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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Gift, Contagien, Miasmen.
der Substanz der Membranen, Häute, Muskelfaser einzu-
gehen.

Hierher gehören Eisenoxidsalze, Bleisalze, Wismuthsalze,
Kupfer -- Quecksilbersalze etc.

Bringen wir Auflösungen davon mit Eiweiß, mit Milch,
Muskelfaser, thierischen Membranen, in hinreichender Menge,
zusammen, so gehen sie damit eine Verbindung ein und ver-
lieren ihre Löslichkeit. Das Wasser, worin sie gelös't sind,
verliert seinen ganzen Gehalt an diesen Salzen.

Während die Salze mit alkalischer Basis thierischen Thei-
len das Wasser entziehen, verbinden sich gerade umgekehrt die
Salze der schweren Metalloxide mit den thierischen Stoffen;
die letzteren entziehen sie dem Wasser.

Wenn wir die genannten Substanzen einem Thiere im le-
benden Zustande beibringen, so werden sie von den Häuten,
Membranen, dem Zellgewebe, der Muskelfaser aufgenommen,
sie verlieren ihre Löslichkeit, indem sie damit in Verbindung
treten; nur in seltenen Fällen können sie demnach ins Blut
gelangen. Nach allen damit angestellten Versuchen sind sie im
Harne nicht nachweisbar, eben weil sie bei ihrem Wege durch
den Organismus mit einer Menge von Stoffen in Berührung
kommen, die sie zurückhalten.

Durch das Hinzutreten dieser Körper zu gewissen Organen
oder Bestandtheilen von Organen müssen ihre Functionen eine
Störung erleiden; sie müssen eine anormale Richtung erhalten,
die sich in Krankheitserscheinungen zu erkennen giebt.

Die Wirkungsweise des Sublimats und der arsenigen
Säure sind in dieser Beziehung besonders merkwürdig. Man
weiß, daß beide im höchsten Grade die Fähigkeit haben, Ver-
bindungen mit allen Theilen von thierischen und vegetabilischen
Körpern einzugehen, und daß diese dadurch den Character der

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Gift, Contagien, Miasmen.
der Subſtanz der Membranen, Häute, Muskelfaſer einzu-
gehen.

Hierher gehören Eiſenoxidſalze, Bleiſalze, Wismuthſalze,
Kupfer — Queckſilberſalze ꝛc.

Bringen wir Auflöſungen davon mit Eiweiß, mit Milch,
Muskelfaſer, thieriſchen Membranen, in hinreichender Menge,
zuſammen, ſo gehen ſie damit eine Verbindung ein und ver-
lieren ihre Löslichkeit. Das Waſſer, worin ſie gelöſ’t ſind,
verliert ſeinen ganzen Gehalt an dieſen Salzen.

Während die Salze mit alkaliſcher Baſis thieriſchen Thei-
len das Waſſer entziehen, verbinden ſich gerade umgekehrt die
Salze der ſchweren Metalloxide mit den thieriſchen Stoffen;
die letzteren entziehen ſie dem Waſſer.

Wenn wir die genannten Subſtanzen einem Thiere im le-
benden Zuſtande beibringen, ſo werden ſie von den Häuten,
Membranen, dem Zellgewebe, der Muskelfaſer aufgenommen,
ſie verlieren ihre Löslichkeit, indem ſie damit in Verbindung
treten; nur in ſeltenen Fällen können ſie demnach ins Blut
gelangen. Nach allen damit angeſtellten Verſuchen ſind ſie im
Harne nicht nachweisbar, eben weil ſie bei ihrem Wege durch
den Organismus mit einer Menge von Stoffen in Berührung
kommen, die ſie zurückhalten.

Durch das Hinzutreten dieſer Körper zu gewiſſen Organen
oder Beſtandtheilen von Organen müſſen ihre Functionen eine
Störung erleiden; ſie müſſen eine anormale Richtung erhalten,
die ſich in Krankheitserſcheinungen zu erkennen giebt.

Die Wirkungsweiſe des Sublimats und der arſenigen
Säure ſind in dieſer Beziehung beſonders merkwürdig. Man
weiß, daß beide im höchſten Grade die Fähigkeit haben, Ver-
bindungen mit allen Theilen von thieriſchen und vegetabiliſchen
Körpern einzugehen, und daß dieſe dadurch den Character der

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[305/0323] Gift, Contagien, Miasmen. der Subſtanz der Membranen, Häute, Muskelfaſer einzu- gehen. Hierher gehören Eiſenoxidſalze, Bleiſalze, Wismuthſalze, Kupfer — Queckſilberſalze ꝛc. Bringen wir Auflöſungen davon mit Eiweiß, mit Milch, Muskelfaſer, thieriſchen Membranen, in hinreichender Menge, zuſammen, ſo gehen ſie damit eine Verbindung ein und ver- lieren ihre Löslichkeit. Das Waſſer, worin ſie gelöſ’t ſind, verliert ſeinen ganzen Gehalt an dieſen Salzen. Während die Salze mit alkaliſcher Baſis thieriſchen Thei- len das Waſſer entziehen, verbinden ſich gerade umgekehrt die Salze der ſchweren Metalloxide mit den thieriſchen Stoffen; die letzteren entziehen ſie dem Waſſer. Wenn wir die genannten Subſtanzen einem Thiere im le- benden Zuſtande beibringen, ſo werden ſie von den Häuten, Membranen, dem Zellgewebe, der Muskelfaſer aufgenommen, ſie verlieren ihre Löslichkeit, indem ſie damit in Verbindung treten; nur in ſeltenen Fällen können ſie demnach ins Blut gelangen. Nach allen damit angeſtellten Verſuchen ſind ſie im Harne nicht nachweisbar, eben weil ſie bei ihrem Wege durch den Organismus mit einer Menge von Stoffen in Berührung kommen, die ſie zurückhalten. Durch das Hinzutreten dieſer Körper zu gewiſſen Organen oder Beſtandtheilen von Organen müſſen ihre Functionen eine Störung erleiden; ſie müſſen eine anormale Richtung erhalten, die ſich in Krankheitserſcheinungen zu erkennen giebt. Die Wirkungsweiſe des Sublimats und der arſenigen Säure ſind in dieſer Beziehung beſonders merkwürdig. Man weiß, daß beide im höchſten Grade die Fähigkeit haben, Ver- bindungen mit allen Theilen von thieriſchen und vegetabiliſchen Körpern einzugehen, und daß dieſe dadurch den Character der 20

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/323>, abgerufen am 24.11.2024.