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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Assimilation des Kohlenstoffs.
für den animalischen Organismus producirt, nemlich mit der
Milch.

Wir finden in der Milch einen an Stickstoff reichen Kör-
per, den Käse, eine Substanz, welche reich an Wasserstoff
ist, die Butter, einen dritten, welcher eine große Menge
Sauerstoff und Wasserstoff in dem Verhältniß wie im Wasser
enthält, den Milchzucker; in der Butter befindet sich eine der
aromatischsten Substanzen, die Buttersäure; sie enthält in
Auflösung milchsaures Natron, phosphorsauren Kalk
und Kochsalz.

Mit der Kenntniß von der Zusammensetzung der Milch
kennen wir die Bedingungen des Assimilationsprocesses aller
Thiere.

In Allem, was Menschen und Thieren zur Nahrung
dient, finden wir diese Bedingungen vereinigt, bei vielen in
einer andern Form und Beschaffenheit, aber keine davon darf
auf eine gewisse Zeitdauer hinaus fehlen, ohne daß die Fol-
gen davon an dem Befinden des Thieres bemerkbar sind.

Die Kenntniß der Fähigkeit eines Körpers als Nahrungs-
mittel zu dienen, setzt in ihrer Anwendung die Ausmittlung
der Bedingungen voraus, unter welchen er assimilirbar ist.

Ein fleischfressendes Thier stirbt bei allem Ueberfluß an
Speise unter der Luftpumpe, in der Luft stirbt es, wenn die
Anforderungen seines Magens nicht befriedigt werden, es stirbt
in reinem Sauerstoffgas bei einem Ueberfluß von Speise.
Kann man hieraus schließen, daß weder Fleisch, noch Luft, noch
Sauerstoff geeignet sind, das Leben zu erhalten? Gewiß nicht.

Aus dem Piedestal der Trajanssäule in Rom kann man
jedes einzelne Steinstück herausmeißeln, wenn bei dem Heraus-
nehmen des zweiten und dritten etc. die ersten wieder eingesetzt
werden. Kann man hieraus schließen, daß diese Säule in

Die Aſſimilation des Kohlenſtoffs.
für den animaliſchen Organismus producirt, nemlich mit der
Milch.

Wir finden in der Milch einen an Stickſtoff reichen Kör-
per, den Käſe, eine Subſtanz, welche reich an Waſſerſtoff
iſt, die Butter, einen dritten, welcher eine große Menge
Sauerſtoff und Waſſerſtoff in dem Verhältniß wie im Waſſer
enthält, den Milchzucker; in der Butter befindet ſich eine der
aromatiſchſten Subſtanzen, die Butterſäure; ſie enthält in
Auflöſung milchſaures Natron, phosphorſauren Kalk
und Kochſalz.

Mit der Kenntniß von der Zuſammenſetzung der Milch
kennen wir die Bedingungen des Aſſimilationsproceſſes aller
Thiere.

In Allem, was Menſchen und Thieren zur Nahrung
dient, finden wir dieſe Bedingungen vereinigt, bei vielen in
einer andern Form und Beſchaffenheit, aber keine davon darf
auf eine gewiſſe Zeitdauer hinaus fehlen, ohne daß die Fol-
gen davon an dem Befinden des Thieres bemerkbar ſind.

Die Kenntniß der Fähigkeit eines Körpers als Nahrungs-
mittel zu dienen, ſetzt in ihrer Anwendung die Ausmittlung
der Bedingungen voraus, unter welchen er aſſimilirbar iſt.

Ein fleiſchfreſſendes Thier ſtirbt bei allem Ueberfluß an
Speiſe unter der Luftpumpe, in der Luft ſtirbt es, wenn die
Anforderungen ſeines Magens nicht befriedigt werden, es ſtirbt
in reinem Sauerſtoffgas bei einem Ueberfluß von Speiſe.
Kann man hieraus ſchließen, daß weder Fleiſch, noch Luft, noch
Sauerſtoff geeignet ſind, das Leben zu erhalten? Gewiß nicht.

Aus dem Piedeſtal der Trajansſäule in Rom kann man
jedes einzelne Steinſtück herausmeißeln, wenn bei dem Heraus-
nehmen des zweiten und dritten ꝛc. die erſten wieder eingeſetzt
werden. Kann man hieraus ſchließen, daß dieſe Säule in

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[40/0058] Die Aſſimilation des Kohlenſtoffs. für den animaliſchen Organismus producirt, nemlich mit der Milch. Wir finden in der Milch einen an Stickſtoff reichen Kör- per, den Käſe, eine Subſtanz, welche reich an Waſſerſtoff iſt, die Butter, einen dritten, welcher eine große Menge Sauerſtoff und Waſſerſtoff in dem Verhältniß wie im Waſſer enthält, den Milchzucker; in der Butter befindet ſich eine der aromatiſchſten Subſtanzen, die Butterſäure; ſie enthält in Auflöſung milchſaures Natron, phosphorſauren Kalk und Kochſalz. Mit der Kenntniß von der Zuſammenſetzung der Milch kennen wir die Bedingungen des Aſſimilationsproceſſes aller Thiere. In Allem, was Menſchen und Thieren zur Nahrung dient, finden wir dieſe Bedingungen vereinigt, bei vielen in einer andern Form und Beſchaffenheit, aber keine davon darf auf eine gewiſſe Zeitdauer hinaus fehlen, ohne daß die Fol- gen davon an dem Befinden des Thieres bemerkbar ſind. Die Kenntniß der Fähigkeit eines Körpers als Nahrungs- mittel zu dienen, ſetzt in ihrer Anwendung die Ausmittlung der Bedingungen voraus, unter welchen er aſſimilirbar iſt. Ein fleiſchfreſſendes Thier ſtirbt bei allem Ueberfluß an Speiſe unter der Luftpumpe, in der Luft ſtirbt es, wenn die Anforderungen ſeines Magens nicht befriedigt werden, es ſtirbt in reinem Sauerſtoffgas bei einem Ueberfluß von Speiſe. Kann man hieraus ſchließen, daß weder Fleiſch, noch Luft, noch Sauerſtoff geeignet ſind, das Leben zu erhalten? Gewiß nicht. Aus dem Piedeſtal der Trajansſäule in Rom kann man jedes einzelne Steinſtück herausmeißeln, wenn bei dem Heraus- nehmen des zweiten und dritten ꝛc. die erſten wieder eingeſetzt werden. Kann man hieraus ſchließen, daß dieſe Säule in

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/58>, abgerufen am 24.11.2024.