwaſſerſtoff.
Zuletzt ſind die Schwefelmengen im Fibrin und Albumin
auf dieſelbe Phosphormenge nicht gleich, woraus man keinen
andern Schluß ziehen kann, als daß die Bildung des Schwe-
felkaliums zu dieſem Phosphorgehalt in keiner Beziehung
ſteht; es bildet ſich Schwefelkalium aus Caſein, in welchem
man keinen freien (als Säure ungebundenen?) Phosphor
vorausſetzt und ebenſo aus Albumin, was nur halb ſo viel
Phosphor enthält wie das Fibrin.
Eine jede Bemühung, die wahre Anzahl der Atome des
Fibrins und Albumins in einer rationellen Formel feſtzuſetzen,
in welcher Schwefel und Phosphor zu ganzen Atomzah-
len aufgenommen ſind, wird immer unfruchtbar bleiben, weil
uns ſchlechterdings alle Mittel fehlen, um mit abſoluter Ge-
nauigkeit die ſo äußerſt geringen Mengen von Schwefel und
Phosphor in den Thierſubſtanzen beſtimmen zu können,
und eine Abweichung, welche kleiner iſt als die gewöhn-
lichen Grenzen der Beobachtungsfehler, um 10 und mehr
Atome, die Anzahl der Atome des Kohlenſtoffs, Waſſerſtoffs
und Sauerſtoffs in der Formel ändert.
Man muß ſich in dieſer Hinſicht über das, was die
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hingeben, mit Gewißheit wiſſen wir, daß die Zahlenver-
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/150>, abgerufen am 16.02.2025.
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