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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Cultur.
keit geben will, die er bedarf, um das Gewicht der Aehre zu
tragen.

Man verfährt in der Cultur der Gewächse auf eine ganz
ähnliche Weise wie bei den Thieren, die man mästen will,
das Fleisch der Hirsche, Rehe, überhaupt der wilden Thiere, ist
gewöhnlich wie das Muskelfleich der Araber vollkommen fettlos,
sie enthalten nur geringe Mengen davon. Die Production
von Fett und Fleisch kann gesteigert werden, alle Hausthiere
sind reich an Fett. Wir geben den Thieren Nahrungsmittel,
welche die Thätigkeit gewisser Organe erhöhen, welche einer
Metamorphose in Fett fähig sind. Wir steigern die Quanti-
tät der Nahrungsstoffe, oder wir vermindern durch Mangel an
Bewegung, den Respirationsproceß und die Exhalationsprocesse.
Das Geflügel bedarf hierzu anderer Bedingungen als die vier-
füßigen Thiere, und von den Gänsen weiß man ganz bestimmt,
daß Kohlenpulver eine abnorme Wucherung der Leber bewirkt,
die zuletzt den Tod des Thieres herbeiführt.

Eine Erhöhung oder Verminderung der Lebensthätigkeit ist bei
den Vegetabilien allein abhängig von Wärme und Sonnenlicht,
über die wir nicht willkührlich verfügen können; es bleibt uns
nur die Zuführung von Stoffen gestattet, welche geeignet sind,
durch die vorhandene Thätigkeit von den Organen der Pflan-
zen assimilirt zu werden.

Welche sind nun zuletzt diese Stoffe?

Sie sind leicht durch eine Untersuchung eines Bodens zu
ermitteln, welcher unter den gegebenen cosmischen und atmo-
sphärischen Bedingungen unter allen Umständen fruchtbar ist;
es ist klar, daß die Kenntniß seiner Beschaffenheit und Zusam-
mensetzung uns in den Stand setzen muß, die Bedingungen zu
ermitteln, unter welchen ein starker Boden fruchtbar wird.

Die Ausmittlung der Bedingungen, die in seiner Beschaf-

Die Cultur.
keit geben will, die er bedarf, um das Gewicht der Aehre zu
tragen.

Man verfährt in der Cultur der Gewächſe auf eine ganz
ähnliche Weiſe wie bei den Thieren, die man mäſten will,
das Fleiſch der Hirſche, Rehe, überhaupt der wilden Thiere, iſt
gewöhnlich wie das Muskelfleich der Araber vollkommen fettlos,
ſie enthalten nur geringe Mengen davon. Die Production
von Fett und Fleiſch kann geſteigert werden, alle Hausthiere
ſind reich an Fett. Wir geben den Thieren Nahrungsmittel,
welche die Thätigkeit gewiſſer Organe erhöhen, welche einer
Metamorphoſe in Fett fähig ſind. Wir ſteigern die Quanti-
tät der Nahrungsſtoffe, oder wir vermindern durch Mangel an
Bewegung, den Reſpirationsproceß und die Exhalationsproceſſe.
Das Geflügel bedarf hierzu anderer Bedingungen als die vier-
füßigen Thiere, und von den Gänſen weiß man ganz beſtimmt,
daß Kohlenpulver eine abnorme Wucherung der Leber bewirkt,
die zuletzt den Tod des Thieres herbeiführt.

Eine Erhöhung oder Verminderung der Lebensthätigkeit iſt bei
den Vegetabilien allein abhängig von Wärme und Sonnenlicht,
über die wir nicht willkührlich verfügen können; es bleibt uns
nur die Zuführung von Stoffen geſtattet, welche geeignet ſind,
durch die vorhandene Thätigkeit von den Organen der Pflan-
zen aſſimilirt zu werden.

Welche ſind nun zuletzt dieſe Stoffe?

Sie ſind leicht durch eine Unterſuchung eines Bodens zu
ermitteln, welcher unter den gegebenen cosmiſchen und atmo-
ſphäriſchen Bedingungen unter allen Umſtänden fruchtbar iſt;
es iſt klar, daß die Kenntniß ſeiner Beſchaffenheit und Zuſam-
menſetzung uns in den Stand ſetzen muß, die Bedingungen zu
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[127/0145] Die Cultur. keit geben will, die er bedarf, um das Gewicht der Aehre zu tragen. Man verfährt in der Cultur der Gewächſe auf eine ganz ähnliche Weiſe wie bei den Thieren, die man mäſten will, das Fleiſch der Hirſche, Rehe, überhaupt der wilden Thiere, iſt gewöhnlich wie das Muskelfleich der Araber vollkommen fettlos, ſie enthalten nur geringe Mengen davon. Die Production von Fett und Fleiſch kann geſteigert werden, alle Hausthiere ſind reich an Fett. Wir geben den Thieren Nahrungsmittel, welche die Thätigkeit gewiſſer Organe erhöhen, welche einer Metamorphoſe in Fett fähig ſind. Wir ſteigern die Quanti- tät der Nahrungsſtoffe, oder wir vermindern durch Mangel an Bewegung, den Reſpirationsproceß und die Exhalationsproceſſe. Das Geflügel bedarf hierzu anderer Bedingungen als die vier- füßigen Thiere, und von den Gänſen weiß man ganz beſtimmt, daß Kohlenpulver eine abnorme Wucherung der Leber bewirkt, die zuletzt den Tod des Thieres herbeiführt. Eine Erhöhung oder Verminderung der Lebensthätigkeit iſt bei den Vegetabilien allein abhängig von Wärme und Sonnenlicht, über die wir nicht willkührlich verfügen können; es bleibt uns nur die Zuführung von Stoffen geſtattet, welche geeignet ſind, durch die vorhandene Thätigkeit von den Organen der Pflan- zen aſſimilirt zu werden. Welche ſind nun zuletzt dieſe Stoffe? Sie ſind leicht durch eine Unterſuchung eines Bodens zu ermitteln, welcher unter den gegebenen cosmiſchen und atmo- ſphäriſchen Bedingungen unter allen Umſtänden fruchtbar iſt; es iſt klar, daß die Kenntniß ſeiner Beſchaffenheit und Zuſam- menſetzung uns in den Stand ſetzen muß, die Bedingungen zu ermitteln, unter welchen ein ſtarker Boden fruchtbar wird. Die Ausmittlung der Bedingungen, die in ſeiner Beſchaf-

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/145>, abgerufen am 28.11.2024.