Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Wechselwirthschaft und der Dünger.
nicht leiden, daß sie sich im Gegentheile aufs kräftigste ent-
wickeln.

In der Nähe von Knochenleim-Fabriken werden jährlich
viele tausend Centner einer Auflösung von phosphorsauren
Salzen in Salzsäure unbenutzt verloren, es wäre wichtig zu
untersuchen, in wie weit diese Auflösung die Knochen ersetzen
kann. Die freie Salzsäure würde sich mit den Alkalien, mit
dem Kalk auf dem Acker verbinden, es würde ein lösliches
Kalksalz entstehen, dessen Wirkung als wohlthätig auf die Ve-
getation an und für sich schon anerkannt ist; der salzsaure Kalk
(Chlorcalcium) ist eins der Salze, die Wasser mit großer
Begierde aus der Luft anziehen und zurückhalten, was den
Gyps beim Gypsen vollkommen zu ersetzen vermag, indem es
mit kohlensaurem Ammoniak sich zu Salmiak und kohlensau-
rem Kalk umsetzt.

Eine Auflösung der Knochen in Salzsäure im Herbste oder
Winter auf den Acker gebracht, würde nicht allein dem Boden
einen nothwendigen Bestandtheil wiedergeben, sondern demsel-
ben die Fähigkeit geben, alles Ammoniak, was in dem Regen-
wasser in Zeit von 6 Monaten auf den Acker fällt, darauf zu-
rückzuhalten.

Die Asche von Braunkohlen und Torf enthält mehrentheils
kieselsaures Kali; es ist klar, daß diese Asche einen Hauptbestand-
theil des Kuh- und Pferdedüngers vollständig ersetzt, sie ent-
halten ebenfalls Beimischungen von phosphorsauren Salzen.

Es ist von ganz besonderer Wichtigkeit für den Oekonomen,
sich über die Ursache der Wirksamkeit der so eben besprochenen
Materien nicht zu täuschen. Man weiß, daß sie einen höchst
günstigen Einfluß auf die Vegetation haben, und ebenso gewiß
ist es, daß die Ursache in einem Stoff liegt, der, abgesehen
von ihrer Wirkungsweise durch ihre Form, Porosität, Fähigkeit

Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
nicht leiden, daß ſie ſich im Gegentheile aufs kräftigſte ent-
wickeln.

In der Nähe von Knochenleim-Fabriken werden jährlich
viele tauſend Centner einer Auflöſung von phosphorſauren
Salzen in Salzſäure unbenutzt verloren, es wäre wichtig zu
unterſuchen, in wie weit dieſe Auflöſung die Knochen erſetzen
kann. Die freie Salzſäure würde ſich mit den Alkalien, mit
dem Kalk auf dem Acker verbinden, es würde ein lösliches
Kalkſalz entſtehen, deſſen Wirkung als wohlthätig auf die Ve-
getation an und für ſich ſchon anerkannt iſt; der ſalzſaure Kalk
(Chlorcalcium) iſt eins der Salze, die Waſſer mit großer
Begierde aus der Luft anziehen und zurückhalten, was den
Gyps beim Gypſen vollkommen zu erſetzen vermag, indem es
mit kohlenſaurem Ammoniak ſich zu Salmiak und kohlenſau-
rem Kalk umſetzt.

Eine Auflöſung der Knochen in Salzſäure im Herbſte oder
Winter auf den Acker gebracht, würde nicht allein dem Boden
einen nothwendigen Beſtandtheil wiedergeben, ſondern demſel-
ben die Fähigkeit geben, alles Ammoniak, was in dem Regen-
waſſer in Zeit von 6 Monaten auf den Acker fällt, darauf zu-
rückzuhalten.

Die Aſche von Braunkohlen und Torf enthält mehrentheils
kieſelſaures Kali; es iſt klar, daß dieſe Aſche einen Hauptbeſtand-
theil des Kuh- und Pferdedüngers vollſtändig erſetzt, ſie ent-
halten ebenfalls Beimiſchungen von phosphorſauren Salzen.

Es iſt von ganz beſonderer Wichtigkeit für den Oekonomen,
ſich über die Urſache der Wirkſamkeit der ſo eben beſprochenen
Materien nicht zu täuſchen. Man weiß, daß ſie einen höchſt
günſtigen Einfluß auf die Vegetation haben, und ebenſo gewiß
iſt es, daß die Urſache in einem Stoff liegt, der, abgeſehen
von ihrer Wirkungsweiſe durch ihre Form, Poroſität, Fähigkeit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0184" n="166"/><fw place="top" type="header">Die Wech&#x017F;elwirth&#x017F;chaft und der Dünger.</fw><lb/>
nicht leiden, daß &#x017F;ie &#x017F;ich im Gegentheile aufs kräftig&#x017F;te ent-<lb/>
wickeln.</p><lb/>
          <p>In der Nähe von Knochenleim-Fabriken werden jährlich<lb/>
viele tau&#x017F;end Centner einer Auflö&#x017F;ung von phosphor&#x017F;auren<lb/>
Salzen in Salz&#x017F;äure unbenutzt verloren, es wäre wichtig zu<lb/>
unter&#x017F;uchen, in wie weit die&#x017F;e Auflö&#x017F;ung die Knochen er&#x017F;etzen<lb/>
kann. Die freie Salz&#x017F;äure würde &#x017F;ich mit den Alkalien, mit<lb/>
dem Kalk auf dem Acker verbinden, es würde ein lösliches<lb/>
Kalk&#x017F;alz ent&#x017F;tehen, de&#x017F;&#x017F;en Wirkung als wohlthätig auf die Ve-<lb/>
getation an und für &#x017F;ich &#x017F;chon anerkannt i&#x017F;t; der &#x017F;alz&#x017F;aure Kalk<lb/>
(Chlorcalcium) i&#x017F;t eins der Salze, die Wa&#x017F;&#x017F;er mit großer<lb/>
Begierde aus der Luft anziehen und zurückhalten, was den<lb/>
Gyps beim Gyp&#x017F;en vollkommen zu er&#x017F;etzen vermag, indem es<lb/>
mit kohlen&#x017F;aurem Ammoniak &#x017F;ich zu Salmiak und kohlen&#x017F;au-<lb/>
rem Kalk um&#x017F;etzt.</p><lb/>
          <p>Eine Auflö&#x017F;ung der Knochen in Salz&#x017F;äure im Herb&#x017F;te oder<lb/>
Winter auf den Acker gebracht, würde nicht allein dem Boden<lb/>
einen nothwendigen Be&#x017F;tandtheil wiedergeben, &#x017F;ondern dem&#x017F;el-<lb/>
ben die Fähigkeit geben, alles Ammoniak, was in dem Regen-<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;er in Zeit von 6 Monaten auf den Acker fällt, darauf zu-<lb/>
rückzuhalten.</p><lb/>
          <p>Die A&#x017F;che von Braunkohlen und Torf enthält mehrentheils<lb/>
kie&#x017F;el&#x017F;aures Kali; es i&#x017F;t klar, daß die&#x017F;e A&#x017F;che einen Hauptbe&#x017F;tand-<lb/>
theil des Kuh- und Pferdedüngers voll&#x017F;tändig er&#x017F;etzt, &#x017F;ie ent-<lb/>
halten ebenfalls Beimi&#x017F;chungen von phosphor&#x017F;auren Salzen.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t von ganz be&#x017F;onderer Wichtigkeit für den Oekonomen,<lb/>
&#x017F;ich über die Ur&#x017F;ache der Wirk&#x017F;amkeit der &#x017F;o eben be&#x017F;prochenen<lb/>
Materien nicht zu täu&#x017F;chen. Man weiß, daß &#x017F;ie einen höch&#x017F;t<lb/>
gün&#x017F;tigen Einfluß auf die Vegetation haben, und eben&#x017F;o gewiß<lb/>
i&#x017F;t es, daß die Ur&#x017F;ache in einem Stoff liegt, der, abge&#x017F;ehen<lb/>
von ihrer Wirkungswei&#x017F;e durch ihre Form, Poro&#x017F;ität, Fähigkeit<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0184] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. nicht leiden, daß ſie ſich im Gegentheile aufs kräftigſte ent- wickeln. In der Nähe von Knochenleim-Fabriken werden jährlich viele tauſend Centner einer Auflöſung von phosphorſauren Salzen in Salzſäure unbenutzt verloren, es wäre wichtig zu unterſuchen, in wie weit dieſe Auflöſung die Knochen erſetzen kann. Die freie Salzſäure würde ſich mit den Alkalien, mit dem Kalk auf dem Acker verbinden, es würde ein lösliches Kalkſalz entſtehen, deſſen Wirkung als wohlthätig auf die Ve- getation an und für ſich ſchon anerkannt iſt; der ſalzſaure Kalk (Chlorcalcium) iſt eins der Salze, die Waſſer mit großer Begierde aus der Luft anziehen und zurückhalten, was den Gyps beim Gypſen vollkommen zu erſetzen vermag, indem es mit kohlenſaurem Ammoniak ſich zu Salmiak und kohlenſau- rem Kalk umſetzt. Eine Auflöſung der Knochen in Salzſäure im Herbſte oder Winter auf den Acker gebracht, würde nicht allein dem Boden einen nothwendigen Beſtandtheil wiedergeben, ſondern demſel- ben die Fähigkeit geben, alles Ammoniak, was in dem Regen- waſſer in Zeit von 6 Monaten auf den Acker fällt, darauf zu- rückzuhalten. Die Aſche von Braunkohlen und Torf enthält mehrentheils kieſelſaures Kali; es iſt klar, daß dieſe Aſche einen Hauptbeſtand- theil des Kuh- und Pferdedüngers vollſtändig erſetzt, ſie ent- halten ebenfalls Beimiſchungen von phosphorſauren Salzen. Es iſt von ganz beſonderer Wichtigkeit für den Oekonomen, ſich über die Urſache der Wirkſamkeit der ſo eben beſprochenen Materien nicht zu täuſchen. Man weiß, daß ſie einen höchſt günſtigen Einfluß auf die Vegetation haben, und ebenſo gewiß iſt es, daß die Urſache in einem Stoff liegt, der, abgeſehen von ihrer Wirkungsweiſe durch ihre Form, Poroſität, Fähigkeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/184
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/184>, abgerufen am 25.11.2024.