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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Wechselwirthschaft und der Dünger.

Geben wir der Pflanze Kohlensäure und alle Materien,
die sie bedarf, geben wir ihr Humus in der reichlichsten Quan-
tität, so wird sie nur bis zu einem gewissen Grade zur Aus-
bildung gelangen; wenn es an Stickstoff fehlt, wird sie Kraut
aber keine Körner, sie wird vielleicht Zucker und Amylon,
aber keinen Kleber erzeugen.

Geben wir der Pflanze aber Stickstoff in reichlicher Quan-
tität, so wird sie den Kohlenstoff, den sie zu seiner Assimilation
bedarf, aus der Luft, wenn er im Boden fehlt, mit der kräf-
tigsten Energie schöpfen; wir geben ihr in dem Stickstoff die
Mittel, um den Kohlenstoff aus der Atmosphäre in ihrem Or-
ganismus zu fixiren.

Als Dünger, der durch seinen Stickstoffgehalt wirkt, können
die festen Excremente des Rindviehes, der Schafe und des
Pferdes gar nicht in Betrachtung gezogen werden, eben weil
ihr Gehalt an diesem Bestandtheil verschwindend klein ist; die
menschlichen Excremente hingegen sind verhältnißmäßig reich
an Stickstoff, ihr Gehalt ist aber außerordentlich variirend, die
Excremente der Menschen, welche in Städten wohnen, wo die
animalische Kost vorherrscht, sie sind reicher daran, als die
von Bauern und überhaupt vom Lande her genommenen; Brot
und Kartoffeln geben beim Menschen Excremente von einer
ähnlichen Beschaffenheit und Zusammensetzung, wie bei den
Thieren.

Die Excremente überhaupt haben in dieser Beziehung einen
höchst ungleichen Werth; für Sand- und Kalkboden, dem es
an kieselsaurem Kali und phosphorsauren Salzen fehlt, haben
die Excremente der Pferde und des Rindviehes einen ganz be-
sonderen Nutzen, der sich für kalireichen Thonboden, für Basalt,
Granit, Porphyr, Klingstein, selbst für Zechsteinboden außeror-
dentlich vermindert; für diese letzteren ist der Dünger von

Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.

Geben wir der Pflanze Kohlenſäure und alle Materien,
die ſie bedarf, geben wir ihr Humus in der reichlichſten Quan-
tität, ſo wird ſie nur bis zu einem gewiſſen Grade zur Aus-
bildung gelangen; wenn es an Stickſtoff fehlt, wird ſie Kraut
aber keine Körner, ſie wird vielleicht Zucker und Amylon,
aber keinen Kleber erzeugen.

Geben wir der Pflanze aber Stickſtoff in reichlicher Quan-
tität, ſo wird ſie den Kohlenſtoff, den ſie zu ſeiner Aſſimilation
bedarf, aus der Luft, wenn er im Boden fehlt, mit der kräf-
tigſten Energie ſchöpfen; wir geben ihr in dem Stickſtoff die
Mittel, um den Kohlenſtoff aus der Atmoſphäre in ihrem Or-
ganismus zu fixiren.

Als Dünger, der durch ſeinen Stickſtoffgehalt wirkt, können
die feſten Excremente des Rindviehes, der Schafe und des
Pferdes gar nicht in Betrachtung gezogen werden, eben weil
ihr Gehalt an dieſem Beſtandtheil verſchwindend klein iſt; die
menſchlichen Excremente hingegen ſind verhältnißmäßig reich
an Stickſtoff, ihr Gehalt iſt aber außerordentlich variirend, die
Excremente der Menſchen, welche in Städten wohnen, wo die
animaliſche Koſt vorherrſcht, ſie ſind reicher daran, als die
von Bauern und überhaupt vom Lande her genommenen; Brot
und Kartoffeln geben beim Menſchen Excremente von einer
ähnlichen Beſchaffenheit und Zuſammenſetzung, wie bei den
Thieren.

Die Excremente überhaupt haben in dieſer Beziehung einen
höchſt ungleichen Werth; für Sand- und Kalkboden, dem es
an kieſelſaurem Kali und phosphorſauren Salzen fehlt, haben
die Excremente der Pferde und des Rindviehes einen ganz be-
ſonderen Nutzen, der ſich für kalireichen Thonboden, für Baſalt,
Granit, Porphyr, Klingſtein, ſelbſt für Zechſteinboden außeror-
dentlich vermindert; für dieſe letzteren iſt der Dünger von

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[169/0187] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. Geben wir der Pflanze Kohlenſäure und alle Materien, die ſie bedarf, geben wir ihr Humus in der reichlichſten Quan- tität, ſo wird ſie nur bis zu einem gewiſſen Grade zur Aus- bildung gelangen; wenn es an Stickſtoff fehlt, wird ſie Kraut aber keine Körner, ſie wird vielleicht Zucker und Amylon, aber keinen Kleber erzeugen. Geben wir der Pflanze aber Stickſtoff in reichlicher Quan- tität, ſo wird ſie den Kohlenſtoff, den ſie zu ſeiner Aſſimilation bedarf, aus der Luft, wenn er im Boden fehlt, mit der kräf- tigſten Energie ſchöpfen; wir geben ihr in dem Stickſtoff die Mittel, um den Kohlenſtoff aus der Atmoſphäre in ihrem Or- ganismus zu fixiren. Als Dünger, der durch ſeinen Stickſtoffgehalt wirkt, können die feſten Excremente des Rindviehes, der Schafe und des Pferdes gar nicht in Betrachtung gezogen werden, eben weil ihr Gehalt an dieſem Beſtandtheil verſchwindend klein iſt; die menſchlichen Excremente hingegen ſind verhältnißmäßig reich an Stickſtoff, ihr Gehalt iſt aber außerordentlich variirend, die Excremente der Menſchen, welche in Städten wohnen, wo die animaliſche Koſt vorherrſcht, ſie ſind reicher daran, als die von Bauern und überhaupt vom Lande her genommenen; Brot und Kartoffeln geben beim Menſchen Excremente von einer ähnlichen Beſchaffenheit und Zuſammenſetzung, wie bei den Thieren. Die Excremente überhaupt haben in dieſer Beziehung einen höchſt ungleichen Werth; für Sand- und Kalkboden, dem es an kieſelſaurem Kali und phosphorſauren Salzen fehlt, haben die Excremente der Pferde und des Rindviehes einen ganz be- ſonderen Nutzen, der ſich für kalireichen Thonboden, für Baſalt, Granit, Porphyr, Klingſtein, ſelbſt für Zechſteinboden außeror- dentlich vermindert; für dieſe letzteren iſt der Dünger von

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/187>, abgerufen am 05.05.2024.