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Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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die röthlichen Hortensien, noch funkelte der Glanz draußen auf dem Rasen, aber ich sah das Alles durch den Farbenschimmer meiner Thränen, und jetzt wußte ich, was ich an dieser Stelle erlebt, und daß ich dieses Zimmer nicht vergessen würde.

Eine ganze Weile mochte dieser Zustand gedauert haben. Es war still in uns, wie nach dem Toben eines heftigen Sturmes. Endlich athmete Klemenz tief auf, nahm die Kette und den Ring von seinem Hals und reichte sie mir wortlos hin. Dann ging er fort. Unter der Thüre wendete er sich noch einmal um und sah mich lange an. Leben Sie wohl, für immer! sagte er leise -- und ich war allein -- und wie allein! mit meinem Schmerze, mit meinem Schuldbewußtsein und mit meinen siebzehn Jahren.

Die Ankunft der Ministerin zu erwarten, schien mir unmöglich. Ich sagte, es werde mir zu spät, und ging nach Hause. Als ich in unserer Wohnung anlangte, fand ich die Mutter und Caroline, die einen Besuch gemacht hatten, ebenfalls zurückgekehrt. Sie nähten Hemden für das Heer, und ich konnte nichts thun, als mich mit gleicher Arbeit ihnen gegenüber niedersetzen. Sie fragten mich, ob die Ministerin zu Hause gewesen sei, sie wollten wissen, ob das Landhaus schön eingerichtet, ich antwortete auf das Alles, so gut ich konnte, und ich nähte auch so schnell und so gut ich konnte.

Aber wie schwer mir damals die Beschränkung der Frauen, wie martervoll mir ihr enges Leben in

die röthlichen Hortensien, noch funkelte der Glanz draußen auf dem Rasen, aber ich sah das Alles durch den Farbenschimmer meiner Thränen, und jetzt wußte ich, was ich an dieser Stelle erlebt, und daß ich dieses Zimmer nicht vergessen würde.

Eine ganze Weile mochte dieser Zustand gedauert haben. Es war still in uns, wie nach dem Toben eines heftigen Sturmes. Endlich athmete Klemenz tief auf, nahm die Kette und den Ring von seinem Hals und reichte sie mir wortlos hin. Dann ging er fort. Unter der Thüre wendete er sich noch einmal um und sah mich lange an. Leben Sie wohl, für immer! sagte er leise — und ich war allein — und wie allein! mit meinem Schmerze, mit meinem Schuldbewußtsein und mit meinen siebzehn Jahren.

Die Ankunft der Ministerin zu erwarten, schien mir unmöglich. Ich sagte, es werde mir zu spät, und ging nach Hause. Als ich in unserer Wohnung anlangte, fand ich die Mutter und Caroline, die einen Besuch gemacht hatten, ebenfalls zurückgekehrt. Sie nähten Hemden für das Heer, und ich konnte nichts thun, als mich mit gleicher Arbeit ihnen gegenüber niedersetzen. Sie fragten mich, ob die Ministerin zu Hause gewesen sei, sie wollten wissen, ob das Landhaus schön eingerichtet, ich antwortete auf das Alles, so gut ich konnte, und ich nähte auch so schnell und so gut ich konnte.

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[0099] die röthlichen Hortensien, noch funkelte der Glanz draußen auf dem Rasen, aber ich sah das Alles durch den Farbenschimmer meiner Thränen, und jetzt wußte ich, was ich an dieser Stelle erlebt, und daß ich dieses Zimmer nicht vergessen würde. Eine ganze Weile mochte dieser Zustand gedauert haben. Es war still in uns, wie nach dem Toben eines heftigen Sturmes. Endlich athmete Klemenz tief auf, nahm die Kette und den Ring von seinem Hals und reichte sie mir wortlos hin. Dann ging er fort. Unter der Thüre wendete er sich noch einmal um und sah mich lange an. Leben Sie wohl, für immer! sagte er leise — und ich war allein — und wie allein! mit meinem Schmerze, mit meinem Schuldbewußtsein und mit meinen siebzehn Jahren. Die Ankunft der Ministerin zu erwarten, schien mir unmöglich. Ich sagte, es werde mir zu spät, und ging nach Hause. Als ich in unserer Wohnung anlangte, fand ich die Mutter und Caroline, die einen Besuch gemacht hatten, ebenfalls zurückgekehrt. Sie nähten Hemden für das Heer, und ich konnte nichts thun, als mich mit gleicher Arbeit ihnen gegenüber niedersetzen. Sie fragten mich, ob die Ministerin zu Hause gewesen sei, sie wollten wissen, ob das Landhaus schön eingerichtet, ich antwortete auf das Alles, so gut ich konnte, und ich nähte auch so schnell und so gut ich konnte. Aber wie schwer mir damals die Beschränkung der Frauen, wie martervoll mir ihr enges Leben in

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:16:08Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:16:08Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/99>, abgerufen am 22.11.2024.