Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

Der chemische Proceß der
nen Kohlenstoffs und dem durch Haut und Lunge aufgenom-
menen Sauerstoff. Im normalen Zustande wird eben so viel
Kohlenstoff ausgeführt wie eingeführt, der Körper erhält
kein Uebergewicht an kohlenstoffreichen und stickstofflosen Be-
standtheilen.

Steigern wir die Zufuhr der kohlenstoffreichen Nahrungs-
mittel, so bleibt nur in dem Fall das normale Verhältniß,
wenn durch Bewegung und Anstrengung der Umsatz beför-
dert, wenn in gleichem Grade die Zufuhr an Sauerstoff ver-
mehrt wird.

Jede Art von Fettbildung ist stets die Folge eines Man-
gels an Sauerstoff, der zur Vergasung des im Ueberschusse
zugeführten Kohlenstoffs unbedingt erforderlich ist. Dieser
als Fett sich ablagernde Kohlenstoff, er zeigt sich bei dem
Beduinen, bei dem Araber der Wüste nicht, der mit Stolz
seine muskelstarken, magern, fettfreien, sehnenartigen Glieder
dem Reisenden zeigt und in Liedern besingt, er zeigt sich aber
bei der kärglichen Nahrung in den Kerkern und Gefängnissen
als Aufgedunsenheit, er zeigt sich in dem Weibe des Orients
und in den wohlbekannten Bedingungen des Mästens bei
unseren Hausthieren.

Die Erzeugung von Fett beruht auf einem Mangel an
Sauerstoff, allein in ihr, in der Fettbildung selbst, öffnet sich
dem Organismus eine Quelle von Sauerstoff, eine neue Ur-
sache der Wärmeerzeugung.

Der in Folge der Fettbildung freiwerdende Sauerstoff,
er tritt aus dem Körper als eine Kohlenstoff- oder Wasser-

Der chemiſche Proceß der
nen Kohlenſtoffs und dem durch Haut und Lunge aufgenom-
menen Sauerſtoff. Im normalen Zuſtande wird eben ſo viel
Kohlenſtoff ausgeführt wie eingeführt, der Körper erhält
kein Uebergewicht an kohlenſtoffreichen und ſtickſtoffloſen Be-
ſtandtheilen.

Steigern wir die Zufuhr der kohlenſtoffreichen Nahrungs-
mittel, ſo bleibt nur in dem Fall das normale Verhältniß,
wenn durch Bewegung und Anſtrengung der Umſatz beför-
dert, wenn in gleichem Grade die Zufuhr an Sauerſtoff ver-
mehrt wird.

Jede Art von Fettbildung iſt ſtets die Folge eines Man-
gels an Sauerſtoff, der zur Vergaſung des im Ueberſchuſſe
zugeführten Kohlenſtoffs unbedingt erforderlich iſt. Dieſer
als Fett ſich ablagernde Kohlenſtoff, er zeigt ſich bei dem
Beduinen, bei dem Araber der Wüſte nicht, der mit Stolz
ſeine muskelſtarken, magern, fettfreien, ſehnenartigen Glieder
dem Reiſenden zeigt und in Liedern beſingt, er zeigt ſich aber
bei der kärglichen Nahrung in den Kerkern und Gefängniſſen
als Aufgedunſenheit, er zeigt ſich in dem Weibe des Orients
und in den wohlbekannten Bedingungen des Mäſtens bei
unſeren Hausthieren.

Die Erzeugung von Fett beruht auf einem Mangel an
Sauerſtoff, allein in ihr, in der Fettbildung ſelbſt, öffnet ſich
dem Organismus eine Quelle von Sauerſtoff, eine neue Ur-
ſache der Wärmeerzeugung.

Der in Folge der Fettbildung freiwerdende Sauerſtoff,
er tritt aus dem Körper als eine Kohlenſtoff- oder Waſſer-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0114" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der chemi&#x017F;che Proceß der</hi></fw><lb/>
nen Kohlen&#x017F;toffs und dem durch Haut und Lunge aufgenom-<lb/>
menen Sauer&#x017F;toff. Im normalen Zu&#x017F;tande wird eben &#x017F;o viel<lb/>
Kohlen&#x017F;toff ausgeführt wie eingeführt, der Körper erhält<lb/>
kein Uebergewicht an kohlen&#x017F;toffreichen und &#x017F;tick&#x017F;tofflo&#x017F;en Be-<lb/>
&#x017F;tandtheilen.</p><lb/>
          <p>Steigern wir die Zufuhr der kohlen&#x017F;toffreichen Nahrungs-<lb/>
mittel, &#x017F;o bleibt nur in dem Fall das normale Verhältniß,<lb/>
wenn durch Bewegung und An&#x017F;trengung der Um&#x017F;atz beför-<lb/>
dert, wenn in gleichem Grade die Zufuhr an Sauer&#x017F;toff ver-<lb/>
mehrt wird.</p><lb/>
          <p>Jede Art von Fettbildung i&#x017F;t &#x017F;tets die Folge eines Man-<lb/>
gels an Sauer&#x017F;toff, der zur Verga&#x017F;ung des im Ueber&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
zugeführten Kohlen&#x017F;toffs unbedingt erforderlich i&#x017F;t. Die&#x017F;er<lb/>
als Fett &#x017F;ich ablagernde Kohlen&#x017F;toff, er zeigt &#x017F;ich bei dem<lb/>
Beduinen, bei dem Araber der Wü&#x017F;te nicht, der mit Stolz<lb/>
&#x017F;eine muskel&#x017F;tarken, magern, fettfreien, &#x017F;ehnenartigen Glieder<lb/>
dem Rei&#x017F;enden zeigt und in Liedern be&#x017F;ingt, er zeigt &#x017F;ich aber<lb/>
bei der kärglichen Nahrung in den Kerkern und Gefängni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
als Aufgedun&#x017F;enheit, er zeigt &#x017F;ich in dem Weibe des Orients<lb/>
und in den wohlbekannten Bedingungen des Mä&#x017F;tens bei<lb/>
un&#x017F;eren Hausthieren.</p><lb/>
          <p>Die Erzeugung von Fett beruht auf einem Mangel an<lb/>
Sauer&#x017F;toff, allein in ihr, in der Fettbildung &#x017F;elb&#x017F;t, öffnet &#x017F;ich<lb/>
dem Organismus eine Quelle von Sauer&#x017F;toff, eine neue Ur-<lb/>
&#x017F;ache der Wärmeerzeugung.</p><lb/>
          <p>Der in Folge der Fettbildung freiwerdende Sauer&#x017F;toff,<lb/>
er tritt aus dem Körper als eine Kohlen&#x017F;toff- oder Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0114] Der chemiſche Proceß der nen Kohlenſtoffs und dem durch Haut und Lunge aufgenom- menen Sauerſtoff. Im normalen Zuſtande wird eben ſo viel Kohlenſtoff ausgeführt wie eingeführt, der Körper erhält kein Uebergewicht an kohlenſtoffreichen und ſtickſtoffloſen Be- ſtandtheilen. Steigern wir die Zufuhr der kohlenſtoffreichen Nahrungs- mittel, ſo bleibt nur in dem Fall das normale Verhältniß, wenn durch Bewegung und Anſtrengung der Umſatz beför- dert, wenn in gleichem Grade die Zufuhr an Sauerſtoff ver- mehrt wird. Jede Art von Fettbildung iſt ſtets die Folge eines Man- gels an Sauerſtoff, der zur Vergaſung des im Ueberſchuſſe zugeführten Kohlenſtoffs unbedingt erforderlich iſt. Dieſer als Fett ſich ablagernde Kohlenſtoff, er zeigt ſich bei dem Beduinen, bei dem Araber der Wüſte nicht, der mit Stolz ſeine muskelſtarken, magern, fettfreien, ſehnenartigen Glieder dem Reiſenden zeigt und in Liedern beſingt, er zeigt ſich aber bei der kärglichen Nahrung in den Kerkern und Gefängniſſen als Aufgedunſenheit, er zeigt ſich in dem Weibe des Orients und in den wohlbekannten Bedingungen des Mäſtens bei unſeren Hausthieren. Die Erzeugung von Fett beruht auf einem Mangel an Sauerſtoff, allein in ihr, in der Fettbildung ſelbſt, öffnet ſich dem Organismus eine Quelle von Sauerſtoff, eine neue Ur- ſache der Wärmeerzeugung. Der in Folge der Fettbildung freiwerdende Sauerſtoff, er tritt aus dem Körper als eine Kohlenſtoff- oder Waſſer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/114
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/114>, abgerufen am 23.11.2024.