Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.Wein- und Biergährung. haltigen Bestandtheile überhaupt, in mehrere Perioden zerfällt.In der ersten Periode geht seine Verwandlung in unauf- Oberhefe, d. h. Hefe, die sich auf die Oberfläche der Die Oberhefe ist faulender oxidirter Kleber, dessen Zu- Die Unterhefe ist Kleber im Zustande der Verwesung, Wein- und Biergährung. haltigen Beſtandtheile überhaupt, in mehrere Perioden zerfällt.In der erſten Periode geht ſeine Verwandlung in unauf- Oberhefe, d. h. Hefe, die ſich auf die Oberfläche der Die Oberhefe iſt faulender oxidirter Kleber, deſſen Zu- Die Unterhefe iſt Kleber im Zuſtande der Verweſung, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0288" n="270"/><fw place="top" type="header">Wein- und Biergährung.</fw><lb/> haltigen Beſtandtheile überhaupt, in mehrere Perioden zerfällt.</p><lb/> <p>In der erſten Periode geht ſeine Verwandlung in unauf-<lb/> lösliches Ferment in dem Innern der Flüſſigkeit vor ſich, Koh-<lb/> lenſäure und Hefe ſcheiden ſich nebeneinander ab; wir wiſſen,<lb/> daß dieſe Abſcheidung mit einer Sauerſtoffaufnahme verknüpft<lb/> iſt, und ſind nur zweifelhaft darüber, ob dieſer Sauerſtoff von<lb/> den Elementen des Zuckers, des Waſſers oder von ſeiner eige-<lb/> nen Maſſe genommen wird, ob dieſer Sauerſtoff geradezu ſich<lb/> damit verbindet, oder ob er an den Waſſerſtoff des Klebers<lb/> tritt, damit Waſſer bildend. Bezeichnen wir, um einen Begriff<lb/> feſtzuhalten, dieſe erſtere Veränderung mit Oxidation, ſo ſind<lb/> alſo die Oxidation des Klebers und die Umſetzung der Atome<lb/> des Zuckers in Kohlenſäure und Alkohol die beiden Actionen,<lb/> die ſich gegenſeitig bedingen; ſchließen wir die eine aus, ſo<lb/> hört damit die andere auf.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Oberhefe</hi>, d. h. Hefe, die ſich auf die Oberfläche der<lb/> Flüſſigkeit begiebt, iſt aber nicht das Product einer vollendeten<lb/> Zerſetzung, ſondern es iſt <hi rendition="#g">oxidirter</hi> Kleber, welcher im feuch-<lb/> ten Zuſtaude einer Umſetzung ſeiner Beſtandtheile, einer neuen<lb/> Metamorphoſe entgegen geht. Durch dieſen Zuſtand iſt er fä-<lb/> hig, in Zuckerwaſſer wieder Gährung zu erregen, und wenn<lb/> neben dieſem Zucker Kleber zugegen iſt, ſo veranlaßt der ſich<lb/> zerſetzende Zucker die Metamorphoſe des aufgelöſ’ten Klebers<lb/> in Hefe, in einem gewiſſen Sinne ſcheint ſich alſo die Hefe<lb/> reproducirt zu haben.</p><lb/> <p>Die Oberhefe iſt <hi rendition="#g">faulender</hi> oxidirter Kleber, deſſen Zu-<lb/> ſtand der Fäulniß in den Elementen des Zuckers eine ähnliche<lb/> Metamorphoſe hervorruft.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Unterhefe</hi> iſt Kleber im Zuſtande der Verweſung,<lb/> es iſt <hi rendition="#g">verweſender</hi> oxidirter Kleber. Der abweichende Zer-<lb/> ſetzungsproceß, in dem ſich ſeine Elemente befinden, bringt in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0288]
Wein- und Biergährung.
haltigen Beſtandtheile überhaupt, in mehrere Perioden zerfällt.
In der erſten Periode geht ſeine Verwandlung in unauf-
lösliches Ferment in dem Innern der Flüſſigkeit vor ſich, Koh-
lenſäure und Hefe ſcheiden ſich nebeneinander ab; wir wiſſen,
daß dieſe Abſcheidung mit einer Sauerſtoffaufnahme verknüpft
iſt, und ſind nur zweifelhaft darüber, ob dieſer Sauerſtoff von
den Elementen des Zuckers, des Waſſers oder von ſeiner eige-
nen Maſſe genommen wird, ob dieſer Sauerſtoff geradezu ſich
damit verbindet, oder ob er an den Waſſerſtoff des Klebers
tritt, damit Waſſer bildend. Bezeichnen wir, um einen Begriff
feſtzuhalten, dieſe erſtere Veränderung mit Oxidation, ſo ſind
alſo die Oxidation des Klebers und die Umſetzung der Atome
des Zuckers in Kohlenſäure und Alkohol die beiden Actionen,
die ſich gegenſeitig bedingen; ſchließen wir die eine aus, ſo
hört damit die andere auf.
Oberhefe, d. h. Hefe, die ſich auf die Oberfläche der
Flüſſigkeit begiebt, iſt aber nicht das Product einer vollendeten
Zerſetzung, ſondern es iſt oxidirter Kleber, welcher im feuch-
ten Zuſtaude einer Umſetzung ſeiner Beſtandtheile, einer neuen
Metamorphoſe entgegen geht. Durch dieſen Zuſtand iſt er fä-
hig, in Zuckerwaſſer wieder Gährung zu erregen, und wenn
neben dieſem Zucker Kleber zugegen iſt, ſo veranlaßt der ſich
zerſetzende Zucker die Metamorphoſe des aufgelöſ’ten Klebers
in Hefe, in einem gewiſſen Sinne ſcheint ſich alſo die Hefe
reproducirt zu haben.
Die Oberhefe iſt faulender oxidirter Kleber, deſſen Zu-
ſtand der Fäulniß in den Elementen des Zuckers eine ähnliche
Metamorphoſe hervorruft.
Die Unterhefe iſt Kleber im Zuſtande der Verweſung,
es iſt verweſender oxidirter Kleber. Der abweichende Zer-
ſetzungsproceß, in dem ſich ſeine Elemente befinden, bringt in
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